Der Streit um die Aufnahme von Migranten aus dem abgebrannten Flüchtlingslager Moria in der Koalition spitzt sich zu. Während die CDU auf eine gesamteuropäische Lösung pocht, erhöht die SPD-Spitze den Druck und fordert eine Entscheidung noch am Montag.
Im Koalitionsstreit über die Aufnahme von Migranten aus dem abgebrannten griechischen Lager Moria macht die SPD Druck auf die Union. SPD-Chefin
Aus Sicht von CSU-Chef
Die Parteigremien von CDU wie SPD kommen am Vormittag zu turnusmäßigen Beratungen zusammen. Esken plant am Mittag eine Pressekonferenz zusammen mit dem SPD-Kanzlerkandidaten, Finanzminister
Der einstige Rivale der linken Parteichefin hatte am Samstag ebenfalls ein stärkeres europäisches Engagement gefordert, aber zurückhaltender als nun Esken lediglich eine deutsche "Bereitschaft (verlangt), in größerem Umfang weitere Flüchtlinge aufzunehmen".
Esken hofft auf Angebot der Unionsparteien
Esken wollte nicht näher beziffern, was "ein hoher vierstelliger Betrag" konkret bedeutet. Nach landläufigem Verständnis wäre es wohl eine Zahl deutlich oberhalb von 5000.
Sie hoffe auf ein Angebot der Unionsparteien, dass einen Koalitionsausschuss unnötig mache, sagte sie. Angesprochen auf das Abstimmungsverhalten im Bundestag, wo die SPD bisher mehrheitlich gemeinsam mit dem Koalitionspartner Oppositionsforderungen zur weitergehenden Flüchtlingsaufnahme abgelehnt hat, sagte die Parteichefin: "Wenn jetzt die CDU/CSU ihre Blockade nicht aufgibt, dann müssen wir über andere Schritte nachdenken."
Das will die SPD beschließen
Das Nachrichtenportal "The Pioneer" (Montag) berichtet, die SPD wolle am Montag eine Vorstandsresolution beschließen. Darin forderten die Sozialdemokraten unter anderem schnelle Hilfe vor Ort, die Aufnahme von mehr Flüchtlingen als die beschlossenen 150 Kinder, sowie mehr Einsatz der Regierung für eine europäische Lösung.
Es gelte jetzt, in enger Kooperation mit der griechischen Regierung, schnelle humanitäre Hilfe zu leisten, um die menschliche Tragödie vor Ort zu entschärfen. Dabei sei Eile geboten. Auf europäischer Ebene fordert die SPD, dass nicht mehr hingenommen werden dürfe, dass die Lösung der Verteilungsfrage von Geflüchteten blockiert werde.
Deutschland hat sich auf Bitten Griechenlands bisher bereiterklärt, 100 bis 150 unbegleitete Minderjährige aus Moria aufzunehmen, ebenso wie Frankreich. Zusammen mit acht weiteren europäischen Staaten sollen insgesamt 400 unbegleitete Kinder und Jugendliche aufgenommen werden. Innenminister
CDU-Politiker mit Angst vor der Sogwirkung
Viele in der Union fürchten bei der Aufnahme einer größeren Zahl von Menschen ein Signal mit Sogwirkung: Je mehr aufgenommen würden, desto mehr kämen nach oder würden überhaupt erst zur Flucht animiert. Ein Alleingang Deutschlands wäre "völlig falsch", sagte Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) der "Welt". "Wenn in Europa der Eindruckentstünde, dass Deutschland dazu bereit ist, im Krisenfallallein zu handeln, dann können wir für die Zukunft einegemeinsame europäische Lösung bei der Migrationsfragevergessen." Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, sagte in der ARD-Sendung "Anne Will": "Wir dürfen die Fehler von 2015 nicht wiederholen."
Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock forderte in der Sendung, die Migranten auf Lesbos sofort von dort wegzuholen und mehr europäisches und mehr deutsches Engagement zu zeigen.
Eine frühere Twitter-Äußerung von ihr, die so verstanden worden war, dass alle gut
12.000 Moria-Migranten nach Deutschland kommen sollten, wollte sie aber auch auf wiederholte Nachfragen hin nicht wiederholen.
Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sprach sich in der "Welt" im Notfall für einen nationalen Alleingang aus: "In Deutschland stehen viele Städte und Kommunen bereit, die Kapazitäten sind da. Deutschland muss jetzt handeln und Schutzsuchende aufnehmen."
Menschen beziehen Ersatz-Zeltlager
Auf der Insel Lesbos waren am Wochenende 300 der 12.000 Migranten in ein neu errichtetes Ersatz-Zeltlager eingezogen, nachdem das Lager Moria wohl durch Brandstiftung in der vergangenen Woche zerstört worden war. Manche Migranten versuchten, andere vom Gang ins neue Lager abzuhalten.
Sie wollen aufs Festland gebracht werden, um weiter nach Norden ziehen zu können: "Nach Deutschland", wie Reportern vor Ort gesagt wurde. Tausende Menschen leben auf der Straße, auch Familien mit Kindern - ohne Obdach, Sanitäranlagen und fließendes Wasser. Bei drei Viertel der ehemaligen Moria-Bewohner handelt es sich um Afghanen (77 Prozent), ein weit kleinerer Teil kommt aus Syrien (8 Prozent) und dem Kongo (7 Prozent).
FDP-Chef Christian Lindner schlug einen Migrationsgipfel von Bund, Ländern und Kommunen vor, um die Kapazität zur Flüchtlingsaufnahme in Deutschland zu ermitteln. In der "Passauer Neuen Presse" (Montag) forderte er Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, das Thema an sich zu ziehen. (dpa/ska)
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