Die Inflation und vor allem die enorm gestiegenen Energiepreise machen nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch Unternehmen zu schaffen. Der Toilettenpapierhersteller Hakle, der Schuhhändler Görtz oder der Porzellan-Hersteller Eschenbach sind drei Beispiele für Unternehmen, die zuletzt Insolvenz anmelden mussten oder den Betrieb einstellten. "Die Kosten der Krise - erst Preisschock, jetzt Pleitewelle?", lautete deshalb die Ausgangsfrage bei "maybrit illner" am Donnerstagabend.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Stüwe dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das waren die Gäste bei "maybrit illner"

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  • Manuela Schwesig (SPD): Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern stellte klar, dass von ihrem Bundesland das Konzept eines Energiepreisdeckels favorisiert werde. "Wir müssen die Preise deckeln, zumindest für ein, zwei Jahre. Den Leuten steht das Wasser bis zum Hals", sagte sie.
  • Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen): Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags sprach von "einer Krise, wie wir sie noch nie hatten". Deshalb müsse die Politik die Bevölkerung weiter entlasten. "Wir haben jetzt drei Rettungspakete. Und wenn wir noch ein viertes brauchen, dann machen wir ein viertes", kündigte die Grünen-Politikerin an.
  • Johannes Vogel (FDP): Der stellvertretende Parteivorsitzende und erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag lobte das Krisenmanagement der Ampel-Regierung. "Was wir jetzt schaffen bei Planungsbeschleunigung, bei erneuerbaren Energien, bei LNG-Terminals, wenn wir das übertragen bekommen auf andere Infrastrukturprogramme, dann sind das die Dinge, die uns unterscheiden vom Krisenmanagement vergangener Jahre. Dann können wir gestärkt da rausgehen", sagte er.
  • Yasmin Fahimi: Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) forderte eine schnelle Senkung der Energiepreise. "Das Wasser steht nicht nur den Betrieben bis zum Hals, sondern das geht bis hin zu den Normalverdienern, in die Mittelschicht dieses Landes", sagte Fahimi.
  • Siegfried Russwurm: Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) warnte vor einer massiven Rezession und berichtete von einer beunruhigenden Umfrage in Unternehmerkreisen. In dieser hätten ein Drittel aller Befragten von einer existenziellen Krise in ihrem Unternehmen berichtet, weitere 58 Prozent hätten angegeben, unter immensem Druck zu stehen. "Es ist die Ausnahme, wenn ein Unternehmen nicht in einer kritischen Situation ist", sagte Russwurm.

Das war der Moment des Abends bei "maybrit illner"

Als sich die Talkshow schon dem Ende zuneigte, wurde es für Manuela Schwesig richtig unangenehm. Die Ministerpräsidentin wurde mit einem TV-Interview konfrontiert, in dem sie noch am 21. Januar gesagt hatte, dass sie es für richtig halte, "auf einen kritischen Dialog und wirtschaftlichen Austausch mit Russland" zu setzen. Damals standen die russischen Truppen schon längst an der Grenze zur Ukraine.

Schwesig war eine Befürworterin der Gaspipeline Nord Stream 2. Um diese fertigzustellen, hatte die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern eine umstrittene Klimaschutzstiftung gegründet. Diese Stiftung sollte mit Geldern des russischen Staatsunternehmens Gazprom dazu beitragen, die Pipeline fertigzustellen und Sanktionen der amerikanischen Regierung unter Präsident Donald Trump zu umgehen.

"Ich habe auf kritischen Dialog und wirtschaftliche Zusammenarbeit gesetzt, es hat sich herausgestellt, dass das ein Fehler war, dass das nicht mehr funktioniert", räumte Schwesig ein. "Waren Sie auf der historisch falschen Seite?", hakte Illner nach. "Das würde ich mit dem Wissen von heute nicht mehr so machen", antwortete Schwesig mit Blick auf die Stiftung. "Wir haben uns immer für Nord Stream eingesetzt, damit es preiswerte Energie gibt, die die Bürger und die Wirtschaft bezahlen können", verteidigte sich die SPD-Politikerin.

Genau dies hatte aber letztlich zur Abhängigkeit von russischem Gas geführt. "Wenn wir ehrlich sind, hatten die Befürworter von Nord Stream 2 unrecht und die Amerikaner hatten recht", stellte der FDP-Politiker Vogel klar. Und Göring-Eckhardt verwies darauf, dass der Krieg gegen die Ukraine schon 2014 begonnen habe und in der Zeit danach die Planungen für Nord Stream 2 vorangetrieben worden waren.

Das war das Rede-Duell des Abends bei "maybrit illner"

Man müsse sich von dem Traum verabschieden, ein energieautarkes Land werden zu können, bemerkte Siegfried Russwurm und brachte damit Katrin Göring-Eckardt aus der Fassung. "Das kann man so nicht stehen lassen", ärgerte sich die Grünen-Politikerin. Wenn man sich jetzt nicht aus der Abhängigkeit von anderen Ländern befreie, käme in den nächsten Jahren vielleicht irgendein anderer Diktator und würde an der Preisschraube drehen.

"Und deshalb ist die Frage, ob wir uns unabhängig machen, eine Existenzfrage", führte Göring-Eckardt weiter aus und verwies auf die Bedeutung erneuerbarer Energien für den Klimawandel. "Aber werden die Menschen, die pleitegehen, dann nicht sagen, dass Robert Habeck schuld ist?", goss nun Illner Öl ins Feuer. "Robert Habeck ist derjenige, der daran arbeitet, die Versäumnisse der letzten Jahre aufzuräumen", verteidigte Göring-Eckardt den Wirtschaftsminister.

Yasmin Fahimi beendete schließlich die Diskussion. "Wir kommen jetzt zu sehr vom Thema ab. Mich interessiert am meisten, wie wir jetzt die Menschen entlasten können", sagte die Gewerkschafterin.

So hat sich Maybrit Illner geschlagen

Insgesamt war es kein guter Auftritt der Talkmasterin, die zu sehr von Thema zu Thema sprang und nicht verhindern konnte, dass die Diskussion immer wieder von der Ausgangsfrage abschweifte. Illner unterstellte Russwurm, Putin in Moskau besucht zu haben, was dieser sofort von sich wies. Dann fragte sie Gewerkschafterin Fahimi nach ihrer Meinung zur militärischen Unterstützung für die Ukraine. Diese Frage hätten ziemlich sicher Göring-Eckardt oder Vogel als Mitglieder der Ampel-Regierung besser beantworten können.

Das war das Ergebnis bei "maybrit illner"

Es wurde viel geredet, über Russland, über Gaslieferungen, über Entlastungen. Wirklich konkret wurde es mit Bezug auf die drohende Pleitewelle aber kaum. "Hier und da haben wir eine Idee, wo Lösungen liegen könnten", sagte Maybrit Illner in ihrem Schlusswort. Das dürfte Unternehmen, die gerade akut um ihre Existenz kämpfen, nicht wirklich weiterhelfen.

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