Klaas Heufer-Umlauf präsentiert mit "Late Night Berlin" ein nicht sonderlich innovatives Konzept. Die Show hat ihre starken Momente und erinnert teilweise an die erfolgreichen Tage von Harald Schmidt und Stefan Raab. Insgesamt muss die Late-Night-Show aber noch an Profil gewinnen, um ein Erfolg zu werden.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Stüwe dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Late-Night-Shows sind die Königsdisziplin der TV-Unterhaltung. In den USA ist das Format, das Elemente von Talkshow und Comedy verbindet, ein fester Bestandteil der Fernsehkultur.

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In Deutschland taten sich Late-Night-Shows jedoch traditionell schwer, Thomas Gottschalks Format wurde beispielsweise Anfang der 90er wegen schlechter Quoten nach zweieinhalb Jahren wieder eingestellt.

Eigentlich gelang es nur Harald Schmidt und Stefan Raab, dauerhaft auf dem späten Sendeplatz erfolgreich zu sein, auch Jan Böhmermann ist mit seinem "Neo Magazin Royale" aktuell auf Kurs.

Am Montag startete nun Klaas Heufer-Umlauf mit "Late Night Berlin" einen neuen Anlauf auf dem ehemaligen Raab-Sender ProSieben. Die Sendung begann klassisch mit einem Monolog des 34-Jährigen, während dem sich Heufer-Umlauf zunächst einmal selbstironisch mit den Erwartungen an seine Show beschäftigte.

"Late Night - das haben wir Deutschen drauf. Wie Rhythmus, Paella oder Breitband", erzählte Heufer-Umlauf und legte noch einen drauf: "Was ist schneller weg? Meine neue Show oder die neue Freundin von Gerhard Schröder?"

Bandleader als Sidekick

Während der Altkanzler in den letzten Jahren beruflich wie privat für die eine oder andere Überraschung sorgte, entpuppte sich "Late Night Berlin" schnell als eine eher klassische Late-Night-Show denn als ein innovatives Konzept.

Angefangen bei Heufer-Umlaufs Garderobe, der Entertainer trug im Stil der großen Vorbilder wie Jay Leno oder Jimmy Kimmel einen grauen Anzug mit Krawatte. Natürlich durfte auch die Band im Studio nicht fehlen, mit Bandleader und Sidekick Jakob Lundt spielte sich sich der Showmaster die Bälle hin und her.

Ihre stärksten Momente hatte die Show, als das aktuelle Zeitgeschehen bissig kommentiert wurde. Zum Beispiel die vor einigen Tagen durch die Medien geisternde Meldung, dass die Sportart Kegeln in Deutschland vom Aussterben bedroht sei. "Wenn heute besoffene alte Männer 'Alle Neune' erwischen wollen, meinen sie meistens die Flüchtlingsfamilie von nebenan", bemerkte Heufer-Umlauf, ein Raunen ging durch das Studiopublikum. Der Gag hätte in dieser Form durchaus auch von Harald Schmidt kommen können.

Ein anderer Teil der Sendung erinnerte hingegen stark an Stefan Raab. Heufer-Umlauf widmete sich der RTL-Sendung "Promi Undercover Boss", zeigte Ausschnitte und machte sich über die Verkleidungen von Detlef D. Soost und Angelo Kelly lustig. Anschließend präsentierte er eine billige Maske mit Brille und Schnurrbart als "Promi-Undercover-Boss-Starterkit". Auch die Rubrik "Laberinth der Macht", in der die Koalitionsverhandlungen nachgestellt wurden, erinnerte irgendwie an alte "TV Total"-Zeiten.

Anne Will weint beim "Bergdoktor"

Ob nun Schmidt oder Raab, fester Bestandteil einer Late-Night-Show sind Talkgäste. Heufer-Umlauf hatte Anne Will zu seiner Premiere geladen. In einem relativ kurzen Gespräch entlockte er der Fernsehjournalistin immerhin, dass ihr ab und zu beim "Bergdoktor" Schauen die Tränen kämen.

Wie es sich für eine echte Late-Night-Show gehört, war auch noch ein Musiker zu Gast. Mit einem Auftritt des Rapper Casper endete die erste Ausgabe der neuen Sendung und ließ die Zuschauer mit zwiespältigen Gefühlen zurück.

Wirklich Innovatives gab es bei "Late Night Berlin" nicht zu sehen, Heufer-Umlauf präsentierte eine Show irgendwo zwischen Harald Schmidt und Stefan Raab. Das ist einerseits sicherlich nicht die schlechteste Referenz, andererseits wird er sich immer an den großen Vorbildern messen lassen müssen. Der Moderator selbst wirkte bei der Premiere in einigen Momenten durchaus etwas nervös, deutete aber an, die Show auch ohne seinen sonstigen Dauer-Kollegen Joko Winterscheidt tragen zu können.

Findet "Late Night Berlin" seine Fangemeinde?

Wie einst "Circus Halligalli" wird "Late Night Berlin" künftig wöchentlich ausgestrahlt, eingebettet in den üblichen "The Big Bang Theory"-Marathon am Montagabend. Die große Frage wird sein, wie viele Zuschauer die Sendung finden kann und wie viel Geduld ProSieben mit dem neuen Format hat.

Denn es wird sicherlich dauern, bis "Late Night Berlin" über ein Stammpublikum verfügt, wie es einst Harald Schmidt und Stefan Raab hatten oder aktuell Jan Böhmermann (Der übrigens unvermittelt während einem Werbeblock in einem Spot für eine Autovermietung auftauchte und mit seiner unnachahmlichen Art für den größten Überraschungseffekt des Abends sorgte).

Auch werden Heufer-Umlauf und seine Autoren das Profil der neuen Sendung weiter schärfen müssen, um das Format zu einem Erfolg werden zu lassen."Hier spüre ich den Druck, der auf mir lastet", erklärte Heufer-Umlauf zu Beginn der Show und zeigte auf seinen Rücken. Dieser Druck wird in den nächsten Wochen sicher nicht kleiner werden. Late-Night-Shows sind eben die Königsdisziplin. Aber das hat Heufer-Umlauf vorher gewusst.

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