Wofür steht die SPD 2017? Was will die Partei von Martin Schulz, dem Kritiker vorwerfen, es sei nicht klar, wofür er stehe? Ein Überblick über die Inhalte des Wahlprogramm.

Weitere News und Informationen zur Bundestagswahl 2017 hier

Niederlage in Schleswig-Holstein, Rekordschlappe in Nordrhein-Westfalen und die Umfragewerte auf Bundesebene im freien Fall:

Die SPD ist nach dem Zwischenhoch im Zuge der Kür von Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten wieder deutlich hinter die CDU zurückgefallen.

Das Wahlprogramm mit dem Titel "Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit - Zukunft sichern, Europa stärken" soll die SPD wieder nach vorne bringen. Was darin steht? Ein Überblick.

Die SPD und die Gesellschaft

Das Zusammenleben aller Menschen in Deutschland ist zweifelsohne das Kernthema der SPD.

Der Aspekt der Gleichheit und Gleichberechtigung aller Gesellschaftsmitglieder steht im Vordergrund. Status und Einkommen sind zweitrangig, Herkunft und Bildungsniveau ebenso wie das Geschlecht.

Die SPD steht hinter der Ehe für alle. Junge Menschen sollen schon ab dem 16. Lebensjahr wählen dürfen.

Staatliches Handeln will die SPD mit einem Lobbyregister und einer Offenlegung von Interessenvertretern, die an politischen Entscheidungsprozessen beteiligt sind, transparenter machen.

Sie bezeichnet Deutschland offen als Einwanderungsgesellschaft und sieht Bildung, Kultur und Sport als Integrationsmotoren, die Menschen mit verschiedenen Ethnien auf einen gemeinsamen Nenner bringen sollen.

Freie Medien gelten der SPD als Grundpfeiler der Demokratie. Dazu fördert die Partei eine zeitgenössische Mediennutzung, beispielsweise sollen Inhalte öffentlich-rechtlicher Mediatheken länger als sieben Tage verfügbar sein. Und sie will ein Urheberrecht, das Rechte an Inhalten in Zeiten der Digitalisierung entsprechend schützen kann.

Die SPD zum Thema Steuer und Wirtschaft

Die SPD betont ihre Wirtschaftskompetenz und räumt dem Komplex viel Raum ein: "Es ist Zeit für eine starke Wirtschaft und Innovationen", überschreibt sie das entsprechendes Kapitel.

Dabei sollen ein starker Mittelstand, weniger Bürokratie, staatliche Forschungsförderungsgelder und umfassende Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer Basis von weiterem Wirtschaftswachstum sein.

Gerechtigkeit im SPD-Sinne bedeutet in wirtschaftlicher Hinsicht eine gleichmäßigere Verteilung von Einkommen und Vermögen.

Topverdiener sollen eine Reichensteuer von 48 Prozent bezahlen, Geringverdiener, Facharbeiter und Familien aus der Mittelschicht dagegen entlastet werden, etwa, indem für sie der Solidaritätszuschlag wegfällt.

Außerdem plant die SPD eine weitreichende Rentenreform. Sie sieht vor, dass das Sicherungsniveau bis 2030 stabil bleibt und der Beitragssatz bis dahin nicht über 22 Prozent steigt.

Während Verbraucherrechte (Dispo-Deckelung oder Gebührengrenze fürs Abheben an fremden Geldautomaten) und Digitalisierung ("Breitband für alle") gestärkt werden sollen, müssen sich Akteure aus der Finanzwirtschaft auf strengere Regularien einstellen.

Dennoch soll Deutschland ein wichtiger Finanzstandort bleiben – eingebettet in ein Streben nach einem einheitlichen europäischen Kapital- und Wirtschaftsraum.

Die SPD zu Arbeit und Bildung

Die SPD fordert "gute Bildung von Anfang an". Konkreter heißt das : Kostenfreie Kitas, modernisierte Schulen und einen flächendeckenden Ausbau der Ganztagsangebote.

Was die Bildung der Älteren angeht betonen die Sozialdemokraten: "Berufliche und akademische Bildung sind gleichwertig".

Das duale Ausbildungssystem will die SPD als Grundpfeiler des deutschen Handwerks und Mittelstands stärken (zum Beispiel durch eine Mindestausbildungsvergütung) und in die "Arbeitswelt 4.0" durch Wirtschaftsprogramme subventioniert transferieren.

Die Performanz des Bildungssystems soll erhöht und der Zugang zu Hochschulbildung durch eine Verdoppelung der Stipendien für Berufsbildungsabsolventen erleichtert werden.

Ebenso stehen klassische sozialdemokratische Forderungen wie der Ruf nach einer stärkeren Tarifbindung von Jobs im Wahlprogramm sowie die Abschaffung der "sachgrundlosen Befristung".

Die SPD zur Außenpolitik

Auch 2017 begreift sich die SPD als Friedenspartei im Brandt'schen Sinne. Logische Ableitung: Die von den USA geforderte Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts "wird es mit der SPD nicht geben."

Folgerichtig plant die SPD eine Eindämmung deutscher Rüstungsexporte sowie ein "grundsätzliches Verbot des Kleinwaffenexportes in Drittstaaten außerhalb von EU, Nato und vergleichbaren Ländern".

Das Töten mit autonomen Waffen wie etwa Drohnen lehnt die Partei kategorisch ab. Zudem: "Eine Welt ohne Atom- und Massenvernichtungswaffen bleibt unser Ziel."

Dennoch bekennt sich die SPD klar zu den USA als engstem Verbündeten Deutschlands außerhalb Europas.

Gleichzeitig betont die Partei die Relevanz Russlands für Frieden in Europa und stellt in Aussicht, die Sanktionen zu lockern, sofern Russland bei der Umsetzung des Minsker Abkommens Fortschritte macht.

Die SPD zum Thema Europa

Deutschland und Frankreich stellen für die SPD Herz und Mitte des europäischen Gedankens dar. Die Partei will Europa stärken und noch mehr als Wirtschafts- und Sozialunion miteinander verweben.

Dazu gehört perspektivisch auch eine europäische Armee und eine intensivere Abstimmung der Fiskal- und Unternehmenspolitik.

Sozialdumping soll nach SPD-Willen durch eine europäische Zollunion verschwinden.

Innereuropäische Unterschiede sollen in Zukunft stärker durch ein Europa der zwei Geschwindigkeiten Beachtung finden. "Die EU muss flexibler werden. Gruppen von Mitgliedstaaten sollen bei gemeinsamen Projekten vorangehen können", steht in dem Papier.

So geschlossen das SPD-Europa auch sein soll, so klar ist auch seine Abgrenzung: Großbritannien kann gehen, darf dann aber auch nicht weiter die Vorteile der EU genießen.

Die SPD zum Thema Migration und Sicherheit

Die SPD bekennt sich zum Islam als Teil Deutschlands – dem aber in extremistischer oder islamistischer Prägung mit aller Härte entgegengetreten werden soll.

Nicht nur aber auch deshalb fordert sie 15.000 neue Polizeistellen in Bund und Ländern und eine verstärkte Videoüberwachung.

Das Recht auf Asyl soll unangetastet bleiben. Jedoch plant die SPD eine "geordneten Migrationspolitik", bestehend aus den Hauptkomponenten schnellere Asylverfahren, bessere Integration und konsequentere Rückführung.

Die EU-Mitglieder müssten die Flüchtlinge nach einem gerechten Schlüssel aufteilen.

Für Menschen, die in Deutschland in erster Linie nicht Sicherheit sondern Arbeit suchen, fordert die SPD ein Punktesystem nach kanadischem Modell für die Einwanderung.

Das vollständige Wahlprogramm finden Sie hier

Die Wahlprogramme der anderen Parteien im Überblick:

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.