Frau Herschbach, vor etwa zehn Jahren haben Sie und Ihr Team der Katholischen öffentlichen Bücherei in Zündorf einen neuen Schwerpunkt gegeben und fokussieren sich seither auf Kinderbücher und Medien. Warum?

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Irene Herschbach Wir hatten festgestellt, dass Kinder einen Großteil unserer Kundschaft ausmachen, für sie aber zu wenig Angebote bereitstanden. So haben wir Kinderbuch-Reihen, Tonies, Audio-CDs, Filme und Gesellschaftsspiele angeschafft und beständig aktualisiert. Wir haben unseren kleinen Bibliotheksraum an der Hauptstraße 145 so hergerichtet, dass Kinder sich wohlfühlen und selbst ihre Wahl treffen können. Uns war aber auch klar, dass es fast ausnahmslos Kinder aus Familien mit einem guten Bildungshintergrund waren, die uns besuchten. Deshalb haben wir mit vielen Angeboten versucht, Leseförderung niedrigschwellig schon im Kleinkindalter zu betreiben.

Wie funktioniert das?

Wir bieten für alle sieben Kindergärten im Ortsteil sogenannte Bib-Fit-Kurse. Mädchen und Jungen im Vorschulalter kommen dazu mit einer Erzieherin oder einem Erzieher in die Bücherei und lernen an drei Tagen, was es hier alles gibt, wie man das Richtige findet und mit Büchern und Medien umgeht. Vor allem können die Kinder entdecken, welche Freude Bücher schenken. Da zeigt sich ein Wunderland, das ihnen ein ganzes Leben lang offen bleibt.

Werden all diese Kinder dann zu eifrigen Kundinnen und Kunden?

Bedauerlicherweise nicht. Es steht und fällt mit den Eltern. Wir bieten im Rahmen der Bib-Fit-Kurse immer auch einen Nachmittag mit den Eltern aus den beteiligten Gruppen an und laden die Erwachsenen dazu ein, mit den Kleinen das überkonfessionelle und vollständig kostenfreie Angebote zu nutzen. Vor allem machen wir ihnen deutlich, wie bedeutsam das Leseverständnis als Grundlage zum Wissen und zum Schulerfolg ihrer Kinder ist. Doch nur ein kleiner Teil nimmt das Angebot später an.

Frustriert Sie das?

Wenn nur ein einziges Kind durch unsere Angebote einen besseren Zugang zu Sprache und Bildung bekommt, zählt das schon als Erfolg. Wir arbeiten aber auch an weiteren, leicht zugänglichen Angeboten. Einmal im Monat gibt es die Kinderbücherei, bei der Erzieherinnen mit kleinen Gruppen ohne Zeitdruck die Bücherei und ihr Angebot erleben können, während die Eltern im Nebenraum mit Lektüre oder Spielen versorgt werden. Über die Aktion "Lesen in allen Sprachen" der Stiftung Lesen beteiligen wir uns daran, Kinder mit ausländischen Wurzeln in ihrer Muttersprache zu stärken. Erwiesenermaßen ist die gute Kenntnis der eigenen Muttersprache eine wichtige Grundlage zum sicheren Erwerb weiterer Sprachen. Wir haben Kinderbücher angeschafft und auch den Kitas zur Verfügung gestellt, in denen die Texte auf Deutsch und zusätzlich beispielsweise auf Türkisch, Arabisch, Ukrainisch oder Russisch zu lesen sind. An einer Kita ist dadurch eine Aktion entstanden, bei der Mütter eines der Bücher in ihrer jeweiligen Sprache vorstellen. Dabei erleben die deutschsprachigen Kinder übrigens selbst einmal, wie es ist, ein Buch in einer Sprache vorgelesen zu bekommen, von der sie nicht jedes Wort verstehen. Eine interessante Erfahrung.

Niedrigschwellige Angebote kommen also besonders gut an?

So ist es, und es gibt noch viele weitere Ideen, solche Angebote auszubauen. Ich könnte mir vorstellen, regelmäßige Vorlesestunden im Grünen an der Groov oder im Wohngebiet Rosenhügel anzubieten. Das würde auch Menschen erreichen, die möglicherweise gar keine Ahnung von der Existenz der Bücherei haben. Aber unser kleines, ehrenamtliches Team kann so etwas personell allein nicht leisten, leider. Für solche Projekte bräuchten wir mehr Helferinnen und Helfer, die unsere Arbeit aktiv unterstützen.

Und was können Eltern dazu tun?

Die Eltern sind unglaublich wichtig. Ohne ihre Hilfe schaffen wir es nicht ansatzweise, Kinder zum Lesen zu bringen. Mütter und Väter, die ihre Kinder zuerst zur Bücherei begleiten, sie später auch allein in den Medien stöbern lassen, die ihren Kindern vorlesen und mit ihnen Gesellschaftsspiele spielen, schaffen eine gute Grundlage für den Bildungserfolg. Wichtig ist, die Kinder möglichst früh allein aussuchen zu lassen, was sie lesen wollen. Ein Buch, das Eltern mit durchaus bester Absicht fürs Kind aus der Bücherei mitbringen, macht nicht halb so viel Lust zum Lesen wie eins, das ein Kind selbst ausgesucht hat.

Irene Herschbach leitet in ihrer Freizeit das ehrenamtliche Team der Katholischen öffentlichen Bücherei (KöB) Zündorf. Gleiche Bildungschancen für alle Kinder zu schaffen, ist ihr ein großes Anliegen. Dazu sind Ideen, Unterstützerinnen und Unterstützer willkommen.

Vielen Dank für Ihr Interesse
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Die KöB an Sankt Mariä Geburt, Hauptstraße 145, ist eine von 370 Pfarrbüchereien im Erzbistum Köln. Medien können hier vollständig kostenfrei entliehen werden. Die Öffnungszeiten sind sonntags von 10 bis 13 Uhr und mittwochs von 15.30 Uhr bis 18.30 Uhr.

pfarrbuecherei-zuendorf@gmx.de  © Kölner Stadt-Anzeiger

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