"Wirklich schwach" sei Olaf Scholz im Kanzlerduell gewesen, zählte Journalist Marc Felix Serrao den SPD-Mann an. Noch härter drückte es Theologe und Psychiater Manfred Lütz bei "Markus Lanz" aus. Obendrein bekam sich Lütz mit Autorin Juli Zeh in die Haare, als es um die Brandmauer zur AfD ging.

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Beim ersten Kanzlerduell echauffierte sich Olaf Scholz erneut öffentlich über den Wortbruch von Friedrich Merz, was die gemeinsame Abstimmung mit der AfD anbelangt. Bei "Markus Lanz" zeigte sich Theologe Manfred Lütz jedoch skeptisch, als es um das Thema Brandmauer ging. Mit seiner Argumentation eckte er dabei unter anderem bei Autorin Juli Zeh an.

Das Thema bei Markus Lanz

Beim ersten Kanzlerduell zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz stand das Thema Migration an erster Stelle. Kurz nach dem TV-Duell debattierte Markus Lanz in seiner Sendung unter anderem über die Auswirkungen der gemeinsamen Abstimmung von Union und AfD im Bundestag. Dabei rückte vor allem das Thema Brandmauer in den Fokus, denn nicht alle Gäste waren der Meinung, dass ein rigoroser Ausschluss der AfD sinnvoll ist.

Die Gäste

  • Autorin Juli Zeh warnt davor, das politische Augenmerk nur auf das Thema Migration zu legen: "Die Leute bei mir auf dem Land sind wahnsinnig genervt und enttäuscht."
  • Theologe und Psychiater Manfred Lütz sieht in der Brandmauer zur AfD auch Gefahren: "Noch nie war Psychologie in der Politik so wichtig wie heute."
  • Journalistin Anna Lehmann sorgt sich nach der gemeinsamen Abstimmung von AfD und CDU: "Deutschland ist nach diesen letzten Tagen ein bisschen mehr wie Österreich geworden."
  • Journalist Marc Felix Serrao zeigt sich hoffnungsvoll nach den Debatten zum Fünf-Punkte-Plan der Union: "Diese deutsche Demokratie erscheint mir plötzlich wieder sehr vital."

Das Wortgefecht

Nach dem Kanzlerduell zwischen Scholz und Merz wollte Markus Lanz wissen: "Hätten Sie einen härteren Schlagabtausch erwartet?" Während Journalistin Anna Lehmann mit einem energischen "Durchaus!" reagierte, merkte Marc Felix Serrao an, dass Scholz nach der gemeinsamen Abstimmung von AfD und Union durchaus versucht habe, "diese Empörung irgendwie in die Debatte reinzutragen": "Er hat ja am Anfang mehrmals von Wortbruch und Tabubruch gesprochen." Da Merz jedoch "so entschieden zurückgerudert" sei, "war die Angriffsfläche nicht mehr so groß".

Eine Steilvorlage für Lanz, der nachhakte: "Da ist sie wieder, die Brandmauer. Wie glaubwürdig ist das?" Autorin Juli Zeh zeigte sich skeptisch: "Es ist so ein bisschen die Wahl zwischen Pest und Cholera. Wir wissen nicht, ob sozusagen die AfD-Zahlen schwächer wären, wenn wir die Partei mehr eingebunden hätten." Zeh fügte hinzu: "Allerdings bringt das Gegenteil ja auch nichts. In den Ländern, wo die schon länger auch mal mitmachen dürfen wie in Österreich wachsen die auch."

Theologe und Psychiater Manfred Lütz gab daraufhin mit ernster Miene zu: "Ich finde (...) das Bild von der Brandmauer (...) psychologisch bedenklich." Was Lütz damit meinte? "Wenn wir AfD-Leute wieder rüberziehen wollen, was ja wichtig ist, wie sollen die über die Brandmauer klettern? Also das Bild 'Mauer' finde ich ein ganz schräges Bild." Dennoch äußerte der Theologe die Hoffnung, dass der jüngste Zwist zwischen Union, SPD und Grünen nach der Abstimmung im Bundestag die AfD am Ende geschwächt haben könnte.

Juli Zeh bei "Markus Lanz"
In der Diskussion um die Brandmauer zur AfD rätselte Juli Zeh über den richtigen Umgang mit der Partei. Es sei "die Wahl zwischen Pest und Cholera". © ZDF / Markus Hertrich

Eine Annahme, die Juli Zeh nicht teilen konnte: "Ich bin mir nicht sicher, ob Sie recht haben, wenn Sie sagen, das hat der AfD Stimmen weggenommen." Auch Journalistin Anna Lehmann reagierte skeptisch, denn die AfD habe mit der Abstimmung im Bundestag gezeigt, "dass sie die Meinungsmacht haben" und "die anderen politischen Parteien zu Vorschlägen" treiben können, "wo sie sagen: 'Das sind ja genau unsere Vorschläge'".

Manfred Lütz konterte daraufhin lautstark: "Aber das ist doch ein Argument für AfD-Wähler, vielleicht dann doch die Union zu wählen!" Juli Zeh hielt weiter dagegen: "Auf gar keinen Fall. Man wählt das Original und nicht die Kopie." Der Theologe schüttelte entschieden mit dem Kopf: "Die These halte ich für ganz falsch. (...) Wenn man Probleme, die es wirklich gibt, nicht behandelt und das war beim Migrationsthema der Fall dann unterstützt man sie." Ein Argument, das Juli Zeh so nicht unterschreiben konnte, denn: "Mein Eindruck ist, dass Migration ein wichtiges Thema ist, aber noch nicht mal das alles bestimmende."

Die Offenbarung des Abends

Spätestens beim Kanzlerduell wurde deutlich, dass Scholz und Merz sich nicht nur auf inhaltlicher Ebene unterscheiden, sondern auch von der Außenwirkung nicht unterschiedlicher sein könnten. Während Markus Lanz die Debatte als "gesittet und zivilisiert" lobte, schätzte Anna Lehmann ein: "Friedrich Merz wirkte insgesamt staatstragender und lockerer. Und Olaf Scholz wirkte zuweilen giftig und angriffslustiger." Journalist Marc Felix Serrao merkte an, dass es zwar keinen "klaren Gewinner" gab, doch Scholz wirkte "nicht wie der Amtsinhaber (...), sondern wie ein ziemlich zerknirschter Herausforderer". Er befand: "Ich fand den Ton manchmal nahezu schrill."

Auch auf inhaltlicher Basis zog der Journalist über den Kanzler her, als er sagte: "Ich fand Scholz inhaltlich bei ganz vielen Themen wirklich schwach. Ich fand ihn beim Thema Migration schwach, ich fand ihn beim Thema Wirtschaft schwach." Eine Ansicht, die Lütz teilen konnte. Er ergänzte streng: "Wenn ich Scholz heute erlebt habe und ich stelle mir vor, der kommt mit seiner Aktentasche zu Donald Trump der wird nicht ernst genommen!"

Manfred Lütz bei "Markus Lanz"
"Der wird nicht ernst genommen", sorgte sich Theologe Manfred Lütz vor einer Wiederwahl von Olaf Scholz. © ZDF / Markus Hertrich

Laut Lütz habe Merz das bessere Gespür dafür, wie man Europa zusammenhalten könne, denn: "Scholz ist ja, ich will nicht sagen autistisch, aber er hat ein Kommunikationsproblem." Der Theologe stellte daher klar: Wenn Scholz weiter Bundeskanzler wäre (...), wäre das für die Wirtschaft (...) eine Katastrophe."

Der Erkenntnisgewinn

Bei "Markus Lanz" stellte Marc Felix Serrao klar, dass die jüngsten Debatten rund um die Abstimmung zum Fünf-Punkte-Plan der Union die deutsche Demokratie wiederbelebt hätten, denn: "Ich habe in diesen Tagen erlebt, dass das ganze Land wie elektrisiert auf das Parlament geschaut hat. Dass auf einmal ein Interesse an diesen Debatten da war, wie es das seit Jahrzehnten nicht gegeben hat."

Als Lanz wissen wollte, wie realistisch der Erhalt einer Brandmauer zur AfD am Ende wirklich sei, reagierten die Gäste verhalten. Der ZDF-Moderator merkte daraufhin an, dass gemeinsame Abstimmungen mit der AfD auf kommunaler Ebene schon längst gang und gäbe seien. Und die Kommunen seien am Ende der Ort, an dem die Politik stattfinde.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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Teaserbild: © ZDF / Markus Hertrich