• Prinz Harry fordert die britische Presse in seiner Autobiografie zum Duell heraus.
  • Er bezeichnet beinahe alle Geschichten aus den vergangenen Jahrzehnten über ihn als Lügen, die Medien sezieren im Gegenzug "Reserve" bis ins Detail - und veröffentlichen jede Ungereimtheit gnadenlos.
  • Einige Wochen, nachdem "Reserve" auf den Markt gekommen ist, hat sich nun die Frau zu Wort gemeldet, die Prinz Harry entjungfert haben soll.
  • Wie viel Wahrheit steckt in Harrys Autobiografie? Hält sie einem Faktencheck stand?

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Wenn sich eine Sache nach der Lektüre von Prinz Harrys Autobiografie "Reserve" zweifelsohne sagen lässt: Der 38-Jährige hasst die Medien - insbesondere die britische Boulevard-Presse. Seine harsche Medien-Kritik zieht sich durch seine Autobiografie "Reserve". Er geht nicht nur hart mit der Presse ins Gericht, er rechnet mit ihr ab. Das ist durchaus nachvollziehbar: Seine Mutter starb, als sie auf der Flucht vor Paparazzi war, er selbst kennt kein Leben abseits von Teleobjektiven.

Beinahe alle Geschichten, die über ihn in den vergangenen Jahrzehnten erzählt worden sind, bezeichnet er als Lügen.

Das Spiel mit der Presse ist jedoch kein einseitiges. Prinz Harrys Anschuldigen wirken wie eine Herausforderung zum Duell, man sieht ihn vorm geistigen Auge beinahe den Säbel ziehen. Doch auch die Presse zückt die Waffe zum Zweikampf und zerhackt "Reserve" gnadenlos. Schützenhilfe bekommt sie dabei von vielen Leserinnen und Lesern, die Faktenchecks auf Twitter veröffentlichen. Wie viel Wahrheitsgehalt steckt in den Geschichten, die der Duke of Sussex ausbreitet? Halten sie einem Faktencheck stand?

Schon bei der Sache mit der X-Box wird es brenzlig. Harry schreibt, dass seine Mutter Prinzessin Diana ihm eine Spielkonsole gekauft haben soll. Die habe sie ihm aber nicht selbst geschenkt; er habe sie erst nach Dianas Tod im Jahr 1997 erhalten, überreicht von seiner Tante und Schwester von Diana, Lady Sarah McCorquodale. Allerdings kam die X-Box 2001 überhaupt auf den Markt, in Großbritannien wurde sie erst ab 2002 verkauft.

Wo war Prinz Harry, als Queen Mum 2002 starb?

Dass Harry das Elite-Internat Eton besucht hat, ist nichts Neues. In "Reserve" schreibt er davon, dass König Henry VI. das Internat gegründet hat und dass dieser sein Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Großvater sei. Wie "Page Six" berichtet, hatte Henry VI., der im Mittelalter lebte, nur einen Sohn. Edward of Westminster starb aber im Kampf, als er 17 Jahre alt war - und bevor er selbst Nachwuchs zeugen konnte. Somit kann Harry kein direkter Nachfahre Henry VI. sein.

In Eton soll sich Prinz Harry laut eigener Aussage auch befunden haben, als die Mutter der Queen, Queen Mum, im Jahr 2002 gestorben ist. Laut "GB News" belegen allerdings Fotos, dass Harry zu diesem Zeitpunkt mit Prinz William und König Charles (damals noch Prinz Charles) in Klosters in der Schweiz beim Skifahren gewesen ist.

Die "ältere Frau" meldet sich zu Wort

Eine Episode, die schon vor der Veröffentlichung von "Reserve" für jede Menge Aufsehen gesorgt hat, ist die um sein erstes Mal. So schreibt Harry in seiner Autobiografie, dass er seinen ersten Sex im Alter von 16 Jahren mit einer "älteren Frau" auf einem Feld hinter einem Pub gehabt haben soll. Diese soll ihn "wie einen jungen Hengst" behandelt und ihm nach dem Sex "auf den Hintern" geklatscht haben.

Zumindest das mit dem Klatschen scheint zu stimmen. Denn das hat Anfang Februar 2023 eine Britin bestätigt, die sich zu Wort gemeldet und vorgegeben hat, die Frau zu sein, an die Prinz Harry seine Unschuld verloren hat.

Zu der Entjungferungsszene soll es laut ihrer Aussage tatsächlich hinter einem Pub gekommen sein - an ihrem 19. Geburtstag. Die "ältere Frau" ist also nur etwa zwei Jahre älter als Harry: Sie ist heute 40 Jahre alt, Prinz Harry 38. Seine Ehefrau Meghan ist übrigens schon 41.

Air-New-Zealand-Flug mit der First Class für Thomas Markle?

Auch bei einem Flug, den Meghan ihrem Vater Thomas bezahlt haben soll, gibt es Ungereimtheiten. Harry schreibt in "Spare", wie "Reserve" im englischen Original heißt: "In dem Fall, rieten wir ihm, sollte er Mexiko auf der Stelle verlassen: Ein völlig neues Ausmaß an Belästigungen wird alsbald über dich hereinbrechen, also komm nach Großbritannien. [...] Air New Zealand, First Class, gebucht und bezahlt von Meg." Thomas Markle hatte sich davor von der Presse in arrangierten Situationen fotografieren lassen und soll dafür 100.000 Pfund kassiert haben; alles kurz vor der Hochzeit von Harry und Meghan 2018.

Allerdings: Air New Zealand hat verlauten lassen, dass die Airline noch nie zwischen Großbritannien und Mexiko geflogen sei und zudem nur Business-Class-Flüge anbiete, keine in der First Class.

Prinz Harry erwähnt den Koh-i-Noor-Diamanten und verbindet damit eine Kritik an der kolonialen Vergangenheit Großbritanniens: Er schreibt, den Diamant habe das britische Empire auf dem Höhepunkt seiner Macht "erworben", setzt das Wort in Anführungszeichen und insinuiert damit, dass der Diamant mutmaßlich gestohlen wurde. Weiter schreibt er, dass "kein Mensch" zudem "je einen größeren Diamanten gesehen" habe. Auf der Webseite der Royal Collection wird allerdings ein anderer Diamant als der größte, der jemals gefunden wurde, angegeben: der Cullinan-Diamant.

Das sagt Harrys Ghostwriter J.R. Moehringer zu den Vorwürfen

Prinz Harry lässt seine Royal-Fans außerdem an seinen Shopping-Trips teilhaben. Einmal im Jahr sei er zum jährlichen Ausverkauf bei TK Maxx gegangen, fünfzehn Minuten vor Ladenschluss und habe sich dort für die kommenden Monate eingedeckt. TK Maxx jedoch hat dem widersprochen. Laut "The Independent" veranstalte die Kaufhaus-Kette keine Sales, also keine Ausverkäufe.

Kleinigkeiten, Spitzfindigkeiten, vielleicht. Doch lassen sie alles andere, was Prinz Harry in seinem Buch erzählt, ins Wanken geraten: Was davon stimmt wirklich? Vermutlich hat jede Leserin und jeder Leser eine eigene Meinung dazu. Der "Times" sagte der königliche Biograf und Historiker Hugo Vickers laut "The Express" jedenfalls, er sei entsetzt über die Menge der Fehler in "Reserve", denn die würde auch alle übrigen Behauptungen diskreditieren.

Während Prinz Harry dazu schweigt, hat sich sein Ghostwriter J.R. Moehringer zu Wort gemeldet. Der Journalist, der auch schon mit Andre Agassi bei dessen Biografie zusammengearbeitet hat und Pulitzer-Preisträger ist, twitterte zu den Anschuldigungen ein Zitat von Prinz Harry, das auch in "Reserve" vorkommt: "Aus welchem Grund auch immer, mein Gedächtnis ist nun mal, wie es ist, und tut, was es tut. Es sammelt und ordnet nach Belieben, und in dem, woran ich mich erinnere und wie ich mich daran erinnere, liegt ebenso viel Wahrheit wie in den sogenannten objektiven Fakten. Dinge wie Chronologie und Ursache und Wirkung sind oft nur Märchen, die wir uns über die Vergangenheit erzählen."

Auf Anfrage unserer Redaktion hat der Verlag Penguin Random House mitgeteilt, sich zu dem Thema nicht äußern zu wollen und auf J.R. Moehringers Tweet verwiesen.

Verwendete Quellen:

  • Prinz Harry: Reserve
  • Page Six: Prince Harry’s ‘Spare’ memoir: More factual errors found
  • GB News: Meghan Markle and Prince Harry under pressure as MORE inconsistencies emerge in Spare over couple's first date and wedding
  • Royal Collection Trust: THE CULLINAN DIAMOND
  • The Express: Expert claims 'discredited' Prince Harry made ‘serious mistakes’ in Megxit memoir Spare
  • The Independent: TK Maxx denies Prince Harry’s claim about shopping retailer’s annual sales
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