Faire du feu, also Feuer machen, sagt man beim Boulespiel, wenn eine der Metallkugeln auf eine andere trifft und beim Aufprall Funken sprühen lässt.
Auf dem Gelände des Boule-Clubs Weilerswist (BCW) sind es aber leider andere, die Feuer und allerlei Unsinn machen, dafür sprühen die Mitglieder des Vereins mittlerweile – vor Resignation und vor Wut.
Zuletzt am Neujahrstag. Traditionell trifft man sich am späten Vormittag, um auf das neue Jahr anzustoßen und in geselliger Runde die ersten Kugeln rollen zu lassen. Daraus wurde aber nichts, denn einmal mehr hatten sich Unbekannte gewaltsam Zutritt zum Clubheim verschafft, wo es jedoch schon lange nichts mehr zu holen gibt. Polizei und Spurensicherung rückten an, danach gingen die Mitglieder daran, das Chaos zu beseitigen und Scherben aufzukehren. Die Boulekugeln blieben in den Taschen.
Mehr als 35 Anzeigen in den vergangenen acht Jahren
Die überwiegend älteren Mitglieder des BCW haben es schlichtweg satt. Die Zahl der Anzeigen wegen Einbruch, Vandalismus, verfassungswidrigen Schmierereien und sonstigen Sprühaktionen liegt allein in den vergangenen acht Jahren bei mehr als 35. Allerdings habe man viele Schäden gar nicht erst zur Anzeige gebracht, sagt Geschäftsführerin Ulrike Sanders. "Niemals hätte ich gedacht, so viel mit der Polizei zu tun zu bekommen."
Die ungebetenen Besucher auf dem Carqueiranne-Platz, wo die Boule-Freunde ihr Zuhause gefunden haben, haben über die Jahre deutliche Spuren hinterlassen. Der Jägerzaun am Eingang ist angekokelt, Bänke sind zerstört, die Flutlichter zerborsten. Die Überdachung im Außenbereich samt Theke ist in erbärmlichem Zustand: Balken, Leisten und Dachrinnen wurden teilweise zerstört, heraus- und heruntergerissen. Glassplitter, Kronkorken und Abfall lassen erahnen, was sich in den Abendstunden hier abspielt.
Und dann ist da noch das einst weiße Clubhaus des Vereins: Es ist mit einer solch imposanten Fülle an Schmierereien überzogen, dass man sich nicht mitten in einem Wohngebiet im heimeligen Weilerswist wähnt. Die Schäden der letzten acht Jahre belaufen sich laut Ulrike Sanders auf rund 20.000 Euro. Eine Versicherung, die Einbruchschäden und Vandalismus abdecken würde, könne sich der Verein nicht leisten. "Allein weil das Clubhaus frei stehend ist, würde uns das ein Wahnsinnsgeld kosten", erklärt Christian Freund, zweiter Vorsitzender des Boule-Clubs.
Große Fenster in Weilerswister Boule-Clubhaus zugemauert
Alles Geld, das der Boule-Club über Veranstaltungen wie etwa das beliebte "Swister Türmchen Turnier" einnehme, fließe in die Reparaturen. Freund: "Wir sind ein kleiner Verein mit 38 Mitgliedern, überwiegend Senioren. Und der Jahresbeitrag liegt bei 40 Euro." Rücklagen lassen sich da kaum schaffen.
Einfallsreich haben die Boulespieler über die letzten Jahre aufgerüstet: Das große Fenster im Clubhaus wurde kurzerhand zugemauert, Kellertüren und Luftschächte zusätzlich verrammelt und die zwei kleineren Fenster der Toiletten mit Holzplatten geschützt, an denen dicke Vorhängeschlösser baumeln. "Man kann sich nicht vorstellen, wie viele Schlösser wir schon nachgekauft haben", sagt Freund und winkt resigniert ab.
Auch Hinweisschilder und sogar eine Fake-Kamera habe man aufgestellt, jedoch ohne Erfolg. Die Fassade des Clubhauses wurde bereits zweimal neu gestrichen. "Das haben wir mittlerweile drangegeben", sagt der zweite Vorsitzende. Repräsentativ ist das Gelände des Boule-Clubs schon lange nicht mehr. Wie reagieren befreundete Vereine, die regelmäßig zu Turnieren nach Weilerswist kommen? "Na ja, die bemitleiden uns", so Christian Freund.
Verein hat schon versucht, Jugendliche einzubeziehen
Immer wieder erleben die Boulespielerinnen und -spieler böse Überraschungen, wenn sie auf das Gelände kommen. Mal liege ein Fahrrad auf dem Dach des Hauses, mal wurden die Spielbahnen mit BMX-Rädern umgepflügt oder ein ganzer Baum in Brand gesteckt. Auch für die Anwohner entlang des Carqueiranne-Platzes sei der Lärm der abendlichen Besucher störend, weiß Ulrike Sanders, die selber dort wohnt.
Tagsüber seien oft Kinder und Jugendliche auf dem Gelände. Zu späterer Stunde kommen Ältere, die man nicht genau zuordnen kann. "Mit den Jugendlichen haben wir schon oft ganz vernünftig geredet, haben versucht, sie einzubeziehen. Zum Beispiel haben wir angeboten, eine Wand des Clubheims von ihnen mit Graffiti-Kunst gestalten zu lassen", sagt ein Vereinsmitglied, das seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.
Die Gemeinde Weilerswist weiß um die Not des BCW und bedauert die wiederholten Vorgänge. "Uns ist es wichtig, Vereine wie den Boule-Club zu unterstützen und gleichzeitig präventiv gegen gesellschaftliche Probleme wie Vandalismus vorzugehen", sagt Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst. Dies sei eine Aufgabe, die man nur gemeinsam mit den Betroffenen und anderen Partnern lösen könne.
Ordnungsamt kontrolliert verstärkt
Die Gemeinde habe in der Vergangenheit Maßnahmen umgesetzt, um die Situation auf dem Gelände zu verbessern: Zwischen dem Bouleplatz und dem daneben liegenden Spielplatz wurde vor einigen Jahren eine Hecke gepflanzt, um die Bereiche besser voneinander zu trennen. Auch würden Ordnungsamtsmitarbeiter und die Beamten der Polizeistation Weilerswist den Bereich regelmäßig kontrollieren, "soweit es die Kapazitäten zulassen". Horst: "Die Gemeindeverwaltung ist im engen Austausch mit der Polizei, um alle rechtlichen Handlungsmöglichkeiten auszuschöpfen."
Die beste Lösung wäre es, einen Zaun um das Gelände zu ziehen, ähnlich dem, der den Weilerswister Sportplatz einfriedet. Seitens der Gemeindeverwaltung heißt es, man habe den BCW im Frühjahr 2021 vorgeschlagen, hierfür eine Sportförderung zu beantragen. "Wir haben damals Unterstützung bei der Antragstellung angeboten. Im Mai 2021 lag der fertig ausgefüllte Antrag vor, er wurde jedoch seinerzeit vom Boule-Club abgelehnt", schreibt Pressesprecherin Clarissa Timme.
Das allerdings weist Geschäftsführerin Sanders von sich: "Abgelehnt haben wir das sicherlich nicht." Allerdings wurde damals beim BCW ein Wechsel an der Spitze vollzogen, Unterlagen waren nicht greifbar. "Vor allem aber fehlte für den Antrag der Pachtvertrag zwischen Partnerschaftsgesellschaft und Gemeinde, zu dem ein Lageplan des Areals gehört", so Sanders. Die Gemeinde ihrerseits habe damals mitgeteilt, dass niemand Zeit finden würde, die zweite Ausfertigung des Vertrags im Archiv zu suchen. "Und so haben wir die Frist verpasst", bedauert die Geschäftsführerin.
Abgesehen davon, dass ein Zaun sicherlich besser vor Vandalen und Einbrechern schützen kann, wäre er doch auch ein Stück weit Verrat an der ursprünglichen Idee: der eines offenen Platzes mit südfranzösischem Flair, schattigen Plätzen unter Platanen und dem Angebot an alle Weilerswister, Boule zu spielen.
Unterstand als Jugendtreff geplant
Die Gemeinde arbeitet nach eigener Auskunft derzeit an langfristigen Lösungen für die Jugendarbeit. "Wir haben in den vergangenen Jahren intensiv mit den Jugendlichen gesprochen, die sich dort treffen", sagt Sophie-Charlotte Thuy, Sachbearbeiterin für Kinder- und Jugendbetreuung. Gemeinsam sei ein Antrag an das Kinder- und Jugendparlament auf einen Unterstand als Treffpunkt in direkter Nähe des Carqueiranne-Platzes gestellt worden, der im Gemeindeausschuss vorgestellt wurde. "Wir erwarten, dass die Bauarbeiten im Frühjahr dieses Jahres starten können", sagt Thuy.
Weilerswister boulen in der Bezirksklasse
Der Boule-Club Weilerswist (BCW) ist seit 1985 eine eigenständige Abteilung der Partnerschaftsgesellschaft Weilerswist – Carqueiranne (PG). Auf dem brachliegenden Gelände zwischen Karlstraße und Bahnlinie, das die PG damals von der Gemeinde pachten konnte, legten die Boulefreunde mit viel Eigenleistung 32 Spielbahnen an, pflanzten Bäume und zimmerten Bänke. Der Bouleplatz erhielt den Namen "Carqueiranne-Platz". 1988 wurde dann das Clubheim gebaut.
Als Sportverein gehört der BCW dem Boule- und Petanque-Verband NRW an. 2023 ist er mit seiner ersten Mannschaft in die Bezirksklasse aufgestiegen. Im vergangenen Jahr erreichten die Spielerinnen und Spieler hier zwar nur den fünften Platz, stiegen aber nicht ab, womit die Mannschaft sehr zufrieden ist. © Kölner Stadt-Anzeiger
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