Wer etwas über den Wandel der Arbeitswelt durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz erfahren will, der muss sich nicht immer in den Dunstkreis der Start-ups und Technologielabore begeben.

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Denn versteckt in der Eifel arbeiten die Ingenieure und Planer des Maschinenbauers Holtec an Neuerungen, die einen der klassischen Wirtschaftszweige in der Eifel revolutionieren können.

Landrat Markus Ramers, die Leiterin der Wirtschaftsförderung im Kreis Euskirchen, Iris Poth, und Hellenthals Bürgermeister Rudolf Westerburg informierten sich vor Ort über die Produkte und Innovationen der Firma.

In Blumenthal werden komplette Sägewerke gebaut

Denn Holtec baut Maschinen für die Holzindustrie – was streng genommen eine starke Untertreibung ist. Tatsächlich sind es die kompletten Sägewerke, die an der Dommersbach in Blumenthal entstehen. Da die Anlagen aber die Größe des Betriebsgeländes übertreffen können, verlassen sie das Werk als Puzzle aus tausenden Einzelteilen, die von den Monteuren vor Ort zusammengesetzt werden.

Eine Herausforderung der besonderen Art, denn für die Kunden der Firma geht es um viel Geld. Einen zweistelligen Millionenbetrag kann eine komplette Sägestraße kosten, so dass die Betreiber schon mal nervös werden könnten, sollte die Anlage nicht wie bestellt funktionieren.

Doch pünktliche Fertigstellung sei gerade eine der Stärken der Eifeler Firma, sagt Geschäftsführer Alexander Gebele: "Vertrauen und Zuverlässigkeit sind wichtig." Er ist für die Unternehmensstrategie zuständig, während Ute Klement, Tochter des in diesem Sommer verstorbenen Firmengründers Peter Klement, als geschäftsführende Gesellschafterin für Personal und Finanzen zuständig ist.

Eifeler Unternehmen ist Weltmarktführer bei Paketkappsägen

Wenn der Begriff "Hidden Champion" fällt, dann ist Holtec ganz vorn in der Auswahl. Es sei zwar ein kleiner Markt, doch gerade bei Paketkappsägen, einer der ersten Innovationen von Holtec, sei das Unternehmen Weltmarktführer, so Gebele. Bei vielen Sägewerken in Mitteleuropa sei Holtec Ausrüster.

Was einfacher klingt, als es ist. Denn die Anlagen, die das Blumenthaler Werk verlassen, sind hochkomplex. Die Rundholzstämme werden gescannt, vermessen und die optimale Ausnutzung des Holzes berechnet. Für die Zukunft plant Holtec auch die Digitalisierung der Lagerhaltung. Denn durch eine Kooperation mit einer Kölner Firma, die große Kranportale produziert, sollen demnächst die Flächen, auf denen die Stämme auf die Verarbeitung warten, verändert werden.

Ähnlich wie in Containerterminals, ersetzt dann ein großes Portal mit einem zentralen Greifarm die Dieselbagger, die bislang die Hölzer zur Sägestraße bringen – eine massive Einsparung für die Betriebe, da ein Bagger rund 25 Liter Treibstoff pro Stunde verbrauche, wie Gebele vorrechnet.

"Damit werden auch die Wege nicht mehr benötigt, die bisher viel Platz in Anspruch nahmen", erläutert er. Genauso werde damit dem Fachkräftemangel in der Branche begegnet. Zwei derartige Anlagen seien bereits installiert, weitere folgen, so Klement.

Um das Konzept den Kunden zu veranschaulichen, baute Holtec 2023 ein Modell einer derartigen Portalanlage auf der Branchenmesse Ligna in Hannover auf. Ein riesiger Aufwand, der sich aber rentiert habe, berichtet Gebele. "Das hat die Leute zum Nachdenken gebracht", sagt er. Für die diesjährige Messe arbeitet Holtec mit Hochdruck, um die Branche weiter auf dem Weg des digitalen Wandels zu bringen.

Flutkatastrophe war Innovationsbeschleuniger bei Holtec

Dass es komplex sei, sichere den Betrieb – ansonsten könne es jeder, so das Mantra des Geschäftsführers. "Der aktive Umbau der Holzindustrie ist die Chance für Holtec", sagt er. Die gut ausgebildeten Mitarbeiter seien das Kapital der Firma. Viele Eigengewächse seien dabei. "Die Leute sind der Standortvorteil", so Gebele.

Doch immer noch sei Holtec ein metallverarbeitender Betrieb und die Werkshalle kein Reinraum. Dort werden die Einzelteile für die verschiedenen Anlagen produziert, darunter auch das Fundament für eine weitere Innovation: "Das ist die Basis für die schnellste Anlage in Deutschland, die über 50 Abschnitte pro Minute machen kann", erläutert Gebele das tonnenschwere Teil.

Viele der Maschinen in der Produktion sind neu. Innovationsbeschleuniger war die Flut, bei der der Betrieb auch unter Wasser stand. Nur bei drei Maschinen sei es möglich gewesen, sie wieder in Gang zu bringen, alles andere habe erneuert werden müssen, berichtet Gebele. Doch die Solidarität sei enorm gewesen: "Sechs Wochen danach haben wir wieder die Produktion aufgenommen", sagt er.

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"Diese Innovationen sind ein Beitrag zur Effizienzsteigerung und damit auch ein Mehrwert für die ganze Branche", zeigte sich Landrat Ramers beeindruckt. Es sei eine erstaunliche Vorstellung, dass die ganze Sägewerkslandschaft aus der Eifel revolutioniert werde.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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