Karikaturen von Stuttmann: Seit Jahrzehnten nimmt der Karikaturist Klaus Stuttmann das Weltgeschehen mit spitzer Feder aufs Korn. Eine Ausstellung in Hanau zeigt einen Querschnitt seines Schaffens.

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Die Freiheitsstatue hat ihren angestammten Platz auf Liberty Island im New Yorker Hafen verlassen. Nur noch der Sockel ist geblieben. "Ich bin dann mal weg", lautet ihr letzter Gruß. Mehr Worte sind nicht nötig, um den befürchteten Verlust von Freiheit und Demokratie nach der abermaligen Wahl von Donald Trump zum Präsidenten von Amerika zum Ausdruck zu bringen.

Wie so oft hat Klaus Stuttmann die Stimmung der überwiegenden Mehrheit hierzulande in einer Karikatur genau eingefangen. Die Zeichnung ist zu aktuell, um in der derzeitigen Ausstellung im Schloss Philippsruhe in Hanau gezeigt zu werden. Doch das ist nicht schlimm, denn in den vier Ausstellungsräumen, in denen sonst Bilder von Hanauer Künstlern hängen, ist seit Anfang November eine Auswahl von 90 seiner tagesaktuellen Karikaturen zu sehen.

Bis zum 2. März 2025 können sich die Besucher des Historischen Museums im Schloss einen Eindruck davon verschaffen, wie Stuttmann das politische Leben, die Sorgen vieler Menschen und das Agieren der Despoten in der ganzen Welt mit kritischem Humor begleitet.

Genaue Beobachtungen einfach auf den Punkt gebracht

Mit sicherem Geschick und Gespür für den Zeitgeist greift er die brisanten Themen dieser Tage vom Umweltschutz und dem politischen Geschehen über die Kriege bis hin zu ethnischen Konflikten und Flüchtlingsdramen auf. Dabei ist Stuttmann nicht zu ernst, oft muss man schmunzeln über seine Ideen, manchmal bleibt das Lachen angesichts der Brisanz der Themen aber auch im Halse stecken.

Etwa bei dem Titelbild der Ausstellung: Zwei Eisbären sitzen auf einer winzigen Eisscholle, kein Land in Sicht, keine Perspektive. Der eine fragt: "Wer hat gewonnen in den USA?" "Egal", antwortet der andere.

Stuttmann beobachtet genau, legt seinen Figuren gängige Allgemeinplätze in den Mund oder Wahrheiten, einfach auf den Punkt gebracht. Der Künstler wählt auch gern ungewöhnliche Blickwinkel aus, etwa bei seinem "Gruß aus der Hölle zum 9. November": Hier schmort Hitler in einem dampfenden Topf in der Hölle. "Hass und Angriffe auf Juden in Deutschland", heißt es in einer Sprechblase. "Respekt! Und das sogar jetzt ganz ohne mich!", antwortet er.

Nicht die erste Auszeichnung für Stuttmann

Rund 15.000 Zeichnungen sind im Lauf der Zeit für rund 30 Zeitungen entstanden. Für seinen sicheren Blick, seinen Einfallsreichtum und sein unermüdliches Schaffen ist Stuttmann von der Stadt Hanau mit ihrem Ludwig-Emil-Grimm-Preis ausgezeichnet worden.

Der mit 5000 Euro dotierte Preis zu Ehren des Malers Ludwig Emil Grimm, Bruder von Jacob und Wilhelm Grimm, wird gefördert von der Brüder-Grimm-Stiftung der Sparkasse Hanau. Er ist stets verbunden mit einer ausführlichen Ausstellung, die vom Caricatura Museum in Frankfurt mitkuratiert und finanziell gefördert wird.

Zum 222. Geburtstag von Ludwig Emil Grimm wird der Preis seit 2012 alle drei Jahre vergeben. Laut Jury unter Vorsitz von Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) zählt Stuttmann zu den renommiertesten tagespolitischen Karikaturisten des Landes. Zur Eröffnung reiste der im Jahr 1949 in Frankfurt geborene Künstler von seiner Wirkungsstätte in Berlin nach Hanau, nahm den Preis in einer Feierstunde mit Freude entgegen und trug sich in das Goldene Buch der Stadt ein.

Es ist nicht die erste Auszeichnung für Stuttmann. Unter anderem erreichte er 2016 den ersten Platz beim Deutschen Karikaturenpreis, 2021 den dritten Platz beim Deutschen Cartoonpreis sowie mehrfach den ersten und zweiten Platz bei der Rückblende, dem Preis des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger für politische Karikatur.

Trump mit übergroßem Fischmaul

Wer Stuttmanns Werk kennt, ist mit seinem unverwechselbaren Stil vertraut. Vor allem die karikierten Personen der deutschen und der Weltgeschichte bekommen von Stuttmann ihren eigenen, dauerhaften Look verpasst, der nicht immer das tatsächliche Äußere ganz widerspiegelt. Oft geht es um das Wesen des Individuums.

So taucht Donald Trump stets mit einem übergroßen Fischmaul auf, obwohl er in Wirklichkeit nur einen ganz kleinen Mund hat. Der künftige und ehemalige amerikanische Präsident riskiert eben immer eine "dicke Lippe", will uns Stuttmann damit wohl sagen.

Wichtig ist dem Zeichner, dass die Personen und die jeweilige Situation vom Betrachter in kürzester Zeit erkannt werden, gleich wie sehr sie verfremdet sind. In der Hanauer Ausstellung kann sich der Betrachter am Anfang mit den Figuren Stuttmanns bekannt machen. Das "Personal des Jahres" nennt er seine Rückblicke aus den Jahren 2013, 2018 und 2023 mit jeweils rund 50 Karikaturen von verschiedenen Persönlichkeiten des Weltgeschehens. Namen sind nicht dabei, doch ohnehin sind fast alle auf den ersten Blick zu erkennen.

Arbeitet ausschließlich digital

Was folgt, spiegelt das Leben der vergangenen Jahre wider – das was war, das was ist und das was vielleicht bald kommt. Da beklagt sich eine Seniorin, dass sie keine Hüftoperation bekommt, weil sie zu alt ist und lieber einen Stock nehmen soll. Dort ist ein Grab auf einem düsteren Friedhof aufgebrochen, Fußstapfen im Schnee zeigen, dass der Begrabene sich auf den Weg gemacht hat. "Faschismus in Deutschland" steht auf dem Grabstein.

Zeichnerisch erinnert das Bild an Stuttmanns früheres Werk, als er nur in Schwarz-Weiß zeichnete. Heute sind seine Zeichnungen in bunte Farben getaucht, die alle aus dem Computer stammen, seit gut 20 Jahren arbeitet Stuttmann ausschließlich digital.

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Wie er das macht, wie er Ideen Strich für Strich realisiert, können die Besucher im Schloss Philippsruhe an Medienstationen auf dem Bildschirm verfolgen. Zuerst erscheinen wilde Linien wie hingekrakelt. Nach und nach werden daraus Personen, Umgebungen, Räume. Allmählich erschließt sich dem Betrachter so der Sinn der Zeichnung und der Weg ihrer Entstehung.

Die Ausstellung "Klaus Stuttmann" zum fünften Ludwig-Emil-Grimm-Preis 2024 der Stadt Hanau ist bis zum 2. März im Historischen Museum Schloss Philippsruhe zu sehen.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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