Schon im vergangenen Jahr widmete sich Hermann Rheindorf intensiv dem Rhein, seinen verwinkelten Städten und hart arbeitenden Anwohnern.

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Mindestens 100 Jahre alte Archivaufnahmen montierte der Kölner Filmemacher zu einem Panorama der Lebensverhältnisse am sagenumwobenen Fluss, der im Winter noch dick genug zufror, um einem Auto Halt zu geben.

Konzentrierte sich Rheindorf im ersten Teil auf das Mittelrheintal als romantischer Projektionsfläche von Nationalisten und Touristen, geht die Fahrt nun weiter in Richtung Norden zum Niederrhein. "Das alte Rheinland in Farbe 2" ist eine Collage aus 1000 einzelnen Szenen, die sich zu einem nostalgischen Ausflug vom Drachenfels bis nach Nimwegen in den Niederlanden zusammenfügen. Das aus Archiven rund um den Globus zusammengetragene Material entstand zwischen 1896 und den 1930-er Jahren und ist in restauriertem und koloriertem Zustand zu bewundern.

Film zeigt seltene Aufnahmen von Willi Ostermann

Diesmal werden zudem Protagonisten, deren Stimme damals noch nicht aufgezeichnet werden konnte, nachsynchronisiert. Kurze Sätze, die etwa Oberbürgermeister Konrad Adenauer oder Krätzchensänger Willi Ostermann stumm in die Kamera sprachen, sind nun mit Hilfe einer Lippenleserin identifiziert und vertont worden. Ostermann rollt in einer der ganz seltenen Filmaufnahmen von ihm übertrieben mit den Augen und improvisiert auf Kölsch wild drauflos.

Vom (fiktiven) Interviewer gefragt, was es außer Melone, altem Anzug und Bart noch brauche, um Filmstar wie Charlie Chaplin zu werden, zündet sich Ostermann eine Zigarette an und lässt seinen Assoziationen freien Lauf: "Dozo esse domm, domm wie Pack Strüh. Dozo weed´e zum Kapser – peinlich." Übersetzt: "Dazu ist er dumm, dumm wie Stroh. Dazu macht er sich zum Kasper – peinlich." Das skurrile Statement endet mit: "Oh Bambo Tamtam, oh Bambo Tamtam, oh Bambo ab, ab abbrechen!"

Aufwändige Recherchen, die die Industrialisierung des Rheinlands nachzeichnen

Die Bilder von Ostermann stammen aus dem Jahr 1928, Urheber ist der jüdische Fotograf Werner Mantz, der in der Nazizeit nach Maastricht umsiedelte und sein Material so retten konnte. "Das sind die einzigen längeren Filmaufnahmen, die es überhaupt von Willi Ostermann gibt", sagt Hermann Rheindorf. Von Mantz verwendete er auch Szenen vom Rodenkirchener Strandbad, wo einst ein Zaun die männlichen von den weiblichen Badegästen trennte. Nun, in den freizügigen 1920-er Jahren, vergnügen sie sich gemeinsam im Rhein an der "Kölschen Riviera."

"Es war eine sehr, sehr aufwändige Recherche", sagt der 59-jährige Filmemacher, der zahlreiche Heimat- und Vereinsarchive nach Material durchforstete. Schließlich mussten die Szenen auch lokalisiert und in die große Geschichte eingebettet werden. Dazu gehören diesmal viele Einsichten in die industrielle Arbeitswelt, die die beschaulichen Rhein-Landschaften und Lebensgewohnheiten in nie dagewesenem Maß veränderten.

Eine Zeit, in der Tradition und Moderne noch parallel existierten

Bei Stollwerck produzieren die jungen "Schokoladenmädchen" Kamelle am laufenden Band, im neuen Ford-Werk entstehen Autos im 90-Minuten-Takt. Schräg gegenüber wird bei Bayer an Medikamenten und Schädlingsbekämpfungsmitteln geforscht. In Duisburg geht es mit der Stahlindustrie weiter, deren "Kathedralen der Technik" schon bald eine ganz neue Bedeutung bekommen sollen: "Es dauert nicht lange und die Industrie an Rhein und Ruhr wird zur Waffenschmiede des Deutschen Reichs", heißt es im Kommentar.

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Dokumentiert wird eine Zeit, in der Tradition und Moderne noch parallel existierten und der Zweite Weltkrieg die Städte noch nicht ruiniert hatte. Rußende Dampfschiffe müssen sich den Rhein mit Holzflößen und Aalfangbooten teilen, feste Rheinbrücken aus Stahl und Stein stehen neben schwimmenden Schiffbrücken, die für jede Bootsdurchfahrt geöffnet werden müssen. "Diese Gleichzeitigkeit macht den besonderen Reiz aus", sagt Hermann Rheindorf über seinen Film.

"Das alte Rheinland in Farbe 2, Der Niederrhein", ISBN/(EAN): 978-3-948659-09-7, 100 Minuten, als DVD, VoD oder Download erhältlich u.a. unter www.rheindvd.de  © Kölner Stadt-Anzeiger

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