Die italienische Nacht von "Let's Dance" hatte von Ramazotti bis zum Gladiator alles, was das deutsch-italienische Herz höher schlagen lässt.

Eine Kolumne
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Italienisch gilt durchaus als eine schöne Sprache. Wir in Deutschland tun uns traditionell etwas schwer mit der Diktion der großen italienischen Denker wie Leonardo da Vinci, Galileo Galilei, Giuseppe Verdi, Adriano Celentano, Silvio Berlusconi, Sophia Loren, Andrea Pirlo oder Massimo Sinató. Viele dieser illustren Genies haben eigene Claims, die weit über die Grenzen der ewigen Stadt hinaus bekannt sind. "No Pirlo, no Party" etwa, oder "No Sinató, no Slowfox".

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Nachdem unsere Großeltern und unsere Erzeugerfraktion jedoch seit den 60er-Jahren in einer Art kulinarischer, kultureller Aneignung vornehmlich mit Vokabeln wie "Antipasti Misti" oder "Ossobucco alla Milanese" italo-sozialisiert wurden, liegt dem echten Teutonen die italienische Sprache (Achtung!) schwer im Magen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sich der ordnungsliebende Deutsche schwertut mit einem Land, in dem "caldo" "warm" heißt.

Um das Image des Stiefel-Staates zu polieren und dem italienmüden Deutschen das Land von Al Bano und Romina Power und Gina Lollobrigida wieder näherzubringen, launcht der Südeuropa-Beauftragte von RTL diesen Freitag die Italienische Nacht bei "Let's Dance". Getanzt statt nur ganzkörperlamentiert wird trotzdem – und da darf Eros Ramazotti natürlich nicht fehlen. Vor allem, weil man bei regelmäßiger Nennung des Namens Ramazotti zur Primetime ordentlich Werbemillionen abkassieren kann. Ramazotti nämlich ist im Prinzip eine Produktplatzierung von gleich drei Produkten: Kräuterlikör (Ramazotti), Margarine (Rama) und Molkereiprodukte (Zott).

Jorge González und seine absurde Styling-Wahl

Ramazotti eröffnet den Reigen der italienischen Popkultur dann auch direkt mit einem seiner Klassiker, von dem ich absolut überzeugt bin, ihn im Auto stets richtig mitgesungen zu haben: "Se bastasssa una bella calzone afar piovere amore".

Sanft im Rhythmus mitwippend entfaltet die absurde Styling-Wahl von Juror Jorge González ihre ganze Pracht erst vollumfänglich: Jorge scheint sich für seinen heutigen Look zunächst einen knappen Tag lang von einem Profi-Paintball-Team mit 38 Farben beschossen haben zu lassen, nur um sich anschließend aus den Alu-Verpackungen von etwa 5.000 selbstverzehrten Ferrero Rocher eine Hartschalen-Perücke zu basteln, die auf den ersten Blick aussieht wie eine Bademütze aus goldenem Fieberglas. Um das Gesamtkunstwerk abzurunden, hat der kubanische Tanzimport seine Beine per Bodypainting Lila anmalen lassen.

In den meisten Ländern dieser Welt steht eine solche Erscheinung im Kuriositäten-Kabinett direkt neben der Kanonenkugel von Baron Münchhausen und dem Knusperhäuschen aus Hänsel und Gretel, in Deutschland jedoch thront man vom Jurypult der beliebtesten Tanzbein-Schwingparade der TV-Historie.

Jana gut, dann tanze ich halt

Den Anfang machen Jana Wosnitza und Vadim Garbuzov zu einem italienischen Schlager-Klassiker, in dem es wohl um eine Fee namens Litschita geht. Wosnitza zeigt viel Haut, Garbuzov viel Geduld – und beides zahlt sich aus. Jana und Vadim werden vier Stunden später ungefährdet in die nächste Runde einziehen.

Anschließend wagen sich Lina Larissa Strahl und Zsolt Sándor Cseke auf das Parkett der großen Tanzikonen, auf dem schon Dance-Legenden wie Ingolf Lück (war mal Comedian), Hans Sarpei (war mal prominent), Alexander Klaws (war mal DSDS), Sophia Thomalla (war mal Rammstein) oder Wayne Carpendale (war mal mit Yvonne Catterfeld liiert) die begehrte Siegestrophäe erswingt haben. Dass Jana Wosnitza oder Lina Larissa Strahl am Ende den Dancing Star mit nach Hause nehmen wird, scheint unwahrscheinlich. Andererseits hat auch schon mal Handball-Legende Pascal Hens den Gesamtsieg geholt, nachdem seine Tanzbemühungen in den ersten Wochen eher so aussahen, als würde er sich spätestens beim Discofox-Marathon beide Beine brechen.

Strahl punktet dafür aber immerhin mit konsequenter Lernbereitschaft. Sie verrät das Motto ihrer abgelaufenen Trainingswoche: "Ich habe mir Jorges Worte zu Herzen genommen und die Samba in mir gelassen!" Freitagabend, 20:50 Uhr wäre eine gute Gelegenheit gewesen, sie auf dem Ossendorfer Tanzparkett wieder rauszulassen. Ihr Cha-Cha-Cha bringt jedoch nur magere 16 Punkte. Die Enttäuschung ist groß, fast befürchtet man, gleich kotzt Lina Larissa im Strahl. Sie sehen, würde RTL seine Freitagabende nicht an prominente Tanzasketen und überbezahlte Jurymitglieder verplempern, sondern stattdessen halbgare Möchtegern-Promis in der Kategorie "Die schlechtesten Wortspiele der Welt" antreten lassen, wäre ich schon längst ein Superstar.

Lina Larissa Strahl jedoch kann sich trotz Bibi-Blocksberg-Vergangenheit kein Rekordergebnis ertanzen. Da hilft auch ihre innovative Trainingsphilosophie nicht: "Manchmal denke ich, heute bin ich Shakira und dann mache ich." Was genau sie dann macht, bleibt unklar. Vor den heimischen TV-Geräten rätselt man: Lügt ihre Hüften an? Reißt einen Innenverteidiger vom FC Barcelona auf? Es bleibt ein Geheimnis.

Wir Kinder vom Biyon Zoo

Stichwort im Strahl kotzen: Biyon Kattilathu erlebt eine von Übelkeit überschattete Trainingswoche. Profipartnerin Marta Arndt ist noch am Showabend völlig perplex: "Ich unterrichte seit 15 Jahren, aber ich habe noch nie erlebt, wie jemandem so schlecht wird." Was genau Kattilathus Übelkeit ausgelöst hat, ist nicht mehr seriös rekonstruierbar. Vielleicht hat er zu viele TikToks vom Real Dalai Karma gesehen? Getanz jedenfalls wird trotzdem, da kennt das Regelwerk keinen Nichtpromi-Bonus. Kattilathu bekommt den italienischen Riviera-Klassiker "Ti amo" zugelost. Aufregung in den Baumarkt-Couchgarnituren von Wanne-Eickel bis Westbevern: Viele Ü70-Jährige erfahren heute erstmals, dass es von ihrem Lieblingshit des Jahres 1977 überhaupt eine Version gibt, die nicht von Howard Carpendale gesungen wird.

Übrigens, Bonuspunkt für ihre Showkommentatorin der Herzen: In einen Text Wayne und Howard Carpendale gleichzeitig einzubauen, das macht richtig was her auf der nach unten offenen Jimi Blue und Uwe Ochsenknecht Skala. Bei dem abendfüllenden Gequatsche über Magenkrämpfe und Unwohlsein sieht man es ihr direkt an – Marta Arndt bereits: Schlecht wird auch ihr heute Abend noch werden. Nach eher verheerenden Urteilen des gemäßigten Teils der Fachjury (González/Mabuse) kracht es bei Joachim Llambi richtig: "Du bist von der Haltung her komplett eingebrochen." Das ergibt am Ende magere 11 Punkte und die Gewissheit: Zu den Favoriten zählt der Vorsitzende des Oliver Pocher Fanclubs Hagen nach heute Abend nicht mehr zwangsläufig.

Um seine eventuell bevorstehende Zwangsdemission vom Tanzflur noch mal aufzuschieben, entscheidet sich Poesiealbum-Vorleser Biyon Kattilathu für die Flucht nach vorne und liefert eine lupenreine Weltklasseleistung beim abschließenden Resümee-Kurzinterview mit Punkteanmoderatorin Victoria Swarowski. Auf die auch journalistisch herausragend vorbereitete Frage "Was bedeutet Italien für Dich?" antwortet Kattilathu: "Ich trinke jeden Morgen einen Espresso und mein Lieblingsfilm ist Gladiator!" Da überkommt einen im ersten Moment ein schauriges Kribbeln im Synapsenbereich, aber wenn wir mal ehrlich sind: Biyon Kattilathu hat da einen so genannten Punkt. Wenn ich nämlich beschreiben müsste, was Deutschland für mich bedeutet, würde ich doch auch antworten: "Ich trinke jeden Morgen einen Liter Bockwurstwasser und mein Lieblingsfilm ist 'Wir Kinder vom Bahnhof Zoo'!"

Man muss auch mal Funww gerade sein lassen

Es gibt aber auch Positives zu berichten. Der oftmals ins kauderwelschige abdriftende Jorge González hat nach zwölf Jahren Juror-Karriere pünktlich zu seinem Jubiläum der 150. Sendung endlich gelernt, bei der Punktevergabe "Fünf" statt "Funww" zu brüllen. Der Lernprozess in diesem familientauglichen Unterhaltungsformat ist tatsächlich personalübergreifend spürbar.

Weniger Fortschritt dagegen präsentieren Mark Keller und Kathrin Menzinger. Schon seit Staffelbeginn bewegt sich Mark Kellers Mimik beim Post-Performance-Versuch, die Nation von seinen Qualitäten als Entertainer und Unterhaltungskünstler zu überzeugen, mehr als seine Füße auf dem Arenaparkett. Da hat auch Motsi Mabuse langsam kein Verständnis mehr: "Ich würde am liebsten immer 10 Punkte geben, aber dann tanzt ihr halt." Ihr Zusatz "Mein Herz ist gebrochen bei so vielen Fehlern" geht dann bereits beinahe unter im betroffen staunenden Auditorium, das die Feelgood-Jurorin selten so im Schonungslos-Modus erlebt hat. Lediglich 10 Punkte zeugen am Ende davon, dass Biyon Kattilathu sich in der kommenden Woche keine weitere Übelkeit mehr wird leisten können, wenn er die knapp erreichten Top Ten nicht als erster wieder verlassen möchte.

Plagiatskandal um Ekaterina Leonova?

Der Contemporary gilt in der Tanzkommune um die Joachim Llambi Festspjele Ossendorf als kreatives Freestyle-Märchen, bei dem die prominenten Tänzer stets rasant Punkte abkassieren können. Keine Vorgaben, keine Stilbefehle – die Tanzfläche ist ein unbeschriebenes Blatt, das mannigfaltig mit Tanzleben gefüllt werden darf. Heute dürfen Detlef D! Soost und Ekaterina Leonova mit dem Contemporary abcashen. Normalerweise hagelt es dabei Punkte, vor allem wenn Rekordsiegerin Leonova ihre Tanzschuhe mit im Spiel hat. Heute tanzt die als "Full Metal Jacket" unter den Profitänzern bekannte Drill-Instrukteurin, die bereits Gil Ofarim, Ingolf Lück und Pascal Hens zum Sieg geprügelt hat.

Heute hagelt es überraschend Kritik, nach der selbst Frohnatur Soest unumwunden zugibt, über das Ergebnis traurig zu sein. Nicht so traurig wie darüber, damals bei "Undercover Boss" mitgemacht zu haben, aber schon ziemlich traurig. Joachim Llambi, dem man landläufig ohnehin nicht nachsagt, ein glühender Verehrer von Ekaterina Leonova zu sein, suggeriert in seinem Urteil sogar, eKat würde frühere Choreographien arbeitszeitoptimierend einfach recyceln: "Das hatten wir schon mal, damals mit Matthias Steiner, da hast Du dir den Knöchel verstaucht!" Heute verstaucht sich höchstens ihre Laune.

Da Profitänzer Valentin Lusin dieser Tage erstmals Vater wird und selbstverständlich bei seiner Frau Renata verweilt, übernimmt diese Woche Mikael Tatarkin die Rolle des Tanzlehrers für Ann-Kathrin Bendixen, die schon überraschend lange nicht mehr auf einem Motorrad saß. So spontane Partnerwechsel kennt man im RTL-Kosmos eigentlich nur von "Temptation Island".

Keinen Partnerwechsel wird es definitiv für Lina Larissa Strahl geben. Der Lina Larissa Bannstrahl des Publikums trifft sie gnadenlos und exmatrikuliert sie aus der RTL-Tanzschule. Und das, obwohl sie mehr Punkte von der Jury erhalten hatte als der eine oder andere Mitkandidat. Ihre Fanbase ist offenbar kleiner als die von Biyon Kattilathu. Sowas muss man auch erstmal verdauen. Vielleicht sogar schon bis übernächste Woche. Karfreitag ist ja Tanzverbot. Sogar im Fernsehen. Dann berichte ich wieder direkt vom Tanzparkett. Bis dann!

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