Streit um Waffenverbotszone: Die Landrätin sollte in der Stadt Gießen eine Waffenverbotszone verfügen.

Mehr News aus Hessen finden Sie hier

Denn wer kein Messer dabei hat, kann es nicht einsetzen. Für die nötigen Kontrollen müssen Stadt und Polizei sorgen.

Ein junger Mann sitzt mitten auf der Einkaufsmeile. Ein Passant spricht ihn an, zückt einen Geldschein, der junge Mann reicht ihm ein Tütchen mit ein paar Bröckchen drin. Und das alles ganz entspannt. Das ist keine Szene aus einem Spielfilm, sondern fast Alltag in Gießen. Auf dem Seltersweg wird längst ungeniert gedealt, so wie an anderen Ecken der Innenstadt auch. Zudem macht sich die Trinkerszene breit. Solange sie unter sich bleibt und niemandem zu nahe tritt, ist der Konsum von Bier, Wein und anderen Alkoholika in der Öffentlichkeit nicht zu beanstanden. Da es aber immer wieder zu Belästigungen und Gewalt kommt, schickt die Stadt seit einigen Tagen ihre Ordnungspolizei vermehrt auf Streife. Das ist richtig so, wie eine erste Bilanz zeigt. Aber es reicht nicht aus.

Binnen zwei Wochen haben die Ordnungspolizisten mehr als 150 Männer und Frauen kontrolliert und außer Drogen in einer den erlaubten Eigenbedarf übersteigenden Menge sechs Messer eingezogen. Das klingt nicht nach viel. Aber wie sagt doch der Gießener Polizeichef Torsten Krückemeier: "Niemand muss mit einem Messer durch die Stadt laufen." Und sein Wiesbadener Amtskollege Felix Paschek meint: "Jedes Messer weniger auf der Straße ist ein Stück mehr Sicherheit für uns alle."

Beschluss bis Ende des Jahres in Aussicht

Beide haben recht. Und beide befürworten vor diesem Hintergrund Waffenverbotszonen in Städten, die ein offensichtliches Problem mit Übergriffen einschließlich des Einsatzes von Messern haben. Dazu gehört aus Sicht der Polizei außer Marburg und Limburg eben Gießen. Allerdings unterscheiden sich diese drei Städte in einem Punkt: Während Marburg keine Waffenverbotszone will, gilt in Limburg seit 1. August eine solche Vorgabe. Sie schließt an einen Zehn-Punkte-Plan der Stadt zur Sicherheit an und wird auch vom Landkreis als notwendig angesehen.

In Gießen fordert außer der Polizei auch die oppositionelle CDU eine Waffenverbotszone. Die linke Rathaus-Koalition kann sich damit dagegen nicht so recht anfreunden, und die für eine Ausweisung zuständige SPD-Landrätin Anita Schneider lässt sich bisher nicht in die Karten schauen. Sie hat jedoch einen Beschluss bis Jahresende in Aussicht gestellt.

Interessieren Sie die Artikel der F.A.Z.?
Uneingeschränkter Zugriff auf diesen und alle weiteren zahlungspflichtigen F+ Inhalte auf FAZ.NET. Jetzt Abo abschließen.

Schneider sollte die Verbotszone verfügen, auch wenn sie sich bei ihren Parteifreunden in Gießen unbeliebt macht. Denn wer kein Messer dabei hat, kann es nicht einsetzen. Für die nötigen Kontrollen müssen Stadt und Polizei sorgen.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.