Am Mittwochabend diskutieren Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Politikwissenschaftler Christian Hacke über die Lage in der Ukraine und in Taiwan. Als Hacke einen Vergleich zwischen der Verteidigungswürdigkeit beider Länder zieht, hebt die FDP-Politikerin ein verbales "No-Go!"-Schild hoch. Leider ohne "No-Go!"-Schild läuft das Gespräch zwischen Reinhold Messner und Sandra Maischberger.
Die Themen des Abends:
Mit
Mit diesen Gästen diskutierte Sandra Maischberger:
Christian Hacke
Politikwissenschaftler Hacke war unter anderem Professor an der Universität der Bundeswehr Hamburg. Über die Botschaft hinter der Tatsache, dass in Russland nun auch eine digitale Einberufung bindend ist, sagt Hacke: "Es ist nun eindeutig, dass dieser Mann in finsterer Entschlossenheit ist, nun auch seine Truppen aufzustocken."
Hackes Plan A ist, "dass die Ukrainer durchstoßen bis an die Grenze der Krim und im Osten Gebiete zurückgewinnen". In der aktuellen Situation sei es am besten, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Dazu müssten aber beide Seiten verhandlungsbereit sein, was Hacke aber bei Putin nicht sehe. Einen Sieg der Ukrainer sehe er aber auch nicht. In diesem vermuteten Patt müsse der Westen auch die Ukraine zu Verhandlungen auffordern. "Der Westen muss sich diplomatisch stärker engagieren!", so Hacke.
Marie- Agnes Strack-Zimmermann (FDP)
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses sagt: "Wenn wir die Ukraine nicht unterstützt hätten, […] hätte die Ukraine diesen Krieg bereits verloren. […] Insofern war das das Richtige." Zu einer roten Linie hat Strack-Zimmermann zwei klare Botschaften "Es wird keine westlichen Flugzeuge in der Ukraine geben." Außerdem sagt Strack-Zimmermann: "Es wird keine westlichen Bodentruppen in der Ukraine geben."
Zu Hackes Forderung nach Verhandlungen und den Vernichtungswillen Putins erklärt die FDP-Politikerin, dass man dafür auch ein verhandlungsbereites Gegenüber brauche und zieht folgenden Vergleich: "Wenn ich zu Ihnen sage: 'Ich möchte Sie ermorden' und Sie sagen: 'Ich würde aber gerne darüber sprechen, wenigstens zwei Arme und zwei Beine zu behalten', dann wird es schwierig."
Reinhold Messner
Der Bergsteiger und Autor sagt über die "Fridays for Future"-Bewegung: "Das finde ich super, was die machen", es käme nur darauf an, was sie machen. Über die "Letzte Generation" hingegen urteilt der 78-Jährige: "Da ist Hopfen und Malz verloren." Der Grund: Die Aktivisten würden "versuchen, uns zu erpressen." Laut
Über Wladimir Putin sagt Messner: "Ich sehe in Putin einen kleinen, verletzten, beleidigten Mann, der bis zum Äußersten gehen wird. Es ist keine Vernunft in diesem Mann. Da ist nur Hass und Wut." Das habe man in der Geschichte schon oft gehabt. "Und es ist immer gleich geendet", so Messner. Zum Verhältnis zu China meint Messner: "Wir haben keinen Einfluss auf China. China geht seinen Weg." Vor allem in der Wirtschaft würde sich das Land die Ressourcen auf der Welt holen.
Constantin Schreiber
Über die Forderung des unterfränkischen Landrats Jens Marco Scherf von den Grünen nach Entlastung bei der Unterbringung und Integration von Geflüchteten, sagt Schreiber, dass das kein Problem nur von kleineren oder ländlichen Kommunen sei: "Ich kenne das auch aus Berlin und Hamburg."
Kristina Dunz
Dunz ist stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros vom Redaktionsnetzwerk Deutschland. Zur Lieferung von Kampfjets sagt Dunz, Olaf Scholz habe die Debatte bisher umgehen können, da bisher eher F16 gefragt gewesen und MiG 29 geliefert worden seien. Allerdings gibt Dunz zu bedenken: "Diese Maschinen sind endlich. […] Dann sind wir ganz schnell wieder bei der Frage: Was macht der Westen jetzt? Wird es jetzt die F16 geben? Und wie werden die NATO-Partner da zusammenstehen?", sagt Dunz und greift die Logik der verbundenen Waffen auf: "Was kommt nach Kampfjets? Die Frage darf uns nicht überraschen? Es können nur noch Bodentruppen kommen."
"Es sind ganz entscheidende Lehren nicht gezogen worden", sagt Dunz über die Versorgung von Geflüchteten. Es sei richtig, dass es keine Obergrenze für Menschlichkeit geben darf, wie Innenministerin Faeser sagt. "Die Kommunen haben aber tatsächlich eine Obergrenze an Wohnraum, Kitas oder medizinischer Versorgung", so Dunz. Daher sei es für eine Innenministerin nicht sehr geschickt, darüber zu klagen, dass die Kommunen mehr Geld wollen.
Christoph Schwennicke
Schwennicke ist Journalist, war unter anderem Chefredakteur des "Cicero". Über die Aussage
Für Schwennicke war eine Diskussion über Kampfjets für die Ukraine absehbar, denn die gelieferten Panzer würden nur im Verbund mit anderen Waffengattungen gut agieren können.
Darüber, dass die FDP den Gesetzentwurf zur Heizungsmodernisierung mit einer Protokollnotiz versehen ließ, obwohl klar sei, dass Gesetzesentwürfe ohnehin immer noch im Bundestag diskutiert werden, sagt Schwennicke: "Es bringt einen unnötigerweise, aus meiner Sicht, in so eine Beleidigte-Leberwurst-Position, in der sich die FDP für meine Begriffe schon viel zu oft wiedergefunden hat."
Der Schlagabtausch des Abends:
Den liefern sich Agnes-Strack Zimmermann und Christian Hacke, als der Professor in der Diskussion um den Umgang mit China einen steilen Vergleich zwischen Taiwan und der Ukraine wagt. "Es heißt, dass in Taiwan dieselben Sachen verteidigt werden wie in der Ukraine, nämlich eine liberale Demokratie, westliche Werte – das sehen Sie nicht so?", fragt Maischberger und Hacke antwortet: "Überhaupt nicht. Taiwan ist eine Musterdemokratie, ein Land, was verteidigt werden muss! […] Taiwan ist verteidigungswürdig!"
"Und die Ukraine nicht?", geht Strack-Zimmermann bereits hier dazwischen und sagt später: "Das ist ein No-go!" Immerhin über die Menschenrechtsverbrechen in der Ukraine ist man sich einig.
So schlug sich Sandra Maischberger:
Insgesamt hat Maischberger an diesem Abend eine gute Mischung aus "Laufen lassen" und "Einschreiten" gefunden – nur nicht bei der Diskussion zwischen Christian Hacke und Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Hier unterbrechen sich die beiden Diskutanten gegenseitig mehrfach, was an sich schon schwierig ist. Doch Maischberger mischt bei der Ins-Wort-Fallerei selbst kräftig mit.
In einer alltäglichen Diskussion ist so etwas keiner Rede wert, doch in einer Polittalkshow ist das eine andere Nummer. Denn hier gibt es eine dritte Partei, nämlich den Zuschauer, und der möchte schlicht hören, was die Gäste zu sagen haben.
Das Fazit:
Es ist ein Abend mit Licht und Schatten. Bei den Themen der Woche bleibt vieles an der Oberfläche, insbesondere die Diskussion über den Gesetzesentwurf zur Heizungssanierung. Hier bleibt es nur bei der Auseinandersetzung mit politischen Winkelzügen und der Kritik am Gesetzesentwurf. Das kann man natürlich alles machen, aber wesentlich interessanter wäre doch einmal die Frage gewesen: Was ist denn die Alternative dazu? Eine Politik des bisherigen "Weiter so!" bis die Klimaziele wirklich unerreichbar sind?
Der einzige, der hier zumindest kurz in die richtige Richtung blickt, ist Constantin Schreiber: "Ich teile ein bisschen die Enttäuschung von Robert Habeck, dass die letzten Jahre und Jahrzehnte da so wenig passiert ist. Es wäre einfacher gewesen, das in konjunkturell einfacheren und komfortablen Zeiten anzupacken." Aber Maischberger will hier offenbar keine offene Diskussion führen, sondern hantiert lieber mit populistischen Begriffen der Opposition wie "Klimapolitik mit der Brechstange." Es ist eben immer leicht, Handeln und Handelnde zu kritisieren, als selbst Vorschläge - und zwar wirksame - vorzulegen.
Eine ähnlich eingeschränkte Sichtweise, die zu zaghaft angesprochen wird, ist die in der Diskussion mit Reinhold Messner und dessen Aussagen zu Fridays vor Future. Hier stört es Messner, dass "die jungen Leute" angeblich sagen, seine Generation habe die globale Erwärmung heraufbeschworen und zwar mit Absicht. Die jungen Leute würden heute vom Reichtum leben, der in den letzten 80, 100 Jahre durch Aufklärung und Industrialisierung entstanden sei. Eine äußerst verkürzte Darstellung, lässt sie unter anderem die Ausbeutung von Menschen und Ressourcen im eigenen und in fremden Ländern einfach weg.
Diese eingeschränkte Sicht führt Messner dann zu der Aussage: "Diese jungen Leute könnten gar nicht am Freitag auf den Platz gehen und Schule schwänzen, wenn es diese Entwicklung nicht gegeben hätte." Maischberger beweist hier für einen kurzen Moment Geistesgegenwart, indem sie sagt: "Aber sie müssten nicht schwänzen, sagen die, wenn unsere Generationen nicht alles verbraucht hätte oder mehr verbraucht hätten, als uns eigentlich zugestanden hätte."
Eine zaghafte, aber treffende Bemerkung, bei der es sich gelohnt hätte, tiefer einzusteigen. Macht Maischberger aber nicht. Und so bleibt die gefährliche Sicht von Messner hängen, die die Dinge vereinfacht, die Zukunftsangst mehrerer Generationen beiseite schiebt und als Rechtfertigung dienen kann, Menschen, die aus gutem Grund auf die Straßen gehen, als verwöhnte Gören zu diskreditieren, obwohl man weiß, dass sie eigentlich recht haben.
Und wenn Messner befürchtet, durch Aktivisten der "Letzten Generation" könne in ein paar Jahren ein Bürgerkrieg entstehen, dann wäre es Maischbergers Aufgabe gewesen, das ganze Bild zu malen und zu fragen, welche "Bürgerkrieg"-Szenarien es denn durch die globale Erhitzung in Zukunft geben könnte, wenn Wasser knapp wird und Äcker verdörren. Das ist keine Frage von Schwarzmalerei, sondern von Vollständigkeit. Nach dem Gespräch mit Messner aber kann es sich jeder selbstgerecht in seinem SUV gemütlich machen und sich über "die jungen Leute" echauffieren. Eine denkbar schlechte Botschaft.
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