Tanzen an TU Darmstadt: Wenn die letzten Seminare des Tages gehalten sind, macht die Tanzgruppe "SalsaTUde" die Musik an.

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Sie bietet Kurse für jedes Niveau in zwei Sprachen an und liefert für etliche Teilnehmer ein Gefühl von Heimat mit.

Die Salsamusik setzt ein. Ihre energiegeladenen, aber harmonischen Rhythmen, gespielt auf den verschiedensten Instrumenten wie Bongos und Trompeten, verleihen dem Raum in der Technischen Universität Darmstadt (TUD) sofort eine lebendige, ausgelassene Atmosphäre. Wo sonst Seminare stattfinden, stehen jetzt die Tanzpaare der Salsagruppe "SalsaTUde", einer Gruppe des Hochschulsports, im Kreis. Aufmerksam verfolgen die 22 Teilnehmer die Anweisungen ihrer beiden Lehrer, die in der Mitte des Kreises die Schritte vorführen. "Cross body open and right turn", sagt Marcel Rigorth und führt dabei seine Kollegin Rebecca Reis rhythmisch von der einen auf die andere Seite. Er stellt den "Leader" dar, der den Tanz des Paares anführt und die Schritte bestimmt. Traditionell erfüllt der Mann diese Aufgabe, jedoch findet das Team der "SalsaTUde" diese Rollenverteilung nicht mehr zeitgemäß, wie Reis sagt. Der "Follower" folgt den Schritten des Leaders und lässt sich führen.

Jeden Montag und Mittwoch bietet SalsaTUde Tanzstunden auf vier verschiedenen Niveaus an. Insgesamt 50 ehrenamtliche Tanzlehrer betreuen Kurse sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch. Jede Woche wird eine andere Figur gelehrt und nach einigen Monaten wiederholt, sodass jeder immer wieder mit einsteigen kann. Reis und Rigorth lehren heute englischsprachig auf Level zwei. Dabei tanzen die Teilnehmer den "New York Stil", auch "Auf Linie" genannt. Im Gegensatz zu "Salsa Cubana", wobei kreisförmig getanzt wird, bewegen sich die Paare in klaren Bewegungen vor und zurück.

Mit einem "High-Five" verabschieden sich die Tänzer alle paar Minuten voneinander. Dann rücken sie vor zum nächsten Partner. Das Rotieren ist bei der Salsa üblich. Hierbei stehen sich sowohl Alt und Jung, als auch Mann und Frau gegenüber. Manche der Tänzer schließen ihre Augen und lassen sich vom Rhythmus und ihren Partnern leiten, andere hingegen schauen konzentriert auf ihre Füße, kommen hier und da mal aus dem Takt und lassen sich dann helfen.

Tanzunterricht auf Deutsch und Englisch

In ihrer Salsa-Erfahrung unterscheiden sich die Teilnehmer offensichtlich. Reis und Rigorth schauen sich alle Paare in Aktion an, um diese bei Bedarf zu korrigieren. Eines ist ganz wichtig bei der Salsa, wie Reis sagt: die Spannung. "Leaders, it´s your responsibility to hold the follower safe", sagt sie zu der Gruppe und macht es mit ihrem Partner vor. Die Arme haben zwar Spannung, sollen aber nie voll durchgestreckt, sondern immer etwas angewinkelt sein, so dass das Paar elastisch miteinander verbunden ist. Die Tänzer sollen außerdem große Schritte vermeiden und kleine, aber energische Bewegungen ausführen.

Zu der stimmungsvollen Musik aus den Lautsprechern probieren die Teilnehmer das gleich aus, freuen sich über ihre Fortschritte und geben ihren Partnern bestätigende Blicke. Obwohl viele Menschen um sie herum tanzen, scheinen die Paare hier ganz bei sich und ihren Schritten zu sein. Leise ist das Zählen der Takte zu hören. Auch die beiden Lehrer tanzen zwischen den übenden Schülern ein paar Schritte miteinander, so als könnten sie der Musik nicht widerstehen. Reis macht drei Extra-Umdrehungen und nicht nur bei ihr, sondern auch bei ihren Schülern macht sich nach den richtigen Schritten ein Lächeln breit.

"Salsa weckt einfach sehr viel Selbstvertrauen, da man lernt sich zu zeigen", sagt Reis. Die 29 Jahre alte Tanzlehrerin hat den kubanischen Tanzstil vor vielen Jahren in einer Tanzschule für sich entdeckt und ist seit 2017 als Lehrerin bei SalsaTUde dabei. Sie und ihre Kollegen gehen regelmäßig auf Fortbildungen und Festivals, bei denen den ganzen Tag Salsa getanzt wird. "Die neuen Schritte die wir lernen, bringen wir natürlich mit in unsere Kurse." In einem Auslandssemester in Finnland, erzählt sie, habe sie die Landessprache nicht sprechen können, aber das gemeinsame Tanzen habe als eine andere Art von Kommunikation zwischen ihr und den Einheimischen vermittelt. Nicht ohne Grund gelte die Salsa auch als "Social Dance".

Auch eine Teilnehmerin genießt das Zusammenspiel von Musik und dem Geführtwerden. Eigentlich hatte sie am Abend schon müde auf dem Sofa gelegen, ist dann aber "zum Glück" doch noch zur Salsa-Stunde gefahren, wie sie sagt. "Und danach gehe ich total beschwingt nach Hause, weil ich hier den Kopf einfach abschalten und im Hier und Jetzt sein kann." In der Rolle der Followerin muss sie über nichts nachdenken, als über die Schritte, die der Leader sich überlegt hat. "Es ist auch spannend zu fühlen, wie der andere sich die Bewegungen vorstellt", sagt sie.

Nach einer Stunde endet der Level-Zwei-Kurs. Viele der Teilnehmer gehen jetzt aber nicht Nach Hause, sondern wechseln nur den Raum. Hier findet Montags und Mittwochs nach den Kursen die"Afterclass" statt. Ein DJ sorgt für abwechslungsreiche Salsamusik, der Rest der Anwesenden tanzt einfach drauf los. Hier können die Hobby-Tänzer bis in den späten Abend zu Salsamusik bewegen und ihre gerade erlernten Schritte gleich in die Tat umsetzen.

Heimatgefühl für Studenten aus Lateinamerika

Bei gedämpftem Licht und ausgelassener Stimmung bewegen sich auch Walter Condor-Cerron und Sophia Gonzalez-Lopera miteinander vor und zurück. Die beiden Studenten stammen aus Peru und Kolumbien und sind daher seit Kindheitstagen mit Salsamusik verbunden. "Salsa bedeutet für mich Sinnlichkeit und Freude", sagt Condor-Cerron. Wenn er hier in der Uni tanzt, weckt dies bei ihm ein Gefühl von Heimweh, aber eine schöne Form davon, wie er zu erklären versucht. Schon als Gonzalez-Lopera ein kleines Kind war, habe ihre Großmutter mit ihr Salsa getanzt. "So lernen wir das bei uns in der Heimat", sagt sie.

In den Heimatländern der beiden Studenten ist es normal, dass Salsamusik an öffentlichen Orten wie im Bus, im Einkaufszentrum und auf der Straße läuft. Gonzalez-Lopera und Condor-Cerron kommen zur Afterclass, um diese Musik zu hören und sich wie Zuhause zu fühlen, wie sie sagen. Beim Tanzen zählen sie die Takte nicht mit und auch die Figuren, die in ihrem Kurs gelehrt werden, kennen sie nicht. Trotzdem können sie gut mitmachen, wie Condor-Cerron sagt. "Zuhause tanzt man einfach drauf los, wir haben da keine festen Schritte."

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Reis erzählt, als sie mit dem Salsatanzen angefangen habe, sei sie mit einem Lächeln aus der Tanzschule rausgegangen und habe gar nicht gewusst, wohin mit ihrer Freude. Jetzt sei es noch schöner, da sie anderen Leuten etwas beibringen könne. Dass sie und ihre vielen Kollegen diesen nicht nur die Technik, sondern auch die Freude am Tanzen mitgeben, ist bei der Afterclass deutlich zu spüren. Das Lachen, die anregende Musik und das Gefühl von Gemeinschaft breiten sich im Raum aus, in dem alle eine Leidenschaft teilen: die Salsa.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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