Erst glaubt unsere Kolumnistin, dass die vergangene Woche kaum Themen für ihren Wochenrückblick bereithält. Doch dann äußert sich Amnesty International auf X und der Papst spricht über Krieg. Ein Wochenrückblick über Antisemitismus und Schlangen.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Mit Wochenrückblicken ist es wie mit der legendären Pralinenschachtel aus dem Film "Forrest Gump", in dem Tom Hanks den gleichnamigen Hauptdarsteller spielt: Man weiß nie, was man bekommt. Also, Tom Hanks spielt in dem Film Forrest Gump, keine Pralinenschachtel. Das nur sicherheitshalber für das sogenannte Protokoll.

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Na ja, jedenfalls, man weiß nicht, was man bekommt, und somit ist das sonntägliche Resümee-Leben einer Wochen-Chronistin wie mir ein bisschen wie Würfeln: Es ist viel Glück dabei. Mal passen in die vergangenen sieben Tage so viele spektakuläre Bonmots aus der Welt der Schönen und Reichen, dass es für acht Kolumnen reichen würde, manchmal verstreicht die Vorwoche derartig höhepunktarm, dass es selbst die spektakuläre Investigativ-Recherche, dass Verona Pooth ihren Müll nicht trennt, noch abendfüllend in den Text geschafft hätte. Wobei das eigenartig wäre, denn früher, haha, hat sie sich von ihrem Müll immer sehr konsequent getrennt. Aber genug von Dieter Bohlen.

Wochenrückblicke sind also ein Vabanquespiel der Promischicksale. Oder wie Otto Rehhagel sagen würde: "Mal verliert man, mal gewinnen die anderen!" Dicht gefolgt von Jürgen "Kobra" Wegmann mit dem Evergreen: "Erst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu!"

Wäre die vergangene Woche eine dieser Sieben-Tage-Phasen gewesen, in denen man kommentarwürdige Szenarien aus dem öffentlichen Leben mit der Lupe suchen muss, und selbst dabei vermutlich mehr Menschen finden würde, die Schalke 04 für einen Aufstiegskandidaten halten, als Menschen, die eine rückblickwürdige Geschichte vorweisen können, würde ich jetzt noch anfügen, warum Jürgen Wegmann überhaupt den Spitznamen einer Giftnatter erhalten hat. Auch das ist nämlich der Stoff, aus dem die Pisa-Studien-Träume sind.

Aber, ach komm, wo wir schon dabei sind, hier die Auflösung. Immerhin habe ich auch einen Bildungsauftrag, und in der Generation TikTok denkt man vermutlich, Co-Bra wäre eine Gemeinschaftsversion des Wonderbra. Aber weit gefehlt. Tatsächlich sieht es nämlich so aus: Jürgen Wegmann, seinerzeit Stürmerstar bei Borussia Dortmund und Bayern München, beschrieb seinen sportlichen Charakter auf dem Spielfeld einst so: "Ich bin giftiger wie die giftigste Schlange" und sicherte sich damit den Spitznamen "Kobra".

Mal abgesehen von Wegmanns skurriler als/wie-Auslegung zählt diese Kausalkette bis heute zu den interessantesten Analogiefiaskos der neueren Nickname-Historie. Die giftigsten Schlangen sind nämlich keineswegs Kobras, sondern eigentlich Taipane, die etwa 50-mal so giftig sind wie Kobras. Im Prinzip ist das so, als würde man von sich behaupten, man wäre "witziger als der witzigste Comedian" und dann bekommt man den Spitznamen "Chris Tall".

Wer jetzt alles 50-mal witziger als Chris Tall ist, damit möchte ich Sie an dieser Stelle verschonen, denn auch das Internet hat begrenzte Kapazitäten und in knapp 9,5 Monaten ist ja auch schon wieder Weihnachten. Wobei, eine kurze Scherzfrage noch, denn Lachen soll ja bekanntlich gesund sein: Was ist der Unterschied zwischen einer Kobra und Chris Tall? Wenn man auf sie trifft, verliert man kurz danach jeden Lebenselan – aber bei Chris Tall ist es meistens nicht tödlich. Ja, okay, ich hatte versprochen, es gäbe jetzt etwas zu Lachen, aber mal im Ernst: Haben Sie schon mal eine Situation erlebt, an der Chris Tall beteiligt war – und dann wurde ernsthaft gelacht?

Taipan, Taycan, "ay can"

Aber genug von Chris Tall. Es ging ja um Kobras. Mit Schlangen, jetzt komme ich extra für diesen weiteren müden Gag noch mal auf das Thema zurück, also, mit Schlangen nämlich, da können Sie mir vertrauen, kenne ich mich aus. Ich bin in der Branche sogar als Schlangenexpertin bekannt.

Das ist verständlich, immerhin schreibe ich seit zehn Jahren über "Germany's Next Topmodel" und war auch schon Gast im Podcast von Chefgiftnatter Désirée Nick. Die Nick, quasi der Taipan der Entertainmentbranche. Vor ihm ist Vorsicht geboten. Also, vor dem Taipan. Denn der ist (und jetzt alle) 50-mal giftiger als eine Kobra. Besonders perfide Gefahr geht in diesem glitschigen Kontext davon aus, dass man den Taipan gerne mit Taycan verwechselt. Beide sind schnell, und wenn man Pech hat, infiziert man sich mit etwas, das mittelfristig Schwindelanfälle auslöst. Nur, dass der Taycan ein E-Sportwagen von Porsche ist und das andere ein Oxyuranus Scutellatus.

"Oxyuranus Scutellatus" ist übrigens der wissenschaftliche Fachbegriff für Taipan, nicht der Name einer Tochter von Sarah Connor. Der Name Taycan übrigens, dieses unnütze Wissen muss ich an dieser Stelle einfach mit Ihnen teilen, ist eine Mischung aus "ay","ca" und "n", im Sportwagenkosmos besonders bekannt für ihre Auftritte in "Cayenne", "Cayman" und "Macan". "Taycan" ist stammt gleichzeitig aus dem Türkischen und bedeutet dort so viel wie "Seele eines lebhaften Fohlens". Das ist übrigens auch der Indianername von Dunja Hayali. Gladbach, Hayali, Fohlen, Sie verstehen?

Kaum Ähnlichkeiten mit einer Schlange, jedenfalls keine gemeinhin in der Öffentlichkeit sichtbaren, hat Steven Gätjen. Der steht diese Woche für die besonders gute Nachricht. Gätjen nämlich moderiert mal wieder die Oscar-Verleihung, die uns in der Nacht auf Montag live aus Los Angeles den Schlaf raubt. Gut ist die Nachricht vor allem deswegen, weil Pro Sieben ja theoretisch auch jemand anderen auf den promireichsten Roten Teppich des Jahres hätte entsenden können. Chris Tall zum Beispiel.

Amnesty International schafft sich ab

Es gibt allerdings auch unerfreuliche Begebenheiten aus der Vorwoche, die ich Ihnen nicht vorenthalten kann. Zum Beispiel die offizielle Stellungnahme der in früheren Jahren mal als Menschenrechtsorganisation bekannt gewordenen Antisemitismus-NGO Amnesty International zum Weltfrauentag, den Feministinnen aus aller Welt und Alice Schwarzer am vergangenen Freitag feierten.

In einem weltweit hart kritisierten Twitter-(jetzt X)-Tweet schrieb die Hamas-Vorfeldorganisation: "This International Women’s Day, we are thinking of every woman in Gaza in fear of her life. Show your solidarity by joining us in calling for a ceasefire.” Die gleichzeitig von Hamas in Gaza weiterhin festgehaltenen weiblichen Geiseln, die am 7. Oktober brutal vergewaltigten und brutal massakrierten Frauen in Israel haben die spendenfinanzierten Menschlichkeits-Spezialisten da offenbar versehentlich vergessen.

Oder es war Absicht. Amnesty International wird bereits seit einigen Jahren latenter Antisemitismus vorgeworfen. Wenn man bei Google "Amnesty International Antisemitismus" eingibt, spuckt Google knapp 85.000 Ergebnisse aus.

Zu beurteilen, ob Amnesty International als gesichert antisemitisch einzuordnen ist, steht mir nicht zu. Hinweise gibt es jedoch zuhauf. Der Vorwurf steht nicht erst seit gestern im Raum. Und wird gestützt durch zahlreiche Einschätzungen hochseriöser Publizisten sowie dem Axel-Springer-Verlag. Darunter "Die Zeit" ("Amnesty hat ein Antisemitismus-Problem"), "Die Welt" ("Amnesty betreibt Täter-Opfer-Umkehr, ein wiederkehrendes Instrument in der Geschichte des Antisemitismus."), der Zentralrat der Juden ("Amnesty Deutschland muss sich von antisemitischem Israel-Report distanzieren"), die "taz" ("Amnesty ist an vulgärem Antizionismus gestorben") oder Sascha Lobo im "Spiegel" ("Amnesty muss sich dem Vorwurf stellen, sich zu einer antisemitischen Organisation zu entwickeln").

Der eilige Vater

Leider blieb das unsägliche Abrutschen von Amnesty International in den hart rechten politischen Clickbait-Modus nicht die einzige intellektuelle Bankrotterklärung der hinter uns liegenden Kalenderwoche. Auch Papst Franziskus, als Pontifex Maximus immerhin weltweites Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, griff dieser Tage ungewohnt unterkomplex in den politischen Diskurs ein.

Sein Ratschlag an die Ukraine, sie solle "den Mut haben, die Weiße Fahne zu hissen", während der Heilige Vater den Angriffskrieg Russlands mit keinem Wort erwähnte, kam nicht überall gut an. Für den ohnehin recht ramponierten Ruf seiner Kirche vermutlich ein sogenannter Bärendienst.

Da Päpste bis zu ihrem irdischen Dahinscheiden im Amt bleiben, erscheint die Motivation des Papstes fragwürdig. Eine Bewerbung bei Sahra Wagenknechts neuer, na ja, Partei wird es vermutlich nicht gewesen sein.

Was steckt also dahinter? Eine Hommage an Wladimir Putin? Wenn der Vatikan mit dieser Frage ähnlich transparent umgeht wie mit der Frage nach der Aufarbeitung der zahlreichen kircheninternen Missbrauchsfälle, steht der Zeitpunkt der Aufklärung bereits fest: nie. Der Zeitpunkt des nächsten Wochenrückblicks dagegen schon: Kommender Montag. Das ist es, warum man mich die Päpstin der Tagebuchkolumnen nennt. Bis dann!

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