Mit ihren Gästen diskutierte Moderatorin Maybrit Illner über die schwierige politische Weltlage. Welche Rolle sollte Europa im Spiel der Supermächte einnehmen?

Christian Vock
Eine Kritik
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"Trump und Putin – Welt im Umbruch?", fragte Maybrit Illner an diesem Donnerstagabend, als sei die Welt nicht permanent im Umbruch. Konkret ging es Illner an diesem Abend aber um die Lage in Syrien, in der Ukraine und in den USA. Dazu gab es viele Erklärungen, manche Forderungen und einen deutlichen Rüffel für jemanden, der an diesem Abend gar nicht dabei war.

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Mit diesen Gästen diskutierte Maybrit Illner

Manfred Weber (CSU): In Bezug auf die Machtübergabe Bidens an Trump fordert Weber, Europa müsse nicht nur ökonomisch, sondern auch militärisch und diplomatisch "ein Faktor in der Welt" werden. Sollte Putin in der Ukraine gewinnen, dann sei auch China, das aktuell im Fokus der USA stehe, der Gewinner, so Weber. Für den CSU-Mann ein Hebel im Umgang mit Donald Trump: "Wenn China der große Gewinner dieser Entwicklung ist, dann ist auch Trump keiner, der sagt: 'Ich lass denen den Erfolg.'"

Omid Nouripour (Grüne): Nouripour war bis vor kurzem Grünen-Vorsitzender und sagt über seine Partei: "Wir glauben fest, dass man der Ukraine beistehen muss." Nouripour ist der Meinung, die Deutschen hätten es in Bezug auf die Ukraine verdient, dass man ihnen "die Geradeaus-Wahrheit" sage. Diese Geradeaus-Wahrheit sei: "Die Wahl, den Krieg zu beenden, hat bisher nur Putin."

Katrin Eigendorf: Die ZDF-Journalistin beraubt das Verhältnis des Westens zu Russland seiner Illusionen. "Russland versucht nicht, sich einzumischen, Russland befindet sich im Krieg mit uns." Dieser Krieg werde auf hybride Art geführt und zwar um über Flüchtlingsbewegungen, Manipulation der Medien und der öffentlichen Meinung, über Stärkung von extremen Randgruppen Europa zu destabilisieren. "Wir sehen die Konsequenzen in Deutschland am schärfsten", so Eigendorf.

Mariam Lau: Lau ist ebenfalls Journalistin ("Die Zeit"). Sie sagt über den Fall des Assad-Regimes und über die ausbleibende Hilfe Russlands, dass man zum einen gesehen habe, dass die vom Iran erklärte "Achse des Widerstands" "praktisch demontiert ist". Außerdem sagt Lau über Russlands syrisches Engagement, man habe gesehen, "dass eine Atommacht besiegbar ist." Über die weitere Entwicklung in Syrien sagt Lau: "Demokratie ist eine viel zu hoch gehängte Forderung. Eine Nation wär erstmal schön."

Der Politikunterricht des Abends

Der ehemalige Trump-Sicherheitsberater, John Bolton, ist aus Washington zugeschaltet und versucht an diesem Abend, Illner, ihre Gäste und die Zuschauer in die aktuelle Weltlage und in die Gedankenwelt eines Donald Trump einzuführen. So erklärt Bolton etwa, dass es seit längerem die Ausbildung einer russisch-chinesischen Achse gebe. Dass Putin nordkoreanische Soldaten einsetze, sei seinen hohen Verlusten geschuldet. Gleichzeitig wisse man nicht, was Putin Nordkorea dafür gegeben habe, etwa nukleare Technologie oder ballistische Raketen. "Das ist eine sehr verstörende Entwicklung", so Bolton.

"Ich glaube, wenn Trump, so wie er es in seiner Wahlkampagne gesagt hat, dass er Selenskyj und Putin zusammenbringen würde und dann den Krieg in 24 Stunden lösen möchte – das wird natürlich nicht passieren." Das werde aber nicht Trumps Schuld sein, "weil nichts je die Schuld von Trump ist", erklärt Bolton. Die Wahl Trumps sei genau das, was sich Putin gewünscht habe, sehe er ihn doch als leichten Gegner.

Sollte Trump von Putin Verhandlungen fordern, würde Putin nach kurzem Zögern sagen: "Okay, Donald, für dich werd ich das tun." Dann sehe Trump aus wie ein Gewinner "und das ist das Allerwichtigste für Trump", so Bolton. "Ich glaube, dass Putin damit auch die Möglichkeit hätte, aus einem Krieg auszusteigen, der die Russen sehr viel gekostet hat, Geld, aber auch Blut." Gleichzeitig hätte sich Putin bei einem schnellen Waffenstillstand auch noch gut 20 Prozent der Ukraine einverleibt, erklärt Bolton weiter.

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Der Satz des Abends

Maybrit Illner konfrontiert die Runde mit einer Aussage des ehemaligen Gesundheitsministers, Jens Spahn, kurz nach dem Sturz Assads. "Wie wäre es, wenn die Bundesregierung sagt: Jeder, der zurück will nach Syrien, für den chartern wir Maschinen, der bekommt ein Startgeld von 1.000 Euro“, schlug Spahn da vor.

Mariam Lau findet es grundsätzlich nicht verwerflich, darüber nachzudenken, "ob Schutzgründe entfallen". „"Muss man irgendwann auch machen", erklärt Lau. Die Journalistin hält aber den Zeitpunkt für solche Gedanken für schlecht. Gerade erst habe man die schrecklichen Bilder aus syrischen Gefängnissen gesehen und so findet Lau: "Das ist vielleicht so ein Moment, wo man einfach mal ein paar Tage die Klappe halten sollte." Angesichts der "historische Dimensionen" wirkten Spahns Worte "auch so ein bisschen klein", kritisiert Lau, dass Spahn offenbar die Größe des Moments verkennt.

So schlug sich Maybrit Illner

Prinzipiell hatte Maybrit Illner als Moderatorin einen ruhigen Abend. Denn Omnid Nouripour und Manfred Weber waren weder in Streitlaune noch im Wahlkampfmodus, sondern konnten sich der Sache widmen. Katrin Eigendorf und Mariam Lau hatten ohnehin keine Agenda und bereicherten die Diskussion mit ihren Einschätzungen über Parteigrenzen hinweg. So eine sachliche Atmosphäre ist knapp zwei Monate vor einer Bundestagswahl keine Selbstverständlichkeit, der Diskussion und dem Zuschauer tat das aber gut.

So hatte Illner lediglich einen Interventionskurzeinsatz. Manfred Weber hielt zuerst ein Plädoyer für das Erwachsenwerden Europas auch in militärischer Hinsicht. Wie CDU-Chef Merz könne sich Weber aber deutsche Soldaten in einer europäischen Friedenstruppe nur nach vorheriger Konsultation mit den anderen europäischen Staaten vorstellen – aus historischer Verantwortung. Nicht einzelne Nationen würden Soldaten schicken, sondern Europa würde Verantwortung in diesem Konflikt übernehmen und zwar mit "europäischen Truppen", so Weber. Da hakt Illner nach: "Dann wären ja trotzdem Deutsche dabei." Das sei für Weber aber "eine ganz andere Tonlage".

Das Fazit

Es war trotz der doch recht unruhigen Weltlage ein ungewohnt ruhiger Abend, weil es den Beteiligten doch im Wesentlichen um die Sache ging. Lediglich zweimal musste Manfred Weber alleine schon aus Solidaritätsgründen seine Kollegen Merz und Spahn unterstützen. Gleichzeitig sorgte Weber auch für Aussagen, die man in dieser Form noch nicht so oft gehört hat. "Es liegt an uns, ob wir bereit sind, unsere Aufgaben zu erledigen", erklärt etwa Manfred Weber und sagt dann über die wirtschaftlichen Fähigkeiten Europas: "Natürlich schaffen wir es, zu kompensieren, wenn die Amerikaner aussteigen würden, theoretisch."

Auch Katrin Eigendorf hat etwas zur Wirtschaftsleistung zu sagen, allerdings zur russischen. Als Weber fragt, welches Interesse Putin an einem Frieden hätte, erklärt Eigendorf: "Wir haben die traurige Situation, dass wir eigentlich jetzt ein großes Momentum hätten, die Ukraine in diesem Krieg viel, viel stärker zu unterstützen. Weil Russland zahlt jetzt, das sehen wir an den Wirtschaftsdaten, endlich den Preis für diesen Krieg."

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Teaserbild: © ZDF/Svea Pietschmann