Für die Linke wird es eng, wenn es um den Wiedereinzug in den Bundestag geht. Auf ihrem Parteitag zeigen sich die Genossen kampfeslustig und irritierend optimistisch – trotz ihres Tanzes auf der Klippe.
"Treptow-Köpenick bleibt rot, Lichtenberg bleibt rot und Leipzig bleibt rot", zeigt sich Linken-Chefin Ines Schwerdtner überzeugt. Die Linke, da ist sie sich sicher, kommt wieder in den Bundestag.
"Es kommen dunkle Zeiten auf uns zu", sagt sie bei ihrer Eröffnungsrede zum Bundesparteitag in Berlin. Mit
Schwerdtner ist sich außerdem sicher: Die Brandmauer der Union ist löchrig. Sie rechnet damit, dass die Merz-Union umfallen und mit der AfD zusammenarbeiten könnte. Wie es die konservative Schwesterpartei in Österreich nun mit der rechten FPÖ tut.
Genossen sprechen sich Mut zu
Auch deshalb braucht es aus ihrer Sicht eine starke Linke im Bundestag. Die Arbeiter müssten zusammenstehen. Die Linke, die Verteidigerin der Arbeiterschaft. Die Stimme des Prekariats. Die Stimme des Antifaschismus. So das Selbstverständnis der Partei.
Doch bei den angesprochenen Milieus kommt all das bislang nicht an. An 150.000 Haustüren haben die Linken geklopft, sagt die Parteichefin. Daraus wurde das Wahlprogramm der Partei gestrickt, dass die Sorgen der Menschen in den Mittelpunkt stellen soll.
Trotzdem: Die Umfragewerte bleiben schlecht. Zwischen drei und vier Prozent rangieren die Roten. Die Stimmung auf dem Parteitag: Kampfeslustig. Ein Tanz auf der Klippe über der außerparlamentarischen Opposition. Dazu passt auch die Musikauswahl zur Eröffnung des Parteitages: "... Ready fot it?" von Taylor Swift tönt durch die Halle.
Linke setzt auf Bezahlbarkeit
Knapp 500 Delegierte jeden Alters sind aus der ganzen Republik angereist, um über das Wahlprogramm zu streiten. Am Ende wird es mit großer Mehrheit beschlossen. Von einem Abgesang auf die Partei will hier keiner etwas wissen.
"Wir sind die coolen Straßenkicker in diesem Wahlkampf", sagt auch der Parteivorsitzende und Spitzenkandidat
Die Schwerpunkte im Wahlprogramm: Mietpreise, Vermögenssteuer, Bezahlbarkeit. Die Linke will offensichtlich zurück zur Kümmerer-Partei und auch als solche wahrgenommen werden. "Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit", sagt der Parteivorsitzende Jan van Aken.
Deshalb wolle die Linke für einen deutschlandweiten Mietendeckel kämpfen – so lange, wie es dauert, bis das Realität werde. Außerdem will die Linke für eine Vermögenssteuer und gegen Ausgrenzung starkmachen.
Die Partei setzt also auf den Klassiker: Solidarität. Sie will umverteilen. Die Reichen sollen zahlen, damit alle gut leben können. Darin sind sich die Genossen einig, das zeigt auch die Grundsatzdebatte, für die auf dem Parteitag ebenfalls Zeit ist.
Eine weitere Auffälligkeit: die gemeinsame Angst vor einem Rechtsruck. Die Linke sieht sich als "Bollwerk gegen den Faschismus". Und es wirkt ganz so, als würde sie sich als das letzte Bollwerk sehen, das noch steht.
Viel Verantwortung für eine Partei, die seit der Abspaltung des Bündnis Sahra Wagenknecht mit gerade einmal 28 Abgeordneten im Bundestag vertreten ist. David gegen Goliath. Die Genossen setzen auf das Underdog-Image, auf den Außenseiter-Bonus.
Umfragewerte der Partei stagnieren unter fünf Prozent
So optimistisch und positiv die Stimmung der Partei, so trist sieht es in den Umfragen aus. Der 23. Februar könnte für herbe Ernüchterung sorgen.
Worauf die Partei hoffen kann: Drei Direktmandate zu erreichen und – wie auch 2021 – über die Direktmandatsklausel in den Bundestag einzuziehen. Dafür setzen die Genossen etwa auf die selbsternannten Silberlocken, wie sich Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch selbst genannt haben. Aber auch auf Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek, Parteivorsitzende Ines Schwerdtner oder Gruppenchef Sören Pellmann.
Umfragetrends zu einzelnen Wahlkreisen gibt es kaum. Erhebungen des Start-ups Wahlkreisprognose legen nahe, dass es auch mit den drei Mandaten eng werden könnte.
Einzig der Wahlkreis Treptow-Köpenick mit Silberlocke Gregor Gysi scheint bislang sicher, wie seriös eine solch kleinteilige Analyse sein kann, ist allerdings fraglich. Prozentangaben gibt es keine und wie bei allen Umfragen und Erhebungen gilt auch hier: Entschieden wird an der Urne.
Die Partei für ihren Teil ist bereit. Nach dem Kurz-Parteitag geht es für die Genossen zurück auf die Straße. Zurück an die Haustüren. In 36 Tagen wird gewählt. Und die Linke zeigt auf diesem Parteitag sehr eindrücklich: Kampflos werden sie nicht aufgeben.
Verwendete Quellen
- Besuch des Linken-Parteitags
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.