Der junge Algerier schaute immer wieder beschämt zu Boden und vergoss auch einige Tränen. Dennoch war es offensichtlich, dass der Vorsitzende Richter Wolfgang Schmitz-Justen ihm nur wenig glaubte.
Seit diesem Mittwoch muss sich der 22-jährige Asylbewerber vor der 2. Großen Strafkammer am Bonner Landgericht verantworten, weil er am 9. Oktober im Zug zwischen Weilerswist und Euskirchen zuerst einem zehnjährigen Jungen und wenige Minuten später einer 14-Jährigen deren Handys entwenden wollte.
Davon geht zumindest die Staatsanwaltschaft aus, die gegen den Mann, der in einer Flüchtlingsunterkunft in der Stadt Schleiden untergebracht war, Anklage wegen versuchten beziehungsweise vollendeten Raubes, Diebstahls, Beleidigung sowie eines Angriffs auf und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte erhoben hat.
Stein aus dem Gleisbett genommen und geworfen
Vor Gericht räumte der vom Euskirchener Strafverteidiger Albert Stumm verteidigte Angeklagte nur ein, dass er sich das Handy der 14-Jährigen geschnappt habe. Das habe er dann nach einigem Hin und Her aber wieder zurückgegeben.
Nach dem Vorfall, so der 22-Jährige, sei er allerdings von Zeugen geschlagen worden. Da habe er sich einen Stein aus dem Gleisbett genommen und ihn nach den Personen geworfen. "Ich habe aber nicht getroffen", so der Angeklagte, der kein Wort Deutsch spricht oder versteht und vor Gericht durchgehend auf einen Dolmetscher angewiesen ist.
Der Junge konnte sich losreißen und zu seiner Mutter rennen
Die Anklage geht davon aus, dass der Algerier den zehnjährigen Jungen gegen 16.20 Uhr am Nachmittag des Herbsttages angegangen war, um an dessen Handy zu kommen. Trotz der Aufforderung habe das Kind das Gerät aber nicht herausgegeben, der 22-Jährige soll daraufhin vergeblich versucht haben, den Jungen festzuhalten.
Beim Aussteigen an der Haltestelle Großbüllesheim trafen beide erneut aufeinander, und diesmal habe der Angreifer sich das Kind kurzzeitig gepackt. Der Junge konnte sich laut Anklage aber losreißen und zu seiner Mutter rennen. Nur wenige Minuten später soll der 22-Jährige dann ein 14-jähriges Mädchen an den Haaren gezogen und ihm sein iPhone 13 gestohlen haben.
Mit Kopfstößen und Spucken wehrte sich der Mann gegen die Festnahme
Die Tat wurde aber offenbar beobachtet, gemäß der Anklage versuchte sich der Algerier mit Steinen gegen die Verfolger zu wehren. Als ihm dies schließlich aussichtslos erschienen sei, habe er zwar das Mobiltelefon zurückgegeben, sich aber weiterhin mit Steinwürfen gegen die Verfolger zur Wehr gesetzt. Selbst als schließlich die Polizei eintraf, soll er noch mit Kopfstößen und Spucken versucht haben, eine Festnahme zu verhindern.
Den ersten Vorfall stritt der junge Mann vor Gericht rundheraus ab, genauso wie einen Einbruch in Essen, dessentwegen wohl weitere Ermittlungen gegen ihn laufen. Dies ist auch der Grund, weshalb er aus einer Unterkunft in der Ruhrmetropole in eine in der Eifel verlegt worden war. Obwohl er erst seit September vergangenen Jahres in Deutschland ist, läuft offenbar bereits eine Vielzahl von Ermittlungen gegen den 22-Jährigen.
Der Angeklagte, der nach eigenen Angaben schon in seinem nordafrikanischen Heimatland einige Monate im Gefängnis gesessen hat, war über Spanien, Frankreich und Belgien im Herbst nach Deutschland gekommen. "Um Arbeit zu finden", gab der junge Mann vor Gericht an. Um Asyl habe er sich nur des Bleiberechts wegen beworben, politisch verfolgt werde er nicht.
Bei der Zugfahrt sei er "nicht bei Bewusstsein" gewesen. Er habe Psychopharmaka genommen und eine ganze Flasche Whisky getrunken. Das sei gelogen, sagte der Vorsitzende Richter: Eine Blutprobe kurz nach seiner Verhaftung habe einen Wert von 0,0 Promille ergeben. Allerdings seien Rückstände von Kokain gefunden worden. Ein Urteil will die Kammer Ende des Monats verkünden. © Kölner Stadt-Anzeiger
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