Manchmal sind es nur kleine Dinge, die das Leben schwierig machen. Ein Beispiel: Wer zum Singen ins "Haus der Musikschule" möchte, berichtet die ältere Dame, müsse Treppen überwinden.
Ohne Treppensteigen gelange kein Sänger, kein Sängerinnen zum Angebot. Ihr Ehemann, der an fortschreitender Demenz leide, sei immer sehr gerne zum Singen gegangen.
"Singen ist gesund, es hilft, die Demenz aufzuhalten", sagt die Ehefrau, beim Singen erinnere sich ihr Mann an Ereignisse von früher. Er sei immer wie ausgewechselt zurückgekommen. Aber seit einiger Zeit sei ihr Mann nicht mehr in der Lage, das Singe-Angebot wahrzunehmen. Nicht wegen seines gesundheitlichen Zustands.
Sondern wegen der Treppenstufen und der fehlender Barrierefreiheit dieses Gebäudes am Langemarckweg. Ihrem Mann fehle damit die einzige Betätigung, die ihm in seiner letzten Lebensphase noch geblieben sei. Die Sorge sei jetzt, dass seine Erkrankung voranschreite.
Er würde sich so wünschen, weiter zum Singen zu kommen. Aber die Situation im "Haus der Musik" lasse dies nicht zu. Für ihn und auch für sie sei dies ein großes persönliches Drama. Bislang haben niemand bei der Stadt helfen können, auch nicht die Inklusionsbeauftragte Monika Hiller. Barrierefreiheit, Inklusion, Teilhabe: Alles hängt miteinander zusammen, vieles wird von der Gesellschaft für das Erreichen dieser Ziele unternommen.
Ungelöste Situation
Per Gesetz ist festgeschrieben, dass neue oder umgebaute Verwaltungsgebäude barrierefrei sein müssen, in vorhanden muss alles für eine Barrierefreiheit gemacht werden-. Auch in der Verwaltung in Bergisch Gladbach wird seit vielen Jahren dafür gearbeitet, Barrierefreiheit überall zu ermöglichen – für die Mitarbeitenden, für die Besucher und Gäste.
Aber eine Barrierefreiheit im Haus der Musik ist bislang nicht erreicht worden. Ein großes Problem für alle, die mit Behinderung leben. Das bestätigt auch Patrick Ortmanns, einer der Sprecher der Stadt auf Nachfrage. Die Verwaltung bedauere sehr diese Situation.
Im "Haus der Musik" hängt alles vom Einbau eines Plattformliftes ab. Solch ein Gerät kann auf knappem Raum eingebaut werden und befördert Personen mit Handicap in die oberen Geschosse. Beispielhaft gelang dies in Kürten im Nebengebäude des Rathauses, 1956/1957 errichtet. Die Technik braucht nicht viel Platz, der Kürtener Lift arbeitet zuverlässig.
Treppe ist nicht breit genug
Im "Haus der Musikschule" ist es anders: "Nach Rücksprache mit dem zuständigen Fachbereich Immobilienbetrieb können wir mitteilen, dass im Herbst 2023 eine Prüfung zur Installation eines Plattformliftes stattgefunden hat", berichtet der Sprecher.
Leider habe sich herausgestellt, dass ein solcher Einbau aufgrund der "spezifischen baulichen Gegebenheiten" der Musikschule nicht möglich sei. Insbesondere die geringe Breite des Treppenhauses sei ausschlaggebend. Ob es statt eines Plattformliftes irgendwann einen richtigen Personenlift geben könnte, ist eher mit Fragezeichen zu versehen.
Es gibt einen Sanierungsstau
Eine Prüfung des Aufzug-Einbaus werde an die Fachabteilung übergeben werden, sagt der Sprecher. Der entscheidende Hinweis kommt im nächsten Satz: "Allerdings muss hier auch erwähnt werden, dass aufgrund des Sanierungsstaus an den Grund- und weiterführenden Schulen der Stadt eine zeitnahe Realisierung nicht garantiert werden kann." Was daraus u interpretieren ist: Es fehlt an Finanzen und es fehlt an Planenden für einen Personenlift.
Mit der Inklusionsbeauftragten der Stadt sei dennoch vereinbart worden, dass man sich noch einmal mit dem Immobilienbetrieb zusammensetzen wird. Gemeinsam soll in dieser Runde über eine machbare Alternative nachgedacht werden, berichtet der Sprecher. Das aber ist noch nicht geschehen, die Suche nach einer kreativen Lösung läuft innerhalb der Verwaltung weiter. Immerhin: Die barrierefreien Toiletten im Erdgeschoss seien wieder instandgesetzt worden, während des Betriebs der Musikschule stünden sie zur Verfügung.
Der Sprecher versichert, dass das Thema der Barrierefreiheit an der Musikschule weiter im Blick der Stadt sei und die zuständigen Abteilungen im Austausch seien, um nach Lösungen zu suchen. © Kölner Stadt-Anzeiger
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