Der Streit um die Ukraine-Hilfe spitzt sich zu. Er wird jetzt auch zwischen dem Kanzler und seiner Außenministerin offen ausgetragen.

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Bundeskanzler Olaf Scholz hat bekräftigt, dass er zusätzlichen Waffenlieferungen in die Ukraine im Wert von drei Milliarden Euro nur bei einem Aussetzen der Schuldenbremse zustimmen will.

"Die einzige Lösung, ohne es durch Kürzung überall in Deutschland zu finanzieren, ist eine zusätzliche Kreditaufnahme", sagte er nach einem Treffen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson in Berlin. "Das ist übrigens der Weg, den praktisch jedes Land um uns herum gegangen ist."

Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Halle betonte Scholz, das Geld müsse irgendwo geholt werden, und die Bürger müssten vor der Wahl wissen woher. "Das ist das Empörende, dass einige sagen: Darüber reden wir jetzt nicht. Und hinterher wachen alle auf in einer völlig veränderten Realität."

Krach mit Baerbock: Wer hängt das Fähnchen in den Wind?

Den indirekten Vorwurf von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), dass er das Thema zu Wahlkampfzwecken missbrauche, wies Scholz in der Pressekonferenz in Berlin zurück. "Wer da so sein Fähnchen in den Wind hängt, will ich mal undiskutiert lassen", sagte er.

Baerbock hatte "Politico" gesagt, es schmerze sie, dass im Wahlkampf manchen der Gewinn von Stimmen für die Bundestagswahl im Zweifel wichtiger sei als Europas Verantwortung für Frieden.

"Für mich heißt verantwortungsvolle Politik, eben nicht das Fähnchen in den Wind zu hängen und das in Wahlkämpfen vielleicht nochmal andersrum aufzuhängen", sagte Baerbock, ohne Scholz beim Namen zu nennen.

Pistorius will rasche Entscheidung

Die Grünen sind wie FDP und Union der Meinung, dass eine Finanzierung der Ukraine-Hilfe über eine "außerplanmäßige Ausgabe" möglich ist. Diese müsste vom zuständigen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) beantragt und von Finanzminister Jörg Kukies (SPD) genehmigt werden.

Nach Artikel 112 des Grundgesetzes darf eine solche Zustimmung aber "nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden". Ein Beispiel für eine solche Ausgabe waren 2013 Soforthilfen für Flutopfer nach schweren Überflutungen in Teilen Deutschlands.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mahnte eine zügige Entscheidung an. Es wäre gut, wenn diese noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar zustande komme, betonte er bei einem Werftbesuch des U-Bootbauers Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) in Wismar.

"Eigentlich brauchen wir sie bis Ende des Monats, weil dann der Haushaltsausschuss das letzte Mal zusammentritt, um das zu beschließen." Er höre aus allen demokratischen Parteien die Bereitschaft, an Lösungen gemeinsam zu arbeiten. Jetzt komme es darauf, den konsensfähigen Weg zu finden.

Merz wirft Scholz innenpolitisches Spiel vor

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz warf dem Kanzler ebenfalls ein Wahlkampfmanöver vor. "Ich finde es verantwortungslos, dass hier offensichtlich mit den Menschen in der Ukraine ein innenpolitisches Spiel getrieben wird", sagte der Kanzlerkandidat der Union dem Nachrichtenportal "t-online".

"In dem Augenblick, in dem die Alternativen lauten: staatspolitische Verantwortung oder innenpolitischer Geländegewinn entscheiden sich diese SPD und dieser Bundeskanzler in der Regel für die Zweite."

Merz betonte, ein Aufweichen der Schuldenbremse sei überhaupt nicht nötig. "Die Bundesregierung kann ohne weiteres nach der Bundeshaushaltsordnung eine außerplanmäßige Ausgabe beschließen, kann sie vollziehen und dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages davon Kenntnis geben. Das ist der Weg."

FDP will Aufklärung über angebliches 26-Milliarden-Loch im Etat

Für Aufregung sorgt auch die Aussage von Scholz in einem RTL-Interview, im noch nicht beschlossenen Haushalt 2025 fehlten 26 Milliarden Euro. Im Herbst war die Rede von etwa 12 Milliarden Euro gewesen.

Die FDP will nun Finanzminister Kukies vor den Haushaltsausschuss zitieren. Er soll dort erläutern, wie groß die Lücke ist, wie sie sich zusammensetzt und wie er sie schließen will.

"Entgegen der bisherigen Äußerungen des Finanzministers Jörg Kukies, er habe alles im Griff, überrascht Olaf Scholz jetzt mit seiner Äußerung, es gebe eine Haushaltslücke von 26 Mrd. Euro", so Otto Fricke, haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.

"Erst ist Geld da, um die Altschulden der Kommunen zu übernehmen und die Netzentgelte zu senken, dann aber nicht für die Verteidigung der Bürgerinnen und Bürger der Ukraine gegen russische Drohnen- und Raketenangriffe."

Scholz rechnet mit Entscheidung erst bei der Wahl

Rückendeckung bekam Scholz derweil von SPD-Chefin Saskia Esken. Wenn Baerbock das Aussetzen der Schuldenbremse mit Blick auf die Ukraine-Hilfen ablehne, "dann soll sie erklären, an welcher Stelle sie die drei Milliarden Euro in einem Haushalt einsparen will, in dem ohnehin schon rund 20 Milliarden fehlen", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

"Wir sind jedenfalls nicht bereit, die innere, äußere oder auch die soziale Sicherheit in unserem Land zu beschränken und damit den Zusammenhalt aufs Spiel zu setzen."

Wegen der unterschiedlichen Ansätze geht Scholz davon aus, dass die Finanzierungsfrage erst mit der Wahl am 23. Februar entschieden wird. "Bei der Bundestagswahl steht diese Frage zur Abstimmung: Ob man das auf Kosten des Haushalts und auf Kosten von Zusammenhalt, Gerechtigkeit und Zukunftsinvestitionen in Deutschland machen will oder extra."

Gleichzeitig zeigte sich Scholz zuversichtlich, dass der künftige US-Präsident Donald Trump die militärische Unterstützung für die Ukraine nicht einstellt. Nach dem Treffen mit Kristersson äußerte er sich optimistisch, "dass eine gute Kooperation zwischen Europa und den USA auch in der Frage der Unterstützung der Ukraine für die Zukunft weiter gelingt." Er "rechne also nicht damit, dass es zu einem Abbruch der Unterstützung der USA für Ukraine bei ihrer Verteidigung kommt."

Während des Wahlkampfes sagte Trump mehrfach, er könne den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden – ohne dabei jedoch konkrete Details zu nennen. Es gibt Spekulationen, dass er die Unterstützung für die Ukraine stark kürzen oder einstellen könnte, um eine Friedenslösung zu erzwingen. Konkrete Hinweise gibt es darauf aber nicht. (dpa/bearbeitet von thp)

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