GroKo in Sicht? Mühsam nähern sich SPD, CDU und CSU einer gemeinsamen Regierung. Bei "Maischberger" kommt bei Ralf Stegner (SPD) und Joachim Herrmann (CSU) trotzdem keine Freude auf: Das Votum der SPD-Basis steht noch aus und die Angst vor Neuwahlen ist dank AfD groß.
Vier Monate nach der Bundestagswahl scheint die neue Regierung endlich näher zu rücken. Doch über den Verhandlungen zur Großen Koalition schwebt ein Damokles-Schwert: Ein Nein der SPD-Basis zum Koalitionsvertrag könnte die GroKo doch noch zum Platzen bringen.
Dabei brauchen die angeschlagenen Parteichefs
In ihrer ARD-Sendung am Mittwochabend will Moderatorin
Sein Koalitionspartner
"Man heiratet ja in der Koalition nicht."
"Wir stehen dazu, aber wir hätten uns mehr gewünscht", entgegnet ihm
Seinen Vorwurf bekräftigt Stegner bei Maischberger, auch wenn er Herrmann davon ausnimmt: "Man bekämpft Rechtspopulisten nicht, indem man deren Parolen übernimmt."
Grundsätzlich findet er Auseinandersetzungen zwischen den GroKo-Partnern nicht schlimm: "Man heiratet ja in der Koalition nicht."
Für ihn sei das "keine Lustveranstaltung", erklärt Stegner, als Maischberger nachfragt, ob das so gute Voraussetzungen für eine neue Regierung sind.
Neuwahlen sind für den SPD-Politiker keine Option: "Ich ahne, wer davon profitiert", sagt er mit Blick auf den ebenfalls anwesenden
Herrmann sieht SPD-Abstimmung "mit Sorge"
Trotzdem könnte die Große Koalition noch platzen, wenn die SPD-Mitglieder gegen den Koalitionsvertrag stimmen. Die "taz"-Journalistin Bettina Gaus befürchtet dann ein "verfassungsrechtliches Niemandsland". Neuwahlen würden zudem nicht gerade das Vertrauen der Wähler stärken.
Gaus findet es zudem "albern", dass SPD-Chef
Derzeit sei Deutschland trotz der weltpolitischen Lage ausschließlich mit sich selbst beschäftigt, mahnt die Journalistin an.
Stegner ist sich "ganz sicher", dass die Sozialdemokraten der Koalition am Ende zustimmen werden. Der SPD-Vize gibt aber auch zu: "Demokratie ist nie ohne Risiko."
Den Zick-Zack-Kurs seines Parteichefs Martin Schulz, der nun doch ein Ministeramt unter der Regierung von Angela Merkel übernehmen könnte, wischt Stegner beiseite: Es seien nun "völlig andere Verhältnisse" als direkt nach der Wahl.
CSU-Politiker Herrmann nimmt die SPD-Mitgliederabstimmung weniger gelassen: "Ich sehe das auch mit Sorge." Der bayerische Innenminister glaubt aber nicht, dass sich durch Neuwahlen die derzeitigen Konstellationen wesentlich ändern würden.
Von Christian Lindner (FDP) ist er enttäuscht: "Er hat vorher gesagt, er will keine Große Koalition und wie er die Chance bekommt, ist er davongelaufen."
Einem eindeutigen Bekenntnis zu Angela Merkel im Falle eines Scheiterns der GroKo, wie es Maischberger fordert, weicht Herrmann aus: "Wir reden jetzt nicht über Neuwahlen, wir wollen eine vernünftige, tragfähige Regierung bilden."
Stegner will keine Ratschläge von AfD und Linken
Fundamentale Änderungen, vor allem in der Sozialpolitik strebe die mögliche neue Regierung nicht an, wirft Wagenknecht den beiden GroKo-Vertretern vor: "Sie verwalten das 'Weiter so!'"
Alexander Gauland, Parteivorsitzender der AfD, wirft der SPD vor, den Familiennachzug für subsidiär Geflüchtete als das wichtigste Thema anzusehen und darüber die wahren Interessen der Bürger zu vergessen.
Stegner reagiert genervt: "Wir brauchen von der Rechts- und der Linkspartei keine Ratschläge!" Besonders von Gauland will er keine solchen annehmen: "Sie haben überhaupt nur Sündenböcke anzubieten, also bleiben Sie uns fern."
Ein weiterer Gast, der Chefredakteur des "Cicero" Christoph Schwennicke, fällt vor allem durch viele, zum Teil unverständliche Metaphern auf.
So spricht er in Anspielung auf die Parteifarben von Grüntee und Schwarztee und wie oft man diese aufgießen könne, die GroKo-Anbahnung nennt er eine "Liebe unter Stachelschweinen" und die AfD vergleicht er mit Apfelmost: Bei dem derzeitigen "Blubberprozess" sei sich Schwennicke noch nicht sicher, "ob da Apfelwein oder Essig raus kommt".
AfD im Bundestag: Von "Hetzern" und "Hackfressen"
Seit vier Monaten sitzen erstmals AfD-Abgeordnete im deutschen Bundestag. Ihre Mitglieder wurden jedoch bereits mehrfach nicht in Gremien oder Posten des Parlaments gewählt, wie bei der Wahl der Bundestagsvizepräsidenten.
Für AfD-Chef Alexander Gauland ist das "überhaupt nicht nachvollziehbar". Er beklagt eine "Ausgrenzung" seiner Partei.
"taz"-Journalistin Gaus hält die Nicht-Wahl der AfD-Abgeordneten für einen Fehler: "Es gibt der AfD die Möglichkeit, sich als Märtyrer darzustellen."
CSU-Politiker Herrmann wundert es dagegen nicht: Er sei "erschrocken", welche Leute von der AfD für Ausschüsse vorgeschlagen werden. "Wer sich derart infam und hasserfüllt, sogar mit Fäkalsprache, über andere Parteien und Menschen äußert, kann nicht erwarten, dass er von allen respektiert wird", meint der Bayer.
Maischberger zeigt ein Video, in dem Stephan Brandner, AfD-Abgeordneter und wohl bald Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestag, sich über Gegner äußert: Deren Eltern seien Geschwister, auch "Haustiere" seien "mit dabei", Grüne seien "Koksnasen" und "Kinderschänder" und Stegner habe eine "Hackfresse".
Wagenknecht will AfD weniger Aufmerksamkeit schenken
Während AfD-Chef Gauland das als Wahlkampf-Sprech abtut, regt sich der angesprochene SPD-Politiker Stegner auf: "Das ist keine Sprache der demokratischen Parteien!"
Maischberger hält ihm daraufhin seinen eigenen Tweet vor, in dem Stegner Gauland als "senilen widerlichen Hetzer" bezeichnet.
Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht geht dagegen viel eleganter in die Auseinandersetzung mit Gauland, indem sie ihm inhaltliche Schwächen vorwirft. "Sie sind ja gar keine soziale Opposition", hält sie dem AfD-Chef vor.
Seine Partei sei gegen ein Verbot von Massenentlassungen und gegen die Erhöhung des Mindestlohns gewesen. Stattdessen habe die AfD "im Kern die Regierungslinie unterstützt".
Einen guten Ratschlag hat sie zum Thema auch noch an ihre Kollegen: "Man muss jetzt auch aufhören, die AfD zum Dreh-und Angelpunkt des politischen Handelns zu machen."
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