Der Rücktritt der Parteichefin Andrea Nahles am Wochenende hat die SPD erschüttert. Wer ihr auf den Posten folgen wird, ist noch völlig unklar. Zwei Kandidaten haben bereits abgesagt. Auch die Frage, wie es mit der GroKo weitergeht, ist offen.
Nach dem überraschenden Rücktritt von Partei- und Fraktionschefin
Bereits am Sonntagabend hatte die engste Parteiführung die Entwicklungen diskutiert, aber sich noch nicht auf einen konkreten Vorschlag für das weitere Vorgehen verständigt. Das Krisentreffen ging am Sonntagabend ohne Ergebnis zu Ende, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Parteikreisen erfuhr. Allerdings haben bereits einige Kandidaten für den Parteivorsitz abgesagt.
Nahles hatte ihren Rückzug nach nur 13 Monaten an der Parteispitze am Sonntagmorgen in einem kurzen Schreiben an die Parteimitglieder angekündigt. "Die Diskussion in der Fraktion und die vielen Rückmeldungen aus der Partei haben mir gezeigt, dass der zur Ausübung meiner Ämter notwendige Rückhalt nicht mehr da ist", heißt es darin.
Nahles will sich aus der Bundespolitik zurückziehen
Sie werde an diesem Montag und Dienstag in Parteivorstand und Fraktion ihre Entscheidung offiziell bekanntgeben. "Damit möchte ich die Möglichkeit eröffnen, dass in beiden Funktionen in geordneter Weise die Nachfolge geregelt werden kann." Nahles wird auch ihr Bundestagsmandat niederlegen und sich damit komplett aus der Bundespolitik zurückziehen.
Klar ist bereits, dass der Kölner SPD-Abgeordnete und Fraktionsvize Rolf Mützenich kommissarisch die Führung der Fraktion übernehmen soll. Die ursprünglich für Dienstag geplante Neuwahl des Fraktionsvorsitzes wird nicht stattfinden. Als wahrscheinlich gilt, dass die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin
Absagen von Olaf Scholz und Stephan Weil
Bundesfinanzminister
Auch der niedersächsische Ministerpräsident
Als mögliche Nachfolger von Nahles an der Parteispitze gilt deshalb vor allem die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig. Als möglicher Kandidat für den Fraktionsvorsitz gilt der bisherige Vizechef Achim Post. Der SPD-Linke Matthias Miersch und Ex-Kanzlerkandidat Martin Schulz hatten noch vor der Rücktrittsankündigung erklärt, nicht gegen Nahles antreten zu wollen - was nicht automatisch bedeutet, dass sie eine Kandidatur grundsätzlich ausschließen.
Bisher war ein SPD-Parteitag für Dezember vorgesehen. Auf dem Konvent sollte der Vorsitz neu gewählt und Bilanz zur großen Koalition gezogen werden. Erwogen wird nun, den Konvent auf die Zeit nach der Sommerpause vorzuziehen.
Karl Lauterbach: Kein vorgezogener Parteitag
SPD-Fraktionsvize
Die Koalitionspartner CDU und CSU hatten sich am Sonntag zum Fortbestehen der großen Koalition bekannt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versicherte: "Wir werden die Regierungsarbeit fortsetzen mit aller Ernsthaftigkeit und vor allen Dingen auch mit großem Verantwortungsbewusstsein." CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die nach einem historisch schlechten Ergebnis ihrer Partei bei der Europawahl selbst angeschlagen ist, sagte: "Dies ist nicht die Stunde von parteitaktischen Überlegungen. Wir stehen weiter zur großen Koalition." Sie betonte aber auch, dass die große Koalition "kein Selbstzweck" sei. Ähnlich äußerte sich der CSU-Vorsitzende Markus Söder.
Ministerpräsident Kretschmer: "ehrliche Aussprache" in der CDU
Die CDU-Spitze beriet nach Angaben von Teilnehmern am Sonntagabend knapp fünf Stunden intensiv, aber ohne Schuldzuweisungen über Konsequenzen aus dem Desaster bei der Europawahl - die Union war erstmals bei einer bundesweiten Wahl unter 30 Prozent gestürzt. "Das war eine ehrliche Aussprache", sagte der sächsische Ministerpräsident
Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans sagte im ZDF nach der Sitzung, die Union müsse moderner werden. Dazu gehöre auch, dass man wahrnehme, dass im Internet Debatten abliefen, sagte er vor dem Hintergrund der Probleme, die
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie halte die Verabschiedung eines Klimaschutzgesetzes im Kabinett nach der Sommerpause für realistisch. "Wir sind in der Bundesregierung zuletzt in unseren Gesprächen über das Klimaschutzgesetz sehr gut vorangekommen", sagte sie.
Dietmar Bartsch: Wähler und Wählerinnen befragen
Linke und AfD forderten unterdessen eine Neuwahl des Bundestags. "Die ehemals große Koalition bewegt sich im Chaos", sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch im ZDF. "Ich glaube, eine faire Lösung wäre jetzt, die Wählerinnen und Wähler zu befragen." Auch AfD-Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland sagte: "Wir wollen Neuwahlen haben."
Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner schloss einen Koalitionswechsel zu "Jamaika" mit Union und FDP ohne Neuwahlen aus. Damit wären bei einem Bruch der großen Koalition nur Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung möglich. © dpa
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