Donald Trump im Weißen Haus – das ist eine Horrorvorstellung. Nicht nur für viele Amerikaner. EU-Politiker fürchten sich vor einer Art Männerpakt zwischen Trump und Wladimir Putin. USA-Experte Thomas Jäger erklärt, womit Deutschland und die EU rechnen müssten.

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Donald Trump und Deutschland, das ist keine Liebesbeziehung. Dabei hat der prominente US-Präsidentschaftsbewerber der Republikaner Wurzeln in der Pfalz: Ein Großvater des Immobilientycoons wurde im Weinbauerndorf Kallstadt geboren.

Deutschland? - Ein Desaster!

Trump verschwieg diese Geschichte lange, nicht einmal in seiner Ende der 1980er aufgelegten Autobiografie bekannte er sich zur Herkunft seiner Ahnen.

Erst Recherchen in der "Vanity Fair" zwangen ihn zu dem Bekenntnis, das er später in dem Dokumentarfilm "Kings of Kallstadt" wiederholte: "Ich habe großartige deutsche Wurzeln, und darauf bin ich sehr stolz."

Mit der deutschen Politik kann Trump jedoch wenig anfangen, was er nach seinem triumphalen Erfolg am "Super Tuesday" noch einmal bestätigte: "Schaut nach Deutschland und Schweden und schaut einige dieser Orte an, das ist ein Desaster", sagte er in Florida vor seinen Anhängern.

Der Bundesrepublik sagte er Probleme mit "radikalislamischem Terrorismus" voraus – wegen der Flüchtlingspolitik der Regierung. Noch sind das nur markige Worte eines Mannes, der das Rennen seiner Republikaner um die Kandidatur für das Weiße Haus anführt.

Doch was, wenn Trump entgegen aller Voraussagen doch ins Oval Office einzieht? Der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Jürgen Hardt (CDU), spricht von einer "Herausforderung" für EU und Deutschland.

EU-Parlamentsabgeordneter Elmar Brok (CDU) warnt vor einem Pakt zwischen den "starken Männern" Donald Trump und Wladimir Putin. Der Politologe Prof. Dr. Thomas Jäger von der Universität Köln mahnt im Gespräch mit diesem Portal zur Vorsicht.

"Trump befindet sich im Vorwahlkampfmodus. Wenn er unvernünftige Positionen einnimmt, heißt das noch lange nicht, er meint sie auch wirklich." Und doch identifiziert Jäger einige Bereiche, in denen es unter einem Präsidenten Trump zu Problemen kommen könnte.

TTIP ja, aber radikaler

Vor allem die Wirtschaftsbeziehungen könnten sich schwieriger gestalten, sagt Thomas Jäger. "Trump betont ständig seinen ökonomischen Protektionismus." Der Mann, der gerne sein wirtschaftliches Know-How herausstellt, will Strafzölle für Firmen einführen, die Arbeitsplätze aus den USA verlegen.

Freihandelsabkommen lehnt er ab. Wäre das auch das Ende für TTIP? "Das nicht, aber TTIP würde anders kommen, als es nun geplant ist", sagt Jäger. "Die USA wären noch stärker als ohnehin schon nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht."

Diese Befürchtung teilt auch Jürgen Hardt von der CDU, der Koordinator für die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. "Trump bedient vor allem die, die meinen, die USA müssten sich mehr auf sich selbst konzentrieren", sagte er dem "Trierer Volksfreund".

Er zählte weitere Punkte auf, in denen Trump gegensätzliche Positionen zu den Europäern bezieht: Den Nuklearpakt mit dem Iran etwa, den Trump aufkündigen will. Und die Flüchtlingspolitik, in der er auf Zäune baut statt auf die Bekämpfung der Fluchtursachen.

In der Sicherheitspolitik hat Trump offenbar ähnliche Ideen wie für die Wirtschaft: Mit den Problemen wie der Ukraine-Krise sollen die Länder umgehen, die es etwas angeht – also stünde die EU in dieser Frage ohne amerikanischen Beistand da.

Einmischen will sich Trump nur da, wo amerikanische Interessen unmittelbar betroffen sind. Das Militär soll aufgerüstet werden, und zwar so, kündigte Trump an, "dass sich keiner mehr mit uns anlegen will."

Zwar will er die Soldaten nicht voreilig auf Mission schicken, wenn, dann aber mit aller Macht. "Das wäre eine Herausforderung für den Bündnispartner Deutschland", sagt Politikprofessor Thomas Jäger.

Eine Achse Washington – Moskau?

Konkret hieße das etwa für den Syrien-Konflikt: Trump würde entweder den Einsatz ausweiten und Bodentruppen schicken – oder aber die Luftangriffe einstellen und damit Russland das Feld überlassen. Die Beziehungen zu Moskau wären ohnehin ein weiteres heikles Feld.

Vor einer Verständigung zwischen den beiden "starken Männern" Donald Trump und Wladimir Putin warnte der CDU-Abgeordnete im Europaparlament, Elmar Brok, in der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Trump hat schon angedeutet, dass er Verständnis für Putin hat. Ich halte das für eine furchtbare Entwicklung."

Brok befürchtet, "dass die beiden Herren dann meinen, sie seien die Herrscher der Welt". Die USA und Russland würden in einem solchen Szenario keinerlei Rücksicht auf andere nehmen. "Dann besteht die Gefahr, dass Europa wieder ins Hintertreffen gerät."

Brok würde es daher lieber sehen, wenn Hillary Clinton die nächste US-Präsidentin würde. "Mit ihr konnte man reden und sie war voraussehbar. Sie ist nicht islamfeindlich, sie ist auf Verständigung angelegt."

"Ein Erdbeben in Europa"

USA-Experte Thomas Jäger ist sehr vorsichtig, wenn es um die Frage eines möglichen Männerbundes Trump – Putin geht: "Man weiß im Voraus nie, welche Bedeutung persönliche Beziehungen überhaupt haben, und ob nicht strukturelle Einflüsse viel wichtiger sind."

Wenn es aber zu einer allzu engen Annäherung kommen sollte, und Trump seinem Amtskollegen im Kreml eine größere weltpolitische Rolle zugesteht, vielleicht sogar die Sanktionen zurücknimmt – für diesen Fall sagt Jäger ein "Erdbeben in Europa" voraus.

Eine Männerbündelei zwischen den beiden Alphatieren hält Jäger durchaus für möglich. "Dann wäre die Frage, wessen Ego leichter bedient werden kann. Es hat ja den Anschein, als seien beide sehr auf sich bezogene Menschen."

Letztlich sprächen aber zu viele strukturelle Gründe gegen eine Achse Washington – Moskau. "Die wirtschaftlichen Beziehungen zu Europa sind den Amerikanern einfach zu wichtig, da hat Russland wenig zu bieten."

Der Koordinator für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Hardt, gab im "Deutschlandfunk" zu bedenken, es sei ohnehin insgesamt schwierig, Voraussagen über Trumps Außenpolitik zu treffen.

Nicht nur, weil er noch im Vorwahlkampf stecke, sondern auch, weil er noch keine praktische Erfahrung hat. "Wir können ihn nur an dem messen, was er im Augenblick artikuliert", sagte Hardt. "Und da gibt es Dinge, wo ich sage, da stehen wir als Deutsche anders."

Vielleicht ist es auch so, wie Trumps innerparteilicher Rivale Ted Cruz nach dem "Super Tuesday" sagte: "Die Wahrheit ist: Keiner weiß, was zur Hölle Donald Trump tun wird, wenn er Präsident wird. Nicht mal er selbst weiß es."

Dr. Thomas Jäger ist Inhaber des Lehrstuhls für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln und Herausgeber der Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik.

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