Die Schlange hinter dem Spiegelteleskop von Paul Hombach riss auch nach fast einer Stunde kaum ab. Der Organisator der "Sternstunden über der Heide" hatte sein imposantes Gerät auf Tsuchinshan-Atlas gerichtet, den Kometen, der kurz nach Sonnenuntergang am westlichen Himmel in den vergangenen Tagen sogar mit bloßem Auge zu sehen war. Inzwischen ist er schon wieder auf dem Rückzug.

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Hombach gehört zu den Sternfreunden des Köln-Bonner Astrotreffs. Als vor einiger Zeit klar wurde, dass der Schweif des Kometen bei schönem Wetter zu sehen sein wird und das auch noch auf den deutschlandweiten Tag der Astronomie fiel, vereinbarte er mit dem Umweltamt der Stadt Sankt Augustin das Treffen für Interessierte. Ein geeignetes Gelände war schnell gefunden. "Die Steyler Missionare waren sehr kooperativ", freute sich Hombach.

Viele Besucher schossen Handy-Fotos von dem Kometen

Vor der Christus-Statue mit dem Blick gen untergegangener Sonne standen etliche Interessierte. Eine Zeit lang war das Objekt der Begierde mit seinem sicher gut drei Millionen Kilometer langen Schweif - das schätzten die Hobbyastronomen - mit bloßem Auge auszumachen. Viele schossen Handy-Fotos, auf denen sie neben dem ausgestreckten Arm der Jesus-Statue den hellen Punkt mit dem diffusen Nebel ablichten konnten.

Gut 100 Mitglieder hat der Zusammenschluss von Enthusiasten in der Region, die sich nun an der Aktion der "Vereinigung der Sternfreunde (vds)" beteiligte. In ihm haben die Amateurastronomen Deutschlands ihre Heimat. Ein neues Mitglied könnte bald hinzukommen. Hans-Dieter Adler war mit seinem Smart-Teleskop, einem "Seestar S 50" nach Sankt Augustin gereist. Über das Handy kann er sein kompaktes Gerät steuern, die Bilder speichert er auf seinem Smartphone ab.

Er hatte sehr gute Aufnahmen vom Kometen, die er gerne herzeigte. Publikum gab es genug. Im Dunkeln war es schwer abzuschätzen, aber es waren sicherlich mehr 100 Menschen gekommen, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten. Unter ihnen war Luuk, der Siebenjährige war total begeistert vom Blick durch das Fernrohr.

Als Kind habe ich oft auf der Wiese gelegen, nach oben geschaut und geträumt.

Kathrin Kotara, Besucherin der Sternstunden über der Heide

"Ich hab richtig gesehen, wie der Schweif des Kometen weggeht, das war richtig interessant", sagte der Siebenjährige. Zu Hause hat er ein Heimplanetarium, mit dem Blick auf den Sternenhimmel schläft er ein. Die Euphorie hat er von seiner Mutter geerbt." Meine Familie hatte ein Wochenendhaus in Neunkirchen-Seelscheid-Oberhorbach", erinnerte sich Kathrin Kotara, "da gab es keine Straßenlaterne. Als Kind habe ich oft auf der Wiese gelegen, nach oben geschaut und geträumt."

Mehrere Teleskope hatten die Sternfreunde aufgebaut, natürlich war das mit dem Blick auf Tsuchinshan-Atlas am dichtesten belagert. Doch anders als durch Fernglas oder mit dem bloßen Auge zeigte der Schweif in die andere Richtung, nach rechts statt nach links. Es war eben ein Spiegelteleskop. Auf dem Gelände gab es so viel mehr noch zu sehen. Der Saturn etwa stand in günstiger Position, sein Ring war bei 110-facher Vergrößerung deutlich zu erkennen.

Der Andromeda-Nebel ist die Nachbargalaxis der Milchstraße

Rüdiger Fischer stand ein bisschen weiter ab. Er hatte sein Fernrohr mit Nachführung auf den Andromeda-Nebel gerichtet, die Nachbargalaxie der Milchstraße, die bei klarem Himmel sehr gut zu beobachten war. Alle zwei Minuten schossen Rechner und Fotoapparat ein Bild. Die lagerten sich übereinander und es entstand eine faszinierende Aufnahme des rund 2,5 Millionen Lichtjahre entfernen Objekts.

"Es ist toll zusehen, wie unterschiedlich die Sterne durch das Teleskop aussehen", meinte der zehn Jahre alte Lorenz, "obwohl sie mit bloßem Auge alle gleich aussehen. Jeder hat seine eigene Meinung zu den Sternen, das finde ich spannend." Er stellte sich mehrfach in die Schlange, um Tsuchinshan-Atlas zu beobachten.

Martin Muss hatte in der Zeitung von dem Termin gelesen und hatte sich auf den Weg gemacht. "Das hörte sich interessant an", meinte er. Er hatte schon mal einen Astronomiekurs mitgemacht. "Das ist spannend, so was wie hier sieht man normalerweise nicht."

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Und so konnten die sternaffinen Besucherinnen und Besucher mal Messier M 57 anschauen, den Ringnebel, einen planetarischen Nebel im Sternbild Leier, "nur" 2300 Lichtjahre entfernt. Oder M 13, einen 26.000 Lichtjahre entfernten Kugelsternhaufen im Sternbild Herkules. Wer genug hatte vom Augenzukniepen, dem erklärten die Sternfreunde so nebenbei noch die ein oder andere Sternformation, den Großen Wagen etwa, die Wega oder Kassiopeia.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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