Sparkurs und Stellenabbau: Der Hessische Rundfunk will sein Radioprogramm reduzieren, um Geld für Digitales und Dialogformate freizubekommen. Das rüttelt den Sender durcheinander, wie der Intendant gesteht.

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Der Intendant des Hessischen Rundfunks, Florian Hager, hat bekräftigt, dass der von ihm eingeschlagene Reformkurs des Senders ohne Alternative sei. Es müsse beim Radio gespart werden, um Geld für neue Angebote freizubekommen, sagte Hager am Montagabend während einer Veranstaltung im Frankfurter Presse-Club. Vor allem sei es wichtig, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Der HR müsse von einer Sender- zu einer Dialoganstalt werden.

Die Geschäftsleitung des HR hatte im Juni bekannt gegeben, dass von den gegenwärtig sechs Radioprogrammen mittelfristig nur drei überleben sollen. Damals hieß es, die Mittel sollten sowohl für digitale Produkte wie auch für das "Community Building" ausgeweitet werden.

Hager sagte in dem Gespräch mit dem Vizepräsidenten des Presse-Clubs, dem F.A.Z.-Herausgeber Carsten Knop, ihm sei wichtig gewesen, dies in den Grundzügen selbst der Öffentlichkeit mitzuteilen, bevor es durchsickere. Jetzt aber verlagere sich die Diskussion nach innen. Dazu sei im HR "ein Prozess aufgesetzt" worden. Der Sender sei stets von einem hohen Anteil an Eigenproduktionen einerseits und einem großen Anteil des Radioprogramms am Etat andererseits geprägt gewesen. "Beides habe ich ins Wanken gebracht."

Nur jede fünfte Stelle wird nachbesetzt

Folglich sei die Stimmung gegenwärtig schlecht. Er verstehe, dass viele sauer seien. "Ich habe im Moment nicht so arg viele Fans." Der Sender sei in einer ganz schwierigen Phase. Aber es bleibe dabei: "Um Neues tun zu können, müssen wir Altes lassen." Man müsse auch berücksichtigen, dass immer weniger Radio gehört werde: Von den Menschen zwischen 14 und 29 Jahren nutzten nur noch 32 Prozent das Angebot.

"Wir konzentrieren uns im Radio auf die Kernzeiten", sagte Hager zur Radio-Strategie und lobte die "Morningshow" auf HR3. Sie werde sicher nicht abgeschafft. Die Morgenstunden seien ja gerade die, in denen am meisten Radio gehört werde.

Es kommt hinzu, dass der HR Personal abbauen muss. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten lasse ihm mit ihren Vorgaben keine andere Wahl. Die Rede ist von einem Abbau von 15 Prozent der Stellen. Das sei nicht einfach, sagte Hager, weil es schon Abbauprogramme mit Altersteilzeit gegeben habe. Faktisch bedeute das Sparprogramm, dass nur jede fünfte Stelle nachbesetzt werde. "Das ist fast ein Einstellungsstopp."

Kooperation statt Fusion mit anderen Sendern

Auf die Frage, warum es nur um eine Strategie für das Radio gehe, nicht um das Fernsehen, sagte Hager, die Bewegtbildstrategie sei längst verwirklicht, sie stamme von 2019. Im HR-Fernsehen konzentriere man sich auf die Zeit von 16 bis 20 Uhr. Die "Hessenschau" habe einen Marktanteil von 20 Prozent und liege damit vorn. Der HR stelle sich komplementär zur ARD auf, man wolle nicht wie andere Sender "eine bessere Tagesschau" machen.

Hager bekräftigte, dass die Lösung nicht in Fusionen mit anderen Rundfunkanstalten liege. "Ich glaube nicht, dass man etwas einspart, wenn man sich einem größeren Sender anschließt." Richtig sei es aber, verstärkt mit anderen Sendern zu kooperieren.

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Berichte, wonach er sich für den ARD-Vorsitz interessiere, dementierte Hager nicht. Er wolle alles tun, damit der HR als mittelgroße Anstalt nicht von Zuweisungen über den Finanzausgleich innerhalb des Senderverbunds abhängig werde, sagte der Intendant. Und er wolle die Rahmenbedingungen, die die Politik setze, mitgestalten.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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