CSU-Chef Markus Söder will keine Reform der Schuldenbremse, keine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine und schon gar nicht koalieren mit den Grünen. Vor allem will der bayerische Ministerpräsident aber eines: die besten Konditionen für sein Bundesland herausschlagen. Im Zweifel auch auf Kosten der CDU.
Markus Söder mit Star-Wars-Tasse,
Die CDU steht mit ihrem Kanzlerkandidaten
Rekord-Umfrageergebnis für CSU
Nach seinem Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur im September letztes Jahres fuhr die CSU ein Rekord-Umfrageergebnis ein: Laut einer INSA-Umfrage für die "Bild" erreichte die Partei im vergangenen Oktober 43 Prozent der Stimmen, der höchste Wert seit sechs Jahren. Als Kanzlerkandidat war Söder zu der Zeit beliebter als Friedrich Merz und Hendrik Wüst (CDU).
Trotzdem entschied sich die Union für Merz. Seitdem demonstriert der CDU-Chef gemeinsam mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Einigkeit, wo er nur kann. Die beiden Schwesterparteien (so die Selbstbezeichnung) seien sich in der Vergangenheit nicht immer einig gewesen. Das sei nun vorbei. Man starte geschlossen in den Wahlkampf. So zumindest die Erzählung von Friedrich Merz und Markus Söder bei der Vorstellung des gemeinsamen Wahlprogramms im Dezember.
Indes macht der CSU-Chef vor allem mit markigen Aussagen von sich reden – die nicht immer in Einklang mit der Stoßrichtung von Merz stehen. Schon vorbei mit der demonstrierten Einigkeit?
Markus Söder macht Stimmung – vor allem gegen die Grünen
Nein, sagt CSU-Generalsekretär
Diese klaren Aussagen liefert Söder.
Lange liegt es nicht zurück, da torpedierte Söder 2021 den Wahlkampf des damaligen CDU-Kanzlerkandidaten
Doch nicht nur die Frage der Kanzlerkandidatur stürzt die beiden Schwesterparteien traditionell immer wieder in schwere Krisen. Markus Söder schießt nun an Friedrich Merz vorbei, wo er nur kann. Nach der Wahl will der bayerische Ministerpräsident eine Prämie für den Kauf von Elektroautos einführen – Merz lehnt sie ab. Die Schuldenbremse zu reformieren, kommt Söder nicht in die Tüte. Eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine sieht Söder im Gegensatz zur CDU offenbar skeptisch. Und auch nur einen Gedanken an eine mögliche Koalition mit den Grünen verschwenden? Bloß nicht.
Die "Heizgrünen", so nennt der CSU-Chef die Partei des Kanzlerkandidaten Robert Habeck. Dieser wiederum sei der inkompetenteste Minister, den man sich nur vorstellen könne. Das gefällt vor allen seinen Anhängern innerhalb der CSU. Ein klares Nein gegen Grün gab es von Friedrich Merz bislang nicht. Der scheint zu wissen, warum. Für die Union kann es sich auszahlen, nach der Bundestagswahl mehrere mögliche Koalitionspartner zu haben – und sie gegeneinander auszuspielen.
Söder will davon aber nichts wissen. Wiederholt sich nun der Laschet-Albtraum für Merz?
Experte erklärt Rolle von CSU-Chef Söder
"Die CSU spielt traditionell in solchen Wahlkämpfen die Rolle des Rechtsauslegers innerhalb der Union", sagt Thomas Biebricher im Gespräch mit unserer Redaktion. Er ist Professor für Politikwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Da es in der Natur der CSU liegt, Themen forscher anzusprechen, kann sich Biebricher eine Arbeitsteilung im Wahlkampf zwischen Merz und Söder vorstellen. Wobei der Experte eine Verschärfung im Ton bei beiden Parteichefs sieht.
Dass Markus Söder vor allem eine Kampagne gegen die Grünen fährt, könnte aus Sicht von Biebricher den Hintergrund haben, die besten Bedingungen für Bayern herauszuschlagen. Denn: "Dass Söder sein Grünen-Veto revidiert, würde er sich vermutlich teuer bezahlen lassen." Wenngleich er sich beim bayerischen Ministerpräsidenten derzeit kein Liebäugeln mit Berlin vorstellen kann. Bayern first.
Was immer dabei hilft, ist als Mittel recht. Gestern Bäume-Umarmer, heute Pro-Atomkraft und Anti-Grüner. Die Wähler stört die Sprunghaftigkeit wohl nicht, Söder kommt weiterhin gut an.
Von Diplomatie macht Markus Söder dabei selten Gebrauch. Mit dem vehementen Nein zu den Grünen stellt der CSU-Chef für eine mögliche Koalition hohe Hürden auf. "Vor diesem Hintergrund wird es sehr schwer, Schwarz-Grün unter Umständen doch zustande zu bringen. Die SPD wiederum kann sich das sehr teuer abkaufen lassen", sagt Biebricher. Damit provinzialisiere Söder die CSU selbst. Sowohl das Grünen-Bashing sei rein aus bayerischer Perspektive gespielt als auch seine Scheuklappen über bayerische Befindlichkeiten hinaus.
CSU-Generalsekretär Martin Huber: "Politikwechsel mit Grünen nicht möglich"
Das sieht CSU-Generalsekretär Martin Huber anders. Im Gespräch betont er in beinahe jedem Satz, dass es der CSU darum gehe, gemeinsam mit der CDU für einen Kanzler Merz und einen Politikwechsel zu kämpfen. "Niemand kann ernsthaft glauben, dass dieser Wechsel mit den Grünen funktioniert", fügt Huber hinzu. Damit liegt er auf Söder-Linie.
Aber natürlich gehe es Markus Söder auch darum, dass der Freistaat Bayern "ein Erfolgsmodell ist und bleibt", stellt Huber klar. Der CSU-Chef habe eine ganz klare Vorstellung davon, wie das Land vorangebracht werden kann. Die Rolle seiner Partei sei dabei eindeutig: "Die schlechte Politik der Ampel hat zu einem Erstarken der extremen Ränder geführt. Die Ampel hat die entscheidenden Themen, wie beispielsweise die Migration, viel zu lange vernachlässigt. Als Volkspartei wollen wir das Land zusammenzuhalten."
Mit Land meint Huber natürlich vor allem Bayern.
Thomas Biebricher fasst zusammen: "Einfluss hat Söder in jedem Fall, ob er so konstruktiv ausfallen wird, werden wir sehen." Zu sehr sollte Söder seinem Unionskollegen Merz allerdings nicht in die Parade fahren: "Wenn sich die CDU und CSU nicht verstehen, sieht es für beide schlecht aus."
Verwendete Quellen:
- Gespräche mit Thomas Biebricher und Martin Huber
- INSA-Umfrage für die "Bild"
- Exklusive Civey-Umfrage zum Kanzlerkandidaten der Union
- Besuch der Veranstaltung zur Vorstellung des Wahlprogramms der Union
- Pressestatement zur CSU-Tagung im Kloster Seeon
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