Deutschland steht vor einem großen Strukturwandel. Während in der Ukraine der Krieg unaufhaltsam weitergeht, finden die Differenzen innerhalb der Ampelkoalition kein Ende. Bei "Markus Lanz" fand Anton Hofreiter deutliche Worte zur politischen Misere und beschuldigte vor allem Olaf Scholz.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Vor zwei Monaten marschierte die russische Söldnertruppe Wagner in Richtung Moskau. Jetzt soll Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sein. Bei "Markus Lanz" äußerte sich Ex-Botschafter Rüdiger von Fritsch zu den jüngsten Vorkommnissen, während sich Anton Hofreiter über den Führungsstil von Kanzler Olaf Scholz echauffierte.

Mehr aktuelle News

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Bei "Markus Lanz" sprach Ex-Botschafter Rüdiger von Fritsch über die Bedeutung des Todes von Prigoschin, während sich Grünen-Politiker Anton Hofreiter emotional zur politischen Misere in Deutschland äußerte.

Das sind die Gäste

  • Rüdiger von Fritsch, Ex-Botschafter: "Wir wissen nicht, ob tatsächlich Jewgeni Prigoschin in der Maschine war."
  • Anton Hofreiter, Grünen-Politiker: "Mit unserer langsamen Reaktion tragen wir am Ende dazu bei, dass sich der Krieg in die Länge zieht."
  • Antje Höning, Journalistin: "Wir sollten mit dem Wahnsinn aufhören, internationale Großkonzerne mit Milliarden für bloße Anwesenheit zu belohnen."
  • Lars Feld, Ökonom: "Ein Strukturwandel ist immer mit Unsicherheiten verbunden."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Zu Beginn der Sendung sprach Markus Lanz über die jüngsten Vorkommnisse in Russland rund um den vermeintlichen Tod von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin. Der ZDF-Moderator erklärte, dass es bislang nur wenige Bilder der Absturzstelle oder nähere Informationen zum Absturz gebe. Gleichzeitig verkündete er, dass Aufnahmen von Prigoschin beim Besteigen des Privatflugzeuges im Netz kursieren sollen. Rüdiger von Fritsch, der frühere deutsche Botschafter in Moskau, warnte jedoch: "In der Tat bewegen wir uns im Bereich der Spekulationen."

Ob es sich um einen gewöhnlichen Absturz, eine Explosion oder gar einen geplanten Abschuss handelt, sei bislang noch völlig unklar. "Dass Jewgeni Prigoschin gefährlich lebte (...) war offensichtlich", erklärte von Fritsch. Laut des Ex-Botschafters ist nun zwar ein russisches Ermittlungskommitee in Gang gesetzt worden, "aber wir wissen nicht, ob tatsächlich Jewgeni Prigoschin in der Maschine war". Laut mehreren Medienberichten soll auch Dmitri Utkin, der militärische Führer der Wagner-Gruppe, unter den insgesamt zehn verstorbenen Flugzeuginsassen gewesen sein.

"Auch das wäre ein schwerer Schlag für die Wagner-Truppen", fügte von Fritsch an. Lanz wollte daraufhin wissen, ob der Marsch der Wagner-Söldner auf Moskau vor genau zwei Monaten etwas mit dem Unglück zu tun haben könnte. Dazu sagte der Ex-Botschafter kryptisch: "In dem Marsch auf Moskau und seinem Scheitern zeigt sich, dass auch Wladimir Putin immer wieder darauf angewiesen ist, Machtinteressen tarieren zu müssen." Von Fritsch ergänzte, dass laut Putin niemand "verachtenswerter als der Verräter" sei.

Markus Lanz fragte deshalb, ob ein zweiter Marsch der Wagner-Söldner in Richtung Moskau möglich sei, falls sich die Beweise verdichten, dass der Kreml hinter dem Tod von Jewgeni Prigoschin steckte. Von Fritsch wiegelte ab und erklärte, dass ihm ein zweiter Marsch "höchst unwahrscheinlich" erscheine. Putin regiere nämlich mit der ständigen "Verbreitung von Angst" und "Bestechung".

Der Marsch vor zwei Monaten habe ihn zwar geschwächt, es sei ihm jedoch gelungen, die Kontrolle wiederzugewinnen. Der Ex-Botschafter ergänzte besorgt: "Wahrheit ist für die russische Führung ja nicht das, was wahr ist, sondern das, was nützlich erscheint."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Hitziger ging es zu, als Lanz den jüngsten Ampel-Krach zwischen Finanzminister Christian Lindner und Familienministerin Lisa Paus ansprach. Die Grünen-Politikerin hatte einen Deal platzen lassen, der ihr die Kindergrundsicherung versprochen hatte, während Lindner die Zusage für das Wachstumschancengesetz erhalten hätte.

Mit Blick auf die vielen Krisen im Land wollte der ZDF-Moderator wissen, ob nun "der richtige Moment" sei, sich erneut "so zu zerlegen in der Ampel". Grünen-Politiker Anton Hofreiter gab zunächst kleinlaut zu, dass sich in Deutschland etwas "grundlegend verändern" müsse. "Wir brauchen ein neues Geschäftsmodell für Deutschland", forderte Hofreiter.

Statt auf einen harmonischen Kurs zu setzen, wetterte der Grünen-Politiker bei "Markus Lanz" jedoch ausgerechnet gegen den SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil, der sich nach dem aktuellen Ampelstreit "fassungslos" zeigte. "Das finde ich natürlich so ein bisschen bizarr", beklagte sich Hofreiter, der erklärte, dass Klingbeil immerhin "der Parteivorsitzende der Kanzlerpartei" sei.

Hofreiter zog weiter vom Leder: "In meiner Analyse (...) ist das Hauptproblem im Kanzleramt der Kanzler selber. Er ist der Regierungschef." Daraufhin schaltete sich Top-Ökonom Lars Feld ein, der seit gut einem Jahr als Berater von Christian Lindner im Einsatz ist. Er konterte: "Sie machen es sich zu einfach, Herr Hofreiter." Feld sah den Grund für den neuen Ampelstreit vor allem in der "Führungsschwäche von Herrn Habeck" und stellte klar: "Es kann doch nicht sein, dass Sie das jetzt wie beim Ukraine-Krieg auf das Kanzleramt projizieren."

Lanz wollte daraufhin wissen: "Hat Robert Habeck schlecht verhandelt?" Diese Frage wollte sich Hofreiter nicht gefallen lassen und sagte, dass das Vertrauen in der Koalition offenbar "nicht groß genug" sei, dass "am Ende das, was ausgehandelt worden ist" auch umgesetzt werde. "Das Vertrauen ist weg, dass das gehaltene Wort ohne Druckmittel eingehalten wird", konstatierte Hofreiter.

"Also eine Retourkutsche", konterte Lanz prompt, der die vielen Streitereien in der Ampelregierung als "kommunikative Katastrophen" bezeichnete. Dem widersprach Hofreiter vehement und ergänzte trocken: "Es sind Streitereien und Interessenskonflikte - und damit sind wir wieder beim Kanzler."

Olaf Scholz

Olaf Scholz tadelt Kommunikation der Ampel-Kollegen

Olaf Scholz wünscht sich eine zurückhaltendere Streitkultur innerhalb der Ampel-Koalition. Seine Regierungskollegen sollten sich ein Beispiel an ihm nehmen, sagte er in einem Interview. (Photocredit: picture alliance/dpa | Karl-Josef Hildenbrand)
An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz warf am Mittwochabend kurzerhand seine geplante Sendung um, nachdem die Nachricht von Jewgeni Prigoschins vermeintlichem Tod öffentlich gemacht wurde. Im Gespräch mit Ex-Botschafter Rüdiger von Fritsch zeigte sich Lanz äußerst interessiert. Zum Ende hin stichelte er jedoch wieder in gewohnter Manier, als er versuchte, Grünen-Politiker Anton Hofreiter aus der Reserve zu locken.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Nicht nur der anhaltende Krieg in der Ukraine sorgt für Unsicherheit in Deutschland. Auch die ständigen Streitereien innerhalb der Ampelkoalition beschäftigen Politiker und Bürger gleichermaßen. Bei "Markus Lanz" sah Grünen-Politiker Anton Hofreiter die Schuld für die politische Misere vor allem im Führungsstil von Bundeskanzler Olaf Scholz, während Top-Ökonom Lars Feld eine Führungsschwäche in Robert Habeck sah.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.