Landesgartenschau Oberhessen: Soll das Gelände an der Horlofftalhalle in Echzell zur Landesgartenschau 2027 zum Treffpunkt mit viel Grün, Ruhezonen und Aktivhain werden? Am Sonntag sind die Wahlberechtigten gefragt.

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Der Countdown läuft. Die Uhr tickt am Fuß der Internetseite der Gemeinde Echzell zum geplanten Bau des "Zukunftsparks". In gut zwei Tagen sollen rund 4300 Wahlberechtigte entscheiden: Soll das bisher vernachlässigte Gelände in Nachbarschaft der Horlofftalhalle, wie von den Gemeindevertretern im April mehrheitlich beschlossen, zum Treffpunkt für alle Altersschichten umgestaltet werden? Die Pläne sehen einen Aktivhain mit Bocciaplatz, Tischtennisplatten und Calisthenics-Stangen für Training ohne Gewichte sowie Ruhezonen, viel Grün und einen zentralen Radweg vor. Der Park ist eines der vier großen Vorhaben für die Landesgartenschau Oberhessen 2027. Allerdings ist ein Streit über die Finanzierung entbrannt. Nach einem erfolgreichen Bürgerbegehren steht am Sonntag der Bürgerentscheid an.

Gegner des Parks befürchten, ihre Gemeinde könnte finanziell überfordert werden. Sie sehen Fragezeichen hinter der finanziellen Förderung des Landes. Denn die Landesregierung hat insgesamt nur 3,5 Millionen Euro für Investitionen zur Landesgartenschau zugesagt, doch nicht allein für Echzell. Die Summe gibt es für alle vier Vorhaben. Außer in Echzell sollen auch in Bad Salzhausen, Büdingen und Gedern für die Bürger – und nicht nur für die sechs Monate der Landesgartenschau – Parks neu oder umgebaut werden. Das Land hat allerdings auch in Aussicht gestellt, die vier Vorhaben in anderen Förderprogrammen zu "priorisieren", wie es im Amtsdeutsch heißt, also sie auf der Liste der Antragsteller nach oben zu nehmen. Mit diesem Gebaren hat die Landesregierung aber für Unmut gesorgt.

Finanzierung als größter Streitpunkt

Die Geschäftsführer, Planer und Vertreter der elf Städte und Gemeinden, die hinter der Landesgartenschau stehen, vermissen klare Leitlinien aus Wiesbaden, wer sich wie für welchen Fördertopf bewerben soll. Sie wünschen seit geraumer Zeit einen Runden Tisch mit Vertretern mehrerer Ministerien, den es bisher aber nicht gibt. Zudem drängt die Zeit, wie die Geschäftsführer der Schau im Gespräch mit der F.A.Z. hervorgehoben haben. Möglichst in den nächsten Wochen müssten die Planer der vier Großvorhaben wissen, mit welchem Geld sie rechnen könnten. Doch entsprechende Signale stehen aus.

Die Gemeinde Echzell wirbt derweil für den Zukunftspark. Er werde Mehrwert für alle Generationen bieten, heißt es. Zum Hauptstreitpunkt Finanzierung verweist sie auf einen Beschluss der Gemeindevertreter aus dem Jahr 2022. Das Votum sieht eine Obergrenze von drei Millionen Euro vor. Die Summe umfasst einen finanziellen Puffer, denn nach den vorliegenden Plänen müsste Echzell nur 2,3 bis 2,5 Millionen Euro investieren, heißt es. "Diese Mittel werden ergänzt durch Fördergelder des Landes und der KfW von bisher rund zwei Millionen Euro." Alles in allem soll der Zukunftspark nach derzeitigem Stand 4,3 Millionen Euro kosten. Die Gemeinde müsste gut die Hälfte davon übernehmen. Das im Mai auf den Weg gebrachte Vergabeverfahren mache es unmöglich, die Gemeinde mit mehr als den vorgesehenen drei Millionen Euro zu belasten.

Auf der Werbeseite für das Vorhaben wird die von Bürgermeister Wilfried Mogk (parteilos) vertretene Gemeinde grundsätzlich: "Ein Votum gegen den Zukunftspark ist auch ein Votum gegen die Landesgartenschau." In der Folge flösse veranschlagtes Fördergeld nicht nach Echzell. Gleiches gelte für schon zusagte Mittel von Sponsoren, die im Einzelnen aber nicht genannt werden. Zudem müsste die Gemeinde schon ausgegebene Planungskosten abschreiben, zumal sie nicht vom Land bezuschusst würden. Finde sich eine Mehrheit für das Vorhaben, schreibe Echzell als Nächstes den Bau aus.

Kritik an Ausmaß des Parks

Aus dem Kreis der Initiatoren des Bürgerbegehrens kommen dagegen weiter Bedenken wegen der Finanzierung, aber nicht nur. Eine Frage lautet: Ist der Park das geplante Geld wert? Schließlich sei Echzell schon von viel Grün umgeben. Ein Sprecher verweist auf das Bingenheimer Ried und auf Wald, zudem auf einen Trimm-dich-Pfad und die an die Zeit der Römer erinnernden Flächen. "Das sind alles tolle Anlaufpunkte." Allerdings sind im Ort auch Stimmen gerade von Älteren zu hören, die sinngemäß sagen: Wenn ich jemanden zum Plaudern treffen möchte, gehe ich auf den Friedhof – aus Mangel an einem zentralen Treffpunkt. Kritiker merken dessen ungeachtet an, von einem Park dieses Ausmaßes sei anfangs nicht die Rede gewesen. Zudem müsse die Gemeinde viel Geld ausgeben, um Straßen aufreißen und marode Wasserleitungen sanieren zu lassen.

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Um ihren Standpunkt zu unterfüttern, zitiert die Gemeinde den Stadtbaurat von Fulda, das die bisher letzte Landesgartenschau ausgerichtet hat, und den Bad Nauheimer Bürgermeister Klaus Kreß (parteilos). Die Großveranstaltung habe 2010 viele Tausend Besucher angezogen und sich als Motor der Stadtentwicklung erwiesen, wird Kreß wiedergegeben. Viele Touristen hielten der Kurstadt seitdem die Treue.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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