Alina Bremer Bergisch Gladbach Das Fest der Liebe steht vor der Tür. Familien kommen zusammen, um eine besinnliche Zeit zu haben.
Allerdings schlägt Besinnlichkeit manchmal schnell in Streit um. Wenn die falschen Themen aufkommen, braucht es manchmal nur ein paar Worte, bis die Emotionen hochkochen und die Weihnachtsmusik von aufgebrachten Stimmen übertönt wird.
Wie man trotz Konfliktpotenzial eine harmonische Zeit haben und Streit vorbeugen kann, erklären die psychologische Psychotherapeutin Camilla Konrads und die Diplompsychologin Monika Faatz aus Bergisch Gladbach im Gespräch mit dieser Zeitung.
Weniger Streit zu Weihnachten mit besserer Aufgabenverteilung
Beide raten: Man sollte für sich im Vorhinein eine Haltung entwickeln, was Weihnachten für einen bedeutet. Dabei könne man bedenken, dass es ein Privileg ist, zusammen mit der Familie in einer geschmückten Wohnung Weihnachten zu feiern. "Man könnte seine Haltung anpassen und mit Dankbarkeit in die Feiertage gehen", sagt Konrads.
Wenn man sich darüber bewusst wird, dass eine Person jedes Jahr zu sich einlädt und sich viel Mühe mit den Vorbereitungen macht, bemerke man vielleicht, dass das nicht selbstverständlich ist. "Um der Person Stress zu ersparen, könnte man ihn strukturieren. Also im Vorfeld Aufgaben aufteilen", findet sie.
Harmonische Weihnachten: Bestimmte Themen lieber nicht ansprechen
Außerdem könne man sich darauf einigen, bestimmte Themen, die immer wieder für Streit sorgen, an diesen Tagen nicht anzusprechen. Und wenn doch ein unangebrachter Spruch vom Onkel fällt, könne man sich selbst dafür sensibilisieren, nicht in alte Muster zu fallen. Das sieht auch Faatz so: "Familie sucht man sich nicht aus. An Weihnachten will ich mit ihr auskommen. Da muss mir nicht gefallen, was sie zum Beispiel politisch macht", sagt sie.
Wird ein Thema angesprochen, über das noch nicht gesprochen wurden, könne man seinen Standpunkt schon vertreten. "Es ist immer eine Sache, wie wir etwas sagen", meint sie. Man solle lieber Ich-Botschaften senden, als mit provokativen Verallgemeinerungen Vorwürfe zu machen. Also lieber: "Ich finde es schade, dass dir dieser Punkt nicht so wichtig ist", sagen, anstatt: "Dir ist dieser Punkt total egal. Das ist doof!". Kein Mensch wolle sich beschimpfen lassen.
Worum geht es bei Streit zu Weihnachten wirklich?
Wenn die Situation trotzdem ausartet, sei es wichtig, Abstand zu gewinnen. Man könne sich beispielsweise an ein anderes Familienmitglied wenden, einen Spaziergang machen oder eine Zigarette rauchen gehen. Ein guter Trick sei auch: "Ich stelle mir in solchen Situationen vor, dass ich in einem Hubschrauber sitze und von oben auf die Situation blicke. Dann überlege ich, worum es wirklich geht", schildert Faatz.
Geht es darum, von dem Familienmitglied akzeptiert zu werden? Oder von ihm verstanden zu werden? Oder will man zu sich und seinen Überzeugungen stehen? Hat man das herausgefunden, könne man sich darauf einigen, das Thema zu einem anderen Zeitpunkt weiter auszudiskutieren.
Beide raten: Es helfe, wenn man mit einer Metaperspektive in die Feiertage gehe: Der Onkel, die Cousine und die Oma sind, wie sie sind. Ich bin, wie ich bin und jeder darf so sein, wie er ist. "Man sollte sich mit Respekt begegnen, auch wenn das Gegenüber eine andere Meinung hat, als man selbst. Das darf ja so sein", meint Konrads.
Sie schlägt außerdem vor, eine Art "Wohlfühlkoordinator" festzulegen, wenn es in Familien an Weihnachten öfter Streit gibt. Am besten ein Familienmitglied, das ausgleichend und ruhig ist und sich aus Streitigkeiten eher raushält. Die Person kann einschreiten, wenn sie merkt, dass die Situation hochkocht. Sie könne dann das Thema wechseln, um zum Beispiel über etwas Lustiges zu sprechen. "Humor verbindet", sagt sie. Es sei auch in Ordnung, die Feierlichkeiten zeitlich zu begrenzen.
An Weihnachten lieber weniger Alkohol trinken
Und: "Alkohol dient bei Familienfeiern oft als Katalysator", sagt sie. Diskussionen würden nach einigen Gläsern oft noch hitziger. Deswegen sei es ratsam, den Alkoholkonsum einzuschränken und im Laufe des Abends auf Alternativen umzusteigen.
Doch wenn es tiefliegende Konflikte in der Familie gebe, die beispielsweise die Identität einer queeren Person angreifen, sei es eine andere Ausgangssituation, als wenn es Streit über die Vorbereitungen gebe. Auch in solchen Situationen rät Konrads, bei sich zu bleiben. Man sollte sich bewusst machen, dass man nicht als ganze Person abgelehnt wird. "Eine Persönlichkeit besteht ja aus vielen Teilen", sagt sie.
Wenn man sich in der Familienkonstellation gar nicht wohl fühlt, sei es auch okay zu überlegen, ob man überhaupt zu der Feier gehen möchte. Es sei nämlich ein Unterschied, ob man etwas möchte oder muss. Da sind sich die beiden Expertinnen einig. "Wir müssen zu keiner Feier gehen. Freunde können auch Familie sein, da gibt es keine Vorschriften", findet Faatz. © Kölner Stadt-Anzeiger
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