Die Vergiftung des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny Folgen könnte weitreichende Folgen für die Gas-Pipeline Nord Stream 2 haben. Zwei Mitglieder der Bundesregierung stellen das deutsch-russische Großprojekt in Frage, sollte Moskau sich einer Aufklärung des Anschlags verweigern.
Nach Außenminister Heiko Maas (SPD) hat auch Gesundheitsminister
Aus Spahns Sicht habe
Zweifel am Pipeline-Projekt
Maas hatte zuvor der "Bild am Sonntag" gesagt: "Ich hoffe nicht, dass die Russen uns zwingen, unsere Haltung zu Nord Stream 2 zu ändern." In der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" sagte der Minister, es gebe weiter gute Gründe für die Pipeline. Er verwies erneut auf 100 Unternehmen, die an dem Projekt beteiligt seien, die Hälfte davon aus Deutschland. Er betonte aber zugleich, er halte es für falsch, "von vornherein auszuschließen, dass das, was zurzeit stattfindet, überhaupt irgendwelche Auswirkungen auf dieses Projekt haben könnte".
Die Bundesregierung hat Russland zwar mit harten Worten zur Aufklärung der Vergiftung Nawalnys aufgefordert, eine Verknüpfung des Falls mit dem deutsch-russischen Gasprojekt bislang aber vermieden. Russland bestreitet, in die Vergiftung des Oppositionellen verwickelt zu sein.
Konsequenzen sollen auf europäischer Ebene besprochen werden
Maas forderte Russland erneut auf, zur Aufklärung beizutragen. Er wies in der ARD Vorwürfe aus Russland, die deutsche Seite würde Ermittlungen bremsen, als "weitere Nebelkerze" zurück und betonte, man habe bereits dem russischen Botschafter gesagt, dass man einem Rechtshilfeersuchen Russland zustimmen werde. "Wenn Russland keine Beiträge zur Aufklärung liefert oder weitere solche Nebelkerzen gestartet werden, wie das schon seit Tagen der Fall ist, dann ist das ein weiteres Indiz dafür, dass man etwas zu verbergen hat", sagte der SPD-Politiker.
Über Reaktionen und Konsequenzen werde man in den nächsten Tagen auf europäischer Ebene zu sprechen haben. Wenn es Konsequenzen geben solle, müssten sie "effektiv und zielgenau" sein.
Gas-Pipeline fast fertig
Die Ostsee-Pipeline ist fast fertig und soll Erdgas von Russland nach Deutschland bringen. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hat deutliche Vorbehalte gegen einen Stopp des Projekts.
Er sagte in der ZDF-Sendung "Berlin direkt", zwar müssten wirksame Sanktionen diskutiert werden. Diese müssten aber zielgerichtet sein. Nord Stream 2 sei zu 90 Prozent fertig und diene den eigenen Versorgungsoptionen. Sanktionen müssten vorrangig auf andere Bereiche zielen, etwa auf den Handel oder auf Persönlichkeiten, "die in diesem Regime tätig sind". Im "Tagesspiegel" (Montag) verwies er zudem darauf, dass Deutschland sich mit Nord Stream 2 eine Alternative zu US-Frackinggas offenhalte.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warnte vor einer übereilten Reaktion auf die Vergiftung Nawalnys. Konkrete Schritte würden vor allem davon abhängigen, "ob die russische Regierung die bisher vorliegenden Erkenntnisse aufklären und strafrechtlich verfolgen will", sagte Mützenich den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). "Bereits jetzt einzelne Maßnahmen zu ergreifen oder öffentlich zu erörtern hilft nicht weiter", mahnte der Fraktionschef.
Grünen fordern Baustopp
Klar für einen Baustopp hatte sich bereits Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ausgesprochen. "Die Bundesregierung muss jetzt einen Weg aufzeigen, wie Nord Stream 2 beendet werden kann", sagte sie dem "Tagesspiegel".
In der CDU gehen die Positionen hingegen auseinander. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses,
Dagegen trat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer Forderungen nach einem Baustopp von Nord Stream 2 entschieden entgegen. "Das ist ein völlig falscher Schritt", sagte der CDU-Politiker im ARD-"Bericht aus Berlin". Kretschmer verwies darauf, dass selbst im Kalten Krieg die Rohstofflieferungen weitergingen.
Baustopp Wahlkampfhilfe für Trump?
Ähnlich argumentierte der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Michael Harms. Er sagte in der ARD, seit 50 Jahren gebe es "absolut verlässliche Energiebeziehungen" mit Russland. Auch in den schwierigsten politischen Phasen sei aus gutem Grund daran festgehalten worden. "Ich empfehle das auch diesmal", sagte Harms.
Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, mahnte zu einem vorsichtigen Umgang mit dem Thema. Für die deutsche Politik, die in diesen Fragen für Vertragstreue stehe, wäre ein Stopp des Projekts ein "Bruch", sagte Ischinger bei "
Die Linke-Außenexpertin Sevim Dagdelen warnte bei "Anne Will", mit einem Stopp des Projekts würde sich Deutschland "ins eigene Knie" schießen. Auch wäre dies eine direkte Wahlkampfhilfe für US-Präsident Donald Trump, der Nord Stream 2 unbedingt verhindern will. (dpa/mf) © dpa
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