TuS Chlodwig Zülpich – Viktoria Köln 2:5 (1:4). Man darf wohl ohne zu übertreiben behaupten, dass die 1300 Zuschauer, die dem Achtelfinalspiel des Verbandspokals einen sehr stimmungsvollen Rahmen bescherten, einen unvergesslichen Abend erlebten.
Das lag weit weniger am zu erwartenden Resultat als an den Begleitumständen, die alles andere als vorhersehbar waren.
Der Traumstart: Grenzenloser Zülpicher Jubel in der 2. Minute
Das Duell zwischen dem Landesliga-Aufsteiger und den drei Klassen höher spielenden Profis aus Höhenberg war erst wenige Sekunden alt, da schlug Lucas Carell einen seiner typischen Flugbälle in den Strafraum auf Luca Ohrem. Beim Versuch, das Spielgerät unter Kontrolle zu bringen, wurde der Angreifer von seinem Bewacher am Fuß erwischt – der Unparteiische zögerte keinen Wimpernschlag und gab Strafstoß.
Die große Frage lautete nun, wer die Verantwortung bei den Römerstädtern übernehmen wollte und ob derjenige der Drucksituation gewachsen sein würde. Ein paar Augenblicke später machte der Jubel klar, dass Devin Nickisch, der seinen Schuss aus elf Metern präzise im linken Eck versenkt hatte, die Herausforderung gemeistert hatte. Die Sportanlage an der Blayer Straße – von Stadionsprecher Torsten Beulen "BlayArena" getauft – schien dank der geschlossenen Unterstützung des Fußballkreises am Rand des Spielfeldes förmlich zu explodieren.
Der Stromausfall: Ein kindlicher Saboteur sorgte für Unterbrechung
Ein Großteil der Besucher rieb sich aufgrund der Ereignisse noch verwundert die Augen, da wurde es plötzlich schwarz. Mit Ausnahme des offenbar autark mit Elektrizität versorgten Bierwagens im Innenraum war es im weiten Rund auf einen Schlag dunkel. Wer auf einen Sabotageakt eines durch das 0:1 nervös gewordenen Viktoria-Anhängers getippt hatte, wurde später (natürlich) eines Besseren belehrt. Ein abenteuerlustiges Kind hatte sich des nicht gesicherten Flutlichtschlüssels bemächtigt und diesen herausgezogen, was zwar nur eine kurze Energie-, aber eine gut 25-minütige Spielunterbrechung zur Folge hatte.
Bis sich alle Masten nach und nach wieder eingeschaltet hatten, versuchte sich Beulen als Stimmungsmacher. Zusätzlich zur intonierten Weihnachtsmusik forderte er die Fans auf, durch das Einschalten ihrer Handylampen für etwas Gemütlichkeit zu sorgen, was ein durchaus ansprechendes Bild erzeugte. "Ich war mir nicht sicher, ob die Idee in der ungeklärten Situation gut ist, aber mit Mariah Carey kann man ja eigentlich nichts falsch machen", sagte Beulen.
Der Rückschlag: Nach dem Wiederanpfiff dominiert die Viktoria
So euphorisch der Auftakt für die Gastgeber auch gewesen sein mochte, die ungewollte Spielpause bedeutete einen Bruch und für den zunächst völlig verdutzten Favoriten die Chance, sich zu sammeln. "Die Unterbrechung hat uns geholfen, den Schock zu verdauen. Anschließend haben wir eine gute erste Halbzeit hingelegt, weil wir gegen den tief stehenden Gegner geduldig geblieben sind", bemerkte Viktoria-Coach Olaf Janßen. Erschwerend für den TuS kam hinzu, dass dem Drittligisten ziemlich schnell der nervenschonende Ausgleich durch Samuele Carella gelang.
"Ich bin mit unserem Auftritt insgesamt äußerst zufrieden, aber in dieser Szene haben wir einfach schlecht verteidigt", ärgerte sich TuS-Trainer David Sasse. Die Gäste waren danach nicht nur das überlegene, sondern auch das glücklichere Team. Während genau wie der Ausgleich auch das Führungstor von Serhat Güler mithilfe des Innenpfostens über die Linie rollte, prallte der Ball wenig später beim Kopfball von Luca Ohrem vom Aluminium ins Feld zurück.
Fairerweise muss man allerdings erwähnen, dass auch die Domstädter kurz darauf noch einen Pfostenschuss hatten und nach Toren von Luca de Meester und erneut Güler mit einem zu hohen, aber verdienten Vorsprung in die Kabine gingen.
Das Fast-Comeback: Zülpich setzte die Profis kräftig unter Druck
Sasse boten sich für die zweite Hälfte zwei Optionen: sich darauf zu konzentrieren, das Resultat im Rahmen zu halten oder mutig nach vorne zu attackieren. Der sportliche Leiter entschied sich für die letztgenannte Möglichkeit, brachte mit Dominik Spies eine zweite Spitze und lag damit goldrichtig. Ein sensationelles Solo von Nickisch brachte die Heimelf auf 2:4 heran und wer weiß, was passiert wäre, wenn Ohrems erfolgreicher Abschluss beim nächsten Angriff nicht wegen eines vermeintlichen Fouls des Stürmers abgepfiffen worden wäre.
Die Drangperiode der Zülpicher wurde durch die berechtige Gelb-Rote Karte gegen Marco Weinhold jedoch pulverisiert und die in Überzahl enttäuschenden Kölner brachten die in der Schlussminute von Diego Perri ausgebaute Führung relativ entspannt ins Ziel.
Tolles Spektakel: 70 VIP-Tickets und Glühwein auf Sackkarren
Etwa 70 VIP-Tickets hatte der TuS Zülpich nach Angaben von Torben Bulig, Geschäftsführer der Senioren-Fußballabteilung, ausgegeben. Unter den Gästen auf der kleinen Terrasse am Kunstrasenplatz war auch Bürgermeister Ulf Hürtgen. Der Chef der ehemaligen Römerstadt bekam das kleine Drama, das schon während des Spiels zu einer Anekdote wurde, die unzertrennlich mit dem Spiel in Erinnerung bleiben wird, also hautnah mit. "Vielleicht stärkt das unsere Position, wenn es um Verhandlungen um eine neue Flutlichtanlage geht", hieß es aus Reihen des TuS.
Genau wie die anderen rund 1300 Zuschauer sah auch Bürgermeister Hürtgen eine organisatorische Glanzleistung. Dass ein Kind den Schlüssel vom Stromkasten ziehen könnte – das kann nun mal auf keiner To-do-Liste dieser Welt stehen. Und die Liste von Torben Bulig war schon bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Aber eben nicht bis ins allerkleinste.
Weihnachtsstimmung mit "All I Want for Christmas Is You"
Der Glühwein wurde mit Sackkarren vom einen Ende des Sportplatzes zum anderen gefahren. Genau wie das Bier. Stadionsprecher Torsten Beulen nutzte die etwa 20-minütige Flutlichtausfallunterbrechung für ein bisschen Weihnachtsstimmung und spielte "All I Want for Christmas Is You". Einfach nur schön wie Schnee an Heiligabend.
Die etwa 15 Polizisten, die das Spiel verfolgen, konnten sich ganz auf das Geschehen auf dem Platz konzentrieren, denn es war ausgesprochen friedlich. Und auch das Parkkonzept ging auf. Der Adenauerplatz war voll und wurde von den Besuchern angesteuert. Und sogar einige Fahrräder standen an den entsprechend vorgesehenen Plätzen. Dem Aufruf, möglichst nicht mit dem Auto zu kommen, wurde also auch Folge geleistet.
Der TuS betrieb auch noch ein wenig Eigenwerbung, in dem er einen kleinen Merchandising-Stand aufgebaut hatte. Aber egal, wie viele Schals und Mützen an diesem Abend verkauft wurden - die größte Eigenwerbung betrieb der Verein mit der Organisation des Spiels. Und sollte er tatsächlich eine neue Flutlichtanlage erhalten: Der kleine Schlüssel vom Stromkasten gehört ins Stadtarchiv. © Kölner Stadt-Anzeiger
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