Nach den Landtagswahlen im Osten stellt sich für viele die Frage, inwieweit die AfD im politischen Geschehen mit involviert werden muss. Bei "Markus Lanz" äußerte sich Tino Chrupalla zum Wahlsieg seiner Partei und zeigte sich erneut offen für Koalitionsgespräche mit der CDU.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Seit 2021 stuft das Landesamt für Verfassungsschutz die Thüringer AfD als "erwiesen rechtsextremistisch" ein. Das Gleiche gilt für den sächsischen Landesverband der AfD. Auch aufgrund dieser Tatsachen lehnen alle anderen Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD ab.

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Bei "Markus Lanz" ließ sich AfD-Co-Vize Tino Chrupalla davon aber nicht beeindrucken und erklärte erneut, dass seine Partei in Thüringen einen klaren Regierungsauftrag bekommen habe.

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Die AfD ist bei der Landtagswahl in Thüringen mit über 32 Prozent der Wählerstimmen stärkste Kraft geworden. Eine Regierungsbildung ist trotzdem nicht in Sicht, da keine Partei mit der AfD - und deren Spitzenkandidat Björn Höcke - koalieren will.

Am Mittwochabend sprach Markus Lanz dennoch über die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit dem BSW oder der CDU. Während Tino Chrupalla Schnittmengen mit der CDU erkannt haben wollte, schloss BSW-Politiker Fabio De Masi ein Bündnis kategorisch aus.

Das sind die Gäste

  • Tino Chrupalla, AfD-Co-Vorsitzender: "Wir haben in Thüringen einen klaren Regierungsauftrag."
  • Martin Machowecz, Journalist: "Es gibt kein Recht auf Regierungsbeteiligung. Das ist schlicht Demokratie."
  • Fabio De Masi, BSW-Politiker: "Unser Interesse ist eine stabile Regierung in Thüringen."
  • Ines Geipel, Schriftstellerin: "Vor fünf Jahren war die Gesellschaft noch sehr in Abwehr, was die AfD angeht. Heute ist sie Volkspartei."
Markus Lanz, Tino Chrupalla, Fabio De Masi, Ines Geipel, Martin Machowecz
Am Mittwochabend diskutierte Markus Lanz (l.) mit AfD-Co-Chef Tino Chrupalla (2.v.l.), BSW-Politiker Fabio De Masi (Mitte), Schriftstellerin Ines Geipel und Journalist Martin Machowecz. © ZDF / Cornelia Lehmann

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Ist der Aufstieg der AfD unaufhaltsam? Mit Blick auf den Wahlerfolg der AfD in Thüringen und Sachsen sagte Tino Chrupalla bei "Markus Lanz" voraus, dass ähnliche Ergebnisse auch im Westen des Landes zu erwarten seien, denn: "Der Osten ist im Prinzip das Thermometer der Bundesrepublik Deutschland." Besonders in Ostdeutschland müssten viele Menschen aufgrund der aktuellen Politik der Bundesregierung um ihre Existenz bangen, war sich Chrupalla sicher.

Die in Dresden geborene Schriftstellerin Ines Geipel unterbrach den Politiker jedoch und sagte, dass die Existenzangst vielmehr durch dessen "Gehetze" komme. Chrupalla konterte: "Wo hetze ich jetzt? Warum sind Sie so böse jetzt?" Geipel stichelte unbeeindruckt zurück: "Ich bin nicht böse!" Auch BSW-Politiker Fabio De Masi mischte sich in die Debatte mit ein und sagte in Richtung Chrupalla, dass die AfD ohne Zweifel "zu Recht bestimmte Dinge" in der aktuellen Bundesregierung beklage.

Er sehe jedoch in dem AfD-Parteiprogramm das Problem, dass am Ende viele Dinge noch schlechter werden würden. "Insofern machen Sie den Leuten natürlich etwas vor und Sie würden denen ganz schnell die Hosen runterziehen", so De Masi. Chrupalla schüttelte entschieden mit dem Kopf: "Das ist eben nicht der Fall!" Der AfD-Co-Vorsitzende lenkte die Debatte stattdessen auf die Regierungsbildung in Thüringen und Sachsen und stellte klar, "dass dieser Wählerwille abgebildet sein sollte und muss".

Doch mit welchem Koalitionspartner? BSW-Politiker Fabio De Masi schloss bei "Markus Lanz" eine Zusammenarbeit mit der AfD aus und sagte, dass das BSW "nicht mit einer Partei regieren" werde, die "in Teilen völkisches, auch rassistisches Gedankengut" vertrete. Gleichzeitig stellte er jedoch auch klar, "dass die Auseinandersetzung mit der AfD inhaltlich erfolgen muss".

Als Lanz nachhakte, ob eine Zusammenarbeit ohne Björn Höcke denkbar wäre, wiegelte De Masi ab, dass es trotzdem "keine politischen Schnittmengen" gebe: "Es trennen uns von der AfD ja in bestimmten Punkten auch Welten." Mit Blick auf Tino Chrupalla wollte der ZDF-Moderator deshalb wissen, ob sich die AfD eine Koalition mit der CDU vorstellen könne. Chrupalla antwortete schwammig, dass es erstmal Gespräche geben müsse, um zu sehen, wo Schnittmengen lägen: Aber "sicherlich gibt es einige".

Laut Chrupalla habe Michael Kretschmer bereits in Sachsen "einen Wahlkampf gemacht mit AfD-Themen" rund um den Ukrainekrieg und die Stationierung von Langstreckenraketen. Eine Aussage, die Lanz stutzig machte: "Haben Sie Copyright auf bestimmte Themen?" Chrupalla schüttelte zwar mit dem Kopf, merkte jedoch an, dass Kretschmer genau gewusst habe, "wie man in Sachsen die Bevölkerung überzeugt". "Er hat eine komplett andere Linie gefahren (...) als Herr Merz oder Herr Kiesewetter", so der AfD-Mann. Lanz konterte trocken: "Das darf er ja! Merz hat ihn offensichtlich ähnlich wenig im Griff wie Sie den Höcke." Chrupalla reagierte lachend: "Wir sind erwachsene Menschen. Es braucht doch niemand den anderen im Griff haben."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Nicht nur Chrupalla wurde in der Runde in die Mangel genommen, sondern auch BSW-Politiker De Masi bekam sein Fett weg. Er echauffierte sich zunächst über die Wirtschaftskrise in Ostdeutschland und sprach von einem "Energiepreis-Schock", in dessen Folge die Ampelregierung nach Beginn des Ukrainekrieges nicht genug öffentlich investiert habe: "Wenn dann die Löhne hinterherhinken über eine längere Zeit, haben Sie einen Kaufkraftverlust", so De Masi. Lanz reagierte mit einem irritierten "Ich würde Sie gerne weiter ernst nehmen wollen" und fragte stichelnd: "Der Preis pro Kilowattstunde war bei Kriegsbeginn bei ungefähr 12 Cent. Wo liegt er jetzt für Privathaushalte?"

Der BSW-Politiker antwortete zögerlich: "Acht. Ratespiele mache ich nicht." Lanz reagierte patzig: "Sie sind doch Ökonom!" Er fügte wütend hinzu: "Das ist kein Ratespiel! (...) Wenn man mit solchen Argumenten kommt (...), dann muss man die Zahlen doch auch parat haben." De Masi lenkte daraufhin ein: "Sie wollen belegen, dass sich der Energiepreis wieder zurückgebildet hat. Dem widerspreche ich ja gar nicht! Ich sage nur, dass die Kaufkraft der Menschen deswegen noch nicht wieder auf dem Niveau ist, wo sie sein sollte."

Lanz kritisierte dennoch die Haltung von De Masi, der die "böse Energiepolitik der bösen Bundesregierung" für alle Probleme verantwortlich mache. Als der BSW-Mann mit dem Kopf schüttelte und sich über die "katastrophale politische Reaktion der Ampel" ausließ, erklärte Lanz, dass es ihm "um ein politisches Argument" gehe und er deshalb "so einen kleinen populistischen Ausfallschritt dann an der Stelle so nicht durchgehen lassen" könne. Ein Argument, das De Masi wütend machte: "Ein Energiepreis-Schock ist ein populistischer Ausfallschritt?" Lanz konterte abschließend: "Nein, Herr De Masi! Sie sind wirklich viel zu klug, um jetzt das so billig abzukürzen! Sie wissen genau, dass es so nicht gemeint ist!"

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz legte sich mehrmals verbal mit Tino Chrupalla an und brachte ihn hin und wieder in Bedrängnis. Besonders aus dem Konzept brachte er den AfD-Politiker, als er ihn nach seiner Verbindung zu Russland und seinem pro-russischen Gedankengut fragte. "Ist das Denken schon verboten?", konterte Chrupalla genervt. Über sein Treffen mit Außenminister Sergej Lawrow sagte er derweil stichelnd: "Was ist daran schlimm, dass man Gespräche führt, Herr Lanz?"

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

"Was jetzt?", wollte Markus Lanz mit Blick auf die Regierungsbildung nach den Landtagswahlen im Osten wissen. AfD-Politiker Tino Chrupalla gab sich in der Sendung siegessicher und sagte: "Natürlich werden wir allen Parteien, die es gut mit Thüringen und Sachsen meinen, Gesprächsangebote machen."

Journalist Martin Machowecz hielt jedoch dagegen: "Die CDU wäre völlig wahnsinnig, wenn sie jetzt eine Koalition mit der AfD in Erwägung ziehen würde." Trotzdem befürchtete Machowecz, dass die AfD in fünf Jahren noch besser abschneiden könnte, sollte die CDU nun mit dem BSW koalieren. "Mir macht das schon Sorgen", so der "Zeit"-Vize, der ergänzte, dass die nächsten Jahre "wahnsinnig entscheidend (...) für die Zukunft der Demokratie" seien.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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