Der Tanzabend auf Deutschlands wichtigstem Bildungssender RTL beginnt mit einer guten Nachricht: Joachim Llambi ist zurück. Also, der so genannte "alte" Llambi, der bei Ü70-Rebellinnen von Duisburg-Marxloh bis Rottach-Egern am Tegernsee spontane Ovulations-Renaissancen auslöst. Nach dem Ausflug in seine Rosa-Phase, als er am vergangenen Freitag in einer Art "Discount Ken" Haute Couture eine Hommage an "Barbie" wagte, hat er diese Woche wieder in den Teil seines begehbaren Kleiderschranks zurückgefunden, für den man ihn zu Recht mehrfach zum bestgekleideten Mann bei "Let's Dance" nach Massimo Sinatò, Daniel Hartwich und Jorge González gekürt hat.

Marie von den Benken
Eine Kolumne
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Als wichtige Säule liebegewonnener Traditionen sieht Joachim Llambi heute also wieder aus wie man ihn kennt: Wie der Filialleiter der Sparkasse Duisburg-Vohwinkel. Da möchte auch Eva Padberg nicht hintenanstehen und präsentiert der modeverrückten "Let's Dance"-Fangemeinde ein Kleid, für das etwa 34 Bibos (aus der Sesamstraße) ihr Leben lassen mussten. Tierschützer seinen sich jedoch nicht am weiten Tanzrund in Köln-Ossendorf eingefunden zu haben, denn Padberg kann gemeinsam mit ihrem Profipartner Paul Lorenz, dem Mann ohne Nachnamen, unbehelligt durchtanzen.

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Padberg trat 1995 ins Licht der Öffentlichkeit, als sie bei der "BRAVO Boy- & Girl-Wahl" bis ins Finale kam und anschließend eine veritable Modelkarriere startete, die sie mit einigen mal mehr, mal (etwas öfter) weniger erfolgreichen Seitensprüngen ins Moderationsgewerbe garnierte. Alles in allem ist es kein Zufall, dass Padberg an diesem Abend als prominente Kandidatin in der Halle steht und nicht als Showmasterin. Bevor sie einen Quickstep auf den Tanzflur zaubert, der Juror-Frohnatur Llambi lediglich zwei von zehn Punkten entlocken kann. Wenn der rüstige Senior-Notenvergeber allein entscheiden dürfte, wäre die "Let's Dance"-Heldenreise für Eva Padberg schon um 20:32 Uhr beendet.

Etwas geschmeidiger lief es bei Eva noch beim Training, wobei es auch da schon zu bedenklichen Situationen kam. Vor allem im Hinblick auf gesunde Körperarithmetik: "Man kommt immer an seine Grenzen oder an seine Beine." Wer kennt nicht den berühmten Volksmund, der dieses Phänomen so beschrieben hat: "Du musst deinen inneren Schweinehund bezwingen und über deine Beine hinausgehen!"

Padberg ist, das muss man einfach attestieren, ein amtliches Multitalent. Neben Modelbusiness und Moderationsbranche mischt sie als Sängerin der Band "Dapayk & Padberg" auch die internationalen Charts auf. Ihr Smashhit "It's All Yours", der auf Spotify satte 42.000 Streams zu verzeichnen hat, lässt erahnen: Als Sängerin ist sie beinahe so gut wie als Tänzerin. Mal zur Einordnung: 42.000 Streams, da hätte selbst Jorge González mehr Abrufe generiert, wenn er seine Jury-Urteile künftig einsingen würde und Joachim Llambi ihn auf der Mundharmonika begleiten würde. Stellen Sie sich das mal vor: Die Dance Hall Boys Jorge & Jojo mit dem González Klassiker "Du wolle danseh abbä da musse määäh gomme von die Gefull!" in einer von Scooter produzierten Hardcore-Techno-Version.

Wer ein Mikrofon hat, muss auch singen

Stichwort Jorge González: Die kubanische Diversity-Ikone betritt die Bretter, die die Welt bedeuten, heute in einer Optik, als wäre er ein Serienkiller, der vier Skalps seiner Opfer in einer Art Kronleuchter als Kopfschmuck trägt. Sein Urteil über Eva Padberg fällt noch recht human aus. Duettpartner Llambi dagegen hadert mit allem, sogar mit dem Intro-Teil der Choreographie, bei dem Padberg vor einem nicht angeschlossenen Mikrofonständer steht und ihre Lippen zum Playback bewegt: "Wenn man da mit einem Mikrofon steht, dann muss man auch singen." Na klar. Davon können vor allem Besucher von Bauernhöfen ein Lied singen. Dort gilt ja der analoge Leitsatz: "Wenn man da mit einer Kuh steht, dann muss man auch melken."

Dieser etwas groteske Kritikansatz aktiviert in Moderator Daniel Hartwich einen unwillkürlichen Verteidigungsreflex. Er versucht, die Situation per ad hoc Konfrontation aufzulösen und zieht Llambi in die Pflicht: "Machen Sie doch mal vor!" Der redet sich jedoch raus: "Nein, ich kann nicht singen!" Das lässt uns Zuschauer natürlich ratlos zurück. Wenn Llambi nicht singt, weil er nicht singen kann, warum moderiert er dann?

Da platzt es über dem Busen

Wir befinden uns bei "Let's Dance" noch in der Anfangsphase. Viele Fans, Künstlermanager und neutrale Beobachter hoffen, dass bei den Prominenten endlich der Knoten platzt. Genau das Gegenteil hofft heute Abend Motsi Mabuse. Nur ein einziger, winziger Knopf hält ihr atemberaubendes Silberkleid über ihrem Dekolleté zusammen. Zum Glück ist Justin Timberlake nicht in der Nähe und plant ein Duett mit ihr. Andernfalls hätte RTL vermutlich einen handfesten Janet-Jackson-Skandal und die Boulevardpresse tagelang die Headline "Hier zeigt Motsi Mabusen" auf den Titelseiten.

RTL-Sportmoderatorin Jana Wosnitza treibt Joachim Llambi (oder "Herr Llambi", wie Freunde ihn nennen dürfen) mit ihrer Performance dann an den Rand eines Logik-Dilemmas. Der argumentiert sich bereits im ersten Achtel des Showabends Richtung null Punkte und lässt eine bewertungsrelevante Logikbombe platzen. Er verkündet der staunenden Jana, dass die Vergangenheit nichts zählt: "Letzte Woche war letzte Woche, nur diese Woche zählt."

Anschließend beginnt er sein konkretes Urteil dann mit "das war besser als letzte Woche". Nächste Woche wird er ihr dann erklären, dass man beim Tanztraining viel mit seinem Tanzpartner sprechen muss, sie aber nicht dauernd etwas sagen soll. Schrödingers Labertasche. Fachlich hat der Llambi der Herzen aber natürlich auch noch einige Expertise abzugeben: "Der Vorwärts-Feder-und-Dreierschritt war gut" etwa, oder: "Die Schulter-Linie darf nicht über die Po-Linie!" Alles Dinge, die ich auch gerade sagen wollte, aber da war Jojo Lamb (sein internationaler Rappername) schneller.

So sexy, ich kotze im Lisa Larissa Strahl

Rudi Carells Lieblingsschüler Mark Keller hingegen versucht es mit dem altbekannten Tick "Sex sells" und lässt sich von seiner Profitänzerin Kathrin Menzinger in einem so hoch geschlitzten Kleid begleiten, dass die Zuschauer anschließend kaum seriös beurteilen können, wie die Leistung einzuschätzen ist. Da die RTL-Bildregie die gesamte Zeit über weitestgehend ausschließlich in den Schritt von Kathrin Menzinger filmt, lässt die Konzentration dafür, wie viele Schritte Mark Keller letztendlich geglückt sind, rasant nach.

Zum Glück kann Kathrin jederzeit auf ihr zweites berufliches Standbein zählen, falls sie den TV-Tanzwettbewerb aufgrund der unkaschierbaren Talentlosigkeit eines Mark Kellers frühzeitig verlassen sollte. Als Kathrin Merz-Singer wird sie nämlich als Vorband des CDU-Spitzenkandidaten in den kommenden Bundestagswahlkampf ziehen.

Die als Bibi Blocksberg bekannt gewordene Lina Larissa Strahl hingegen zeigt sich beim erotischen Trainings-Twerk verschämt schüchtern: "Ich habe da nicht so die Erfahrung im Verführen!" Das kann natürlich viel heißen. Entweder Lina Larissa Strahl lebt seit 26 Jahren weitestgehend enthaltsam, oder ihr Herz wurde stets von dritter Seite erobert, ohne dass sie irgendwelche Anzeichen von Verführ-Bereitschaft signalisieren musste.

Zsolt Sándor Cseke jedenfalls, der sie als Profilehrer diese Woche mit erotischer Tanz-Emanation quält, bringt sie mit seinen hochlasziven Choreo-Vorschlägen an den Rand der Selbstkasteiung. Fast denkt man, Lina Larissa Strahl hat so viel Angst vor ihrer eigenen Sexiness und der in ihr schlummernden frivolen Anrüchigkeit, dass sie sich gleich selbst drei Monate Hausarrest aufbrummt. "Zsolt Sándor Cseke" ist übrigens rumänisch und heißt "Richard David Precht", aber das nur am Dancefloor-Rande.

Getreu dem Motto des größten deutschen Tanzgottes Tanz Beckenbauer stürmt dann der Paartherapeut von Amira und Oliver Pocher die Bühne: Biyon Kattilathu. Tanz Beckenbauer hatte einst gesagt: "Geht's raus und tanzt's Samba!" und das macht Biyon überraschend gut. Weniger stabil liefert die RTL-Deko-Abteilung ab. Die Kulisse für Biyons Tanz besteht in erster Linie aus brennenden Mülltonnen. Biyon kommt allerdings aus Haghen und nicht aus der Bronx. Und auch Llambi dokumentiert erneut seine fehlende Stringenz.

Der Satz "Wenn da Feuer ist, musst du auch löschen!" fehlt in seinem Urteil unentschuldigt. Wahrscheinlich, weil er Biyon zu Hause in Duisburg bei einem gemütlichen Tanztee heimlich zu seinem neuen Staffel-Liebling gekürt hat. Ihm gibt er mit acht Punkten sogar mehr als seine Mitjuroren Jorge und Motsi. Ein Bewertungsphänomen, das nur etwa alle Schaltjahre einmal auftritt. Vermutlich hat Llambi die aus Antipathie bei Eva Padberg eingesparten Punkte als Bonus bei Biyon aufgerechnet. Joachim Llambi mit mehr Punkten als Jorge und Motsi – das gibt es sonst nur in Flensburg.

Eva Padberg und Talfahrt

Anatomisch noch auf der Suche nach ihrer eigenen Identität zeigt sich Geburtstagskind Sophia Thiel: "Ich hoffe, dass ich mit meinem Kopf endlich in meinen Körper komme!" Das hoffe ich ebenfalls, denn jeder weiß: Wer mit dem Kopf nicht im Körper ist, kann jederzeit den Kopf in den Sand stecken müssen. Schon sicherer bei dem Kopf/Körper-Ratio präsentiert sich Geheimfavorit Gabriel Kelly. Ihm attestiert Joachim Llambi die "Beste Fußarbeit des Abends" und erinnert an den "Let's Dance"-Leitsatz: "Wenn es unten stimmt, kannst du oben alles machen!"

Nach diesem Credo bauen viele Teenager-Jahrgänge seit Generationen auch ihr Liebesleben auf. Insgesamt ist Zoten-Zampano Llambi endlich wieder unverwüstlich im Anzüglichkeiten-Modus und spendiert der Ferkelei-Fanbase direkt noch eine weitere Weisheit, die man sonst höchstens während Porno-Produktionen hört: "Man braucht die Sicherheit, dass unten alles stimmt!"

Um jedoch ehrlich zu sein: Unten stimmt nicht alles. Im Tanz-Tabellenkeller wird es nach der Addition von Jurypunkten und Zuschauervotum am Ende eng für Eva Padberg, Stefano Zarrella und Ann-Kathrin Bendixen. Sehr zur Freude von Padberg-Kryptonit Joachim Llambi scheidet nach einer kurzen, von nur drei Werbeblöcken unterbrochenen Krönungs-Zeremonie, am Ende mit Padberg die älteste weibliche Teilnehmerin aus.

War es Llambis Plan, die weibliche Belegschaft der Tanzklasse von 2024 zum jüngsten Y-Chromosomfreien Ensemble der "Let's Dance" Historie zu machen? Das werde ich dann versuchen, in der kommenden Woche herauszufinden. Bis dann!

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