Gefahr im Bahnhof: Eine Frau wird auf die Schienen gestoßen, der Lokführer reagiert schnell. Die Technik allein kann nicht alle Unglücke verhindern. Ees kommt vor allem auf den Faktor Mensch an.
In diesem Fall hat auch die Vorsicht an der Bahnsteigkante nichts geholfen. Wer arglos auf die S-Bahn wartet und von einem unbekannten Mann auf die Gleise gestoßen wird, hat kaum eine Chance, dem Sturz zu entkommen. So wie die Frau am vergangenen Donnerstag in der Frankfurter S-Bahn-Station Hauptwache. Ein solcher Vorfall wäre nur zu verhindern gewesen, wenn die Gleise hinter einer Wand gelegen hätten. Bahnsteigtüren, die sich nur zum Einsteigen öffnen, erfordern aber einheitliche Fahrzeuge, die automatisch an einer exakten Position halten.
Aber auch ohne diese Schutzwände kann Technik helfen. In Form von Sensoren etwa, die Hindernisse auf den Schienen erkennen. Oder Videokameras an den Haltestellen, mit deren Hilfe jemand in einer Sicherheitszentrale im Wortsinn ein Unglück kommen sehen kann.
Außerdem gibt es Notbremsen nicht nur in Zügen. Auch an den unterirdischen U-Bahnsteigen der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) finden sich jeweils an mindestens drei Stellen rote Griffe, mit denen man Züge am Ausfahren hindern und einfahrende U-Bahnen warnen kann. Hier ist allerdings jemand gefragt, der den Griff zieht, wenn er einen Notfall bemerkt und jemanden von der Bahnsteigkante stürzen sieht.
Es kommt vor allem auf den Faktor Mensch an
Die Betreiber von Bahnen sind gefordert, alles technisch Mögliche für die Sicherheit der Fahrgäste zu tun. Das Nachrüsten von Bahnsteigtüren, so muss man nüchtern feststellen, wird aus technischen und finanziellen Gründen nicht dazugehören.
Aber auch die übrige Notfalltechnik hat Grenzen. Ein Sensor nützt nichts, wenn jemand direkt vor die Bahn gestoßen wird. Denn es kommt vor allem auf den Faktor Mensch an. Er kann ein Unglück verschulden, aber auch im entscheidenden Moment die Rettung sein. So wie der Lokführer, der am Donnerstag nicht nur seine S-Bahn so rechtzeitig zum Stehen brachte, dass sie die Frau nicht erfasste, sondern auch noch ausstieg und den Täter festhielt.
Es geht nicht um Heldentum, das einen an der Schiene selbst in größte Gefahr bringen kann. Sondern darum, zum Beispiel einen Streit zu melden, der auf dem Bahnsteig eskaliert – an Neujahr ist in Berlin ein Sechsundzwanzigjähriger auf die Gleise gestoßen worden, nachdem er mit Böllerwerfern aneinander geraten war. Oder den Sicherheitsdienst über den schwankenden Mann zu informieren, der sich nahe in Richtung Bahnsteigkante bewegt. Vielleicht auch nur die unsicher wirkende Frau mit dem Rollator fragen, ob man ihr helfen kann. Dazu muss man allerdings gelegentlich den Blick vom Smartphone-Bildschirm heben. Was auf dem Bahnsteig ohnehin eine gute Idee ist, wie die VGF gerade in ihrer Sicherheitskampagne zeigt. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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