Eppstein: Vom Fördertopf für die Innenstadt profitieren auch Privatpersonen. Zwei Häuser der Altstadt wurden jüngst denkmalgerecht saniert.

Mehr News aus Hessen finden Sie hier

Wer sich die Altstadt Eppsteins als durchgehenden Fachwerktraum vorstellt, der liegt falsch. Auch wenn alle Häuser in Fachwerkbauweise errichtet worden sind, so handelt es sich doch häufig nicht um Sichtfachwerk, das zum Anschauen verziert wurde.

Mindestens seit Anfang des 19. Jahrhunderts waren viele der Häuser verputzt, meist in hellen Farben gestrichen, die Fassaden waren nur durch Fensterläden gegliedert sowie durch Balken, mit denen die Stockwerke abgesetzt sind. Im Klassizismus hatte man es gern klar und pastellig, die Innenstädte waren dadurch auch weniger anfällig für Brände. Daher sind auch die beiden jüngsten Sanierungsfälle, die Burgstraße 23 und die Hintergasse 8, in Abstimmung mit dem Denkmalschutz verputzt worden.

Die zwei Häuser und ihre Eigentümer profitieren von Eppsteins Fördertopf aus dem Landesprogramm "Zukunft Innenstadt". In der ersten Runde hat die Gaststätte "Zum Taunus" schon neue, denkmalgerechte Sprossenfenster gefördert bekommen, für die zweite Runde hatte das Rathaus zahlreiche Bürger angeschrieben. Acht Anfragen ergaben sich daraus, zwei Förderanträge wurden gestellt.

"Meine Oma ist hier hundert Jahre alt geworden"

"Wir haben erst einmal ausbaldowert, wo die Altstadt überhaupt ist", sagt Bertold Picard, früherer Eppsteiner Stadtarchivar. Er gehört zu der Initiative "Eppstein lebt", deren Abteilung für Stadtverschönerung bei den Anträgen unterstützt hat. "Und wir haben überlegt, wie man das Bild aufhellen könnte", sagt Picard.

Die Hintergasse 8 gab in der Tat ein eher trauriges Bild ab mit ihrem schmutzig-beigen Anstrich. "Meine Oma, die Anna Lenz, ist hier hundert Jahre alt geworden", sagt der Eigentümer Peter Lenz, selbst Architekt. Nach dem Tod der alten Dame im Jahr 1993 wurde dann zum ersten Mal umgebaut. 28 Jahre lang hat Lenz dann mit Familie in dem Haus gewohnt, nun wohnen hier seine Mieter.

Man muss schon genauer hinschauen, um zu erkennen, dass es sich um ein altehrwürdiges Gebäude handelt, das um 1760 errichtet wurde. Drei Parteien wohnten hier, unter dem Dach hatte ein Schneider seine Werkstatt, erinnert sich Lenz, der damals oft zu Besuch bei seiner Großmutter war. Um 1940 herum wurden die Dachgauben aufgesetzt. Sie durften bleiben, erhielten aber nicht die alten hölzernen Einrahmungen wie die anderen Fenster. Um die sieben bis neun Personen haben einst auf den 150 Quadratmetern gelebt, heute ist es noch ein Paar mit einem Kind.

Besonders freut Berthold Picard, dass hier die alte Außentoilette stehenbleiben durfte. Darunter befand sich eine Senkgrube, die zu Großmutter Lenz’ Zeiten noch in Betrieb war. Nebenan parken heute Autos, da war eine Scheune angebaut. Und es gibt einen Hof: "Der war in der Altstadt Gold wert", erinnert sich Lenz.

Die zweite Förderung bekommt das Haus der Eheleute Becker in der Burgstraße 23. Stefan Becker ist gegenüber aufgewachsen, nun wohnt er selbst mit Frau und zwei kleinen Kindern seit einem knappen Jahr dort. Das Haus stand früher außerhalb der Altstadt vor dem Obertor, auch Jägertor genannt.

Einst befand sich dort der Herrengarten, der Gemüsegarten der Burg. Im Jahr 1492 wurde das Land an die Landgrafen von Hessen verkauft, 1808 ging der Besitz zurück an die Gemeinde Eppstein. Das Land wurde in Parzellen gegliedert und einzeln verpachtet. 1823 weiß man von einem Herrn Löber, Landwirt und Gerber, der dort baute und von 1825 an eine kleine Schankwirtschaft für Bier, Ebbelwei und Branntwein betrieb. Wie die Wirtschaft hieß, lässt sich nicht sicher belegen, bei den Eppsteinern haben sich mündlich die Namen "Zum Löwen" und "Zum letzten Heller" überliefert.

"Allmählich tut sich was"

Das nun genau 200 Jahre alte Haus steht schon gut da, für den Garten hat Stefan Becker allerdings noch Pläne: Das Garagenhäuschen kommt weg, dann wird begrünt, und die Kinder bekommen Spielgeräte. Am Haus hat er die Fassade in Abstimmung mit dem Denkmalamt erneuern lassen, innen wurde von Grund auf saniert.

Interessieren Sie die Artikel der F.A.Z.?
Uneingeschränkter Zugriff auf diesen und alle weiteren zahlungspflichtigen F+ Inhalte auf FAZ.NET. Jetzt Abo abschließen.

"Allmählich tut sich was", freut sich Berthold Picard. Die Stadt Eppstein hat mit dem Förderprogramm "Zukunft Innenstadt" schon zahlreiche Projekte realisiert – etwa die "Lauschtour" durch die Innenstadt, der Spielplatz zu Füßen der Burg, dazu viele Einzelprojekte zur Unterstützung der Gastronomie und zur Aufwertung des öffentlichen Raums. Insgesamt erhielt Eppstein 250.000 Euro aus Landesmitteln, die Stadt legte weitere 65.000 Euro aus der eigenen Kasse drauf.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.