Eine starke AfD und eine Wahlschlappe für viele Parteien der politischen Mitte: In Thüringen könnte es zu einem politischen Dilemma kommen. Bei "Markus Lanz" musste CDU-Vizechefin Karin Prien hinsichtlich der schwierigen Regierungsbildung viel Kritik einstecken. Derweil sprach Musiker Sebastian Krumbiegel eine Warnung aus.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Was jetzt?", fragte Markus Lanz in seiner Sendung in Bezug auf die drohende Unregierbarkeit in Thüringen. Während CDU-Vizechefin Karin Prien weiterhin auf den Unvereinbarkeitsbeschluss pochte, hielt Linken-Politiker Jan van Aken eine Kooperation mit der CDU nicht für ausgeschlossen und machte deutlich, dass der Kampf gegen den Faschismus über allem stehen müsse.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Die AfD geht nach den jüngsten Landtagswahlen mit 32,8 Prozent als stärkste Kraft in Thüringen hervor. Als Wahl-Verlierer muss sich derweil die Linke und damit auch Ministerpräsident Bodo Ramelow geschlagen geben. Mit gerade einmal 13,1 Prozent ist die Partei nur noch viertstärkste Kraft in Thüringen - hinter der AfD, CDU und dem BSW. Grund genug für Markus Lanz, am Dienstagabend die schwierige Frage zu stellen, ob die CDU am Ende gezwungen sein wird, trotz ihres Unvereinbarkeitsbeschlusses mit den Linken zu kooperieren.

Das sind die Gäste

  • Karin Prien, CDU-Vizevorsitzende: "Die CDU befindet sich natürlich in einer wirklichen Dilemma-Situation."
  • Jan van Aken, Linken-Politiker: "Wir müssen verhindern, dass die AfD jemals an die Schalthebel der Macht kommt."
  • Kerstin Münstermann, Journalistin: "Friedrich Merz, der angebliche Anti-Merkel, ist im Osten kein richtiger Verkaufsschlager."
  • Sebastian Krumbiegel, Musiker: "Es muss immer klar sein: Demokraten müssen miteinander reden."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Die CDU-Vizevorsitzende Karin Prien bezeichnete die jüngsten Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen als "eine echte Zäsur in der deutschen Geschichte" und gab zu, dass eine Regierungsbildung "extrem schwierig" sein wird. "Die CDU befindet sich natürlich in einer wirklichen Dilemma-Situation." Die Politikerin ergänzte nachdenklich, dass die CDU, mittlerweile "die einzige Partei aus dem Mittespektrum" sei, "die überhaupt noch irgendeine maßgebliche Rolle spielt in Thüringen und in Sachsen".

Andere Parteien wie die Grünen oder FDP finden laut Prien derweil "faktisch nicht mehr statt". Dies führe zu einer verzwickten Lage, da lediglich Parteien zur Auswahl stünden, "mit denen man gar nichts zu tun haben will". Markus Lanz hakte prompt nach: "Wen meinen Sie da genau?" Prien antwortete schwammig: "Ich wäre froh, wenn in Thüringen und Sachsen die Grünen und die SPD und die FDP zur Verfügung stünden, (...) aber das ist ja nun mal nicht so."

Deutlicher wurde Karin Prien, als sie ihre Meinung zum "Bündnis Sahra Wagenknecht" äußerte: "All diese Dinge, die sind mir so fremd, wie sie mir nur fremd sein können!" Dennoch müssten sich nun die Verantwortlichen in Thüringen und Sachsen die Zeit nehmen, "darüber nachzudenken, ob irgendeine Konstellation funktioniert". Dies brachte Lanz auf die Linkspartei sowie die AfD zu sprechen. Daraufhin beteuerte die CDU-Politikerin jedoch streng, dass bei der AfD der Unvereinbarkeitsbeschluss feststünde: "Da gibt's überhaupt nichts dran zu rütteln. Es wird keine Gespräche mit der AfD geben. Das Thema ist durch!"

Prien ergänzte, dass auch mit Blick auf die Linke der Unvereinbarkeitsbeschluss nach wie vor gilt. "Gilt der anders als der für die AfD?", hakte Lanz interessiert nach. Prien reagierte erneut schwammig: "Er gilt für beide." Dennoch sei der Beschluss mit Blick auf die AfD "schon nochmal was anderes", denn: "Wir reden über die AfD von Björn Höcke. Wir reden über einen Mann, den man in Deutschland einen Nazi nennen darf - ohne, dass man dafür Ärger kriegt."

Lanz zeigte sich irritiert: "Also das eine 'Nein' ist ein anderes 'Nein' als das andere 'Nein'?" Karin Prien nickte: "Ein Stück weit, ja." Gleichzeitig fügte sie hinzu, dass es trotzdem mit der Linken "keine Koalition" und "keine vergleichbare Art der Zusammenarbeit" geben könne: "Damit müssen wir umgehen und da muss man vielleicht (...) sich trennen von der Vorstellung, dass man hier Koalitionen bilden kann, wie wir es aus dem Westen gewohnt sind."

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Das ist das Rede-Duell des Abends

Linkspolitiker Jan van Aken reagierte wütend auf die Diskussion rund um den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU und sagte: "Ich habe seit 40 Jahren einen inneren Unvereinbarkeitsbeschluss mit der CDU. Aber wenn es gegen den Faschismus geht, dann bin ich sogar bereit - und dafür kriege ich bestimmt auch Haue zu Hause - (...) zu sagen: dann muss man eine CDU-Regierung tolerieren. Das ist einfach so, weil, wenn wir die AfD in die Nähe der Schalthebel der Macht lassen, dann regiert der Faschismus hier in Deutschland."

Ähnlich emotional sprach auch der in Leipzig geborene Musiker Sebastian Krumbiegel über die Zustände im Osten - allen voran in Thüringen. "Diese Unvereinbarkeit - ich verstehe sie nicht", so Krumbiegel. Er warnte eindringlich: "Was da auf den Straßen los ist und was da wirklich an Faschismus passiert, der mittlerweile in die Mitte der Gesellschaft gerückt ist - ihr habt keine Ahnung, was da wirklich auf uns zurollt!"

Karin Prien blieb dennoch bei ihrer Meinung und sagte deutlich: "Es gibt einen Unvereinbarkeitsbeschluss, der steht. Und damit (...) muss die Thüringer Landespartei jetzt (...) umgehen." Journalistin Kerstin Münstermann platzte daraufhin der Kragen. Sie äußerte ihr Unverständnis, dass die CDU eine Zusammenarbeit mit der Linken ausschließe, aber mit dem BSW in Betracht ziehe - einer Partei, deren Mitglieder ehemalige Linke seien. "Das ist doch völliger Humbug", urteilte Münstermann.

Prien konterte unbeeindruckt: "Ich bleibe dabei, der Beschluss steht!" Münstermann schoss zurück, dass "die Grundsätze vom BSW (...) doch nicht näher an der CDU dran" seien. Darauf sagte Prien nüchtern: "Ich kann das nicht beurteilen." Sie ergänzte, dass das BSW "zumindest in gesellschaftspolitischen Fragen, in migrationspolitischen Fragen doch ein bisschen andere Positionen vertritt als die Linke".

Markus Lanz schüttelte mit dem Kopf: "Man sagt sehr viel und am Ende ist aber nicht klar, was Sie wirklich meinen." Der Moderator zog weiter vom Leder: "Frau Wagenknecht war in der SED (...), Herr Ramelow nicht!" Karin Prien versuchte verzweifelt, sich zu verteidigen: "Ich habe überhaupt gar keine Sympathien mit Frau Wagenknecht und ihren Positionen. Null!"

Jan van Aken mischte sich daraufhin in die Debatte mit ein und stellte mit strengem Blick fest, dass der Unvereinbarkeitsbeschluss niemanden interessieren sollte, denn: "Die Menschen wollen, dass das Land funktioniert!" Der Linkspolitiker fügte hinzu: "Wir hatten eine Zäsur vor zwei Tagen. Es ist eine Katastrophe in Deutschland passiert und wir reden darüber, ob die CDU irgendeinen komischen Beschluss gefasst hat! (...) Um eine Sache muss es gehen: alle zusammen gegen den Faschismus!"

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz hatte große Mühe, Karin Prien und Jan van Aken im Zaum zu halten. Die beiden Politiker stritten sich im Laufe der Sendung nicht nur über Waffenlieferungen an die Ukraine, sondern auch über die deutsche Migrationspolitik. "Sie beide haben gleich noch Gesprächsbedarf", bilanzierte Lanz am Ende der Sendung.

Mit Blick auf eine mögliche Regierungsbildung in Sachsen und Thüringen stellte die CDU-Vizechefin jedoch fest: "Kann man überhaupt ein Vertrauensverhältnis aufbauen? (...) Da müssten wir beide, glaube ich, noch ziemlich viele Abende miteinander diskutieren, um das zu schaffen."

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Im Laufe der Sendung wollte Markus Lanz von CDU-Vizechefin Karin Prien wissen, ob der Unvereinbarkeitsbeschluss ein Fehler gewesen sein könnte. Prien wiegelte jedoch ab: "Das sehe ich nicht so." Linken-Politiker Jan van Aken konterte derweil sorgenvoll, dass der Beschluss hinderlich sein könnte, denn: "Wir stehen vor einer zentralen Aufgabe, die müssen wir in ganz Deutschland lösen. (...) Wir müssen verhindern, dass die AfD jemals an die Schalthebel der Macht kommt." In der Konsequenz müsse man nun auf die Suche nach "inhaltlichen Überschneidungen" gehen und auch "über irgendwelche Grenzen springen".

Diesen Ansatz unterstützte Karin Prien nur teilweise. Sie warnte davor, aus dem Westen heraus kluge Ratschläge von der Seitenlinie an den Osten des Landes zu geben, "weil das einfach nicht funktioniert. Die Welt ist dort eine andere."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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