An Müllabfuhrtagen herrscht schon frühmorgens bange Spannung in der Tilsiter Straße. Die Bewohner der sieben letzten Häuser am Ende der kleinen Sackgasse fragen sich: Wird wohl heute unser Müll abgeholt?
Oft genug ist das nicht der Fall – die AWB-Fahrzeuge kommen wegen geparkter Fahrzeuge im vorderen Bereich nicht durch, Pech gehabt.
Die Folgen sind überquellende Behälter, Gestank, Ungeziefer und vor allem gewaltiger Frust angesichts der Tatsache, dass sich trotz vielfacher Hilfeersuchen an die Stadt nichts ändert. Je nachdem, ob morgens um 7 Uhr die kurvige Zufahrt zugeparkt ist oder nicht, kommt die Müllabfuhr – oder nicht. Das gleicht einem Glücksspiel, bei dem die Anwohner ohne eigenes Zutun zu Verlierern werden.
Porzer kämpft gegen Müll-Chaos
Felix Niehaus, der nicht mit seinem richtigen Namen in der Zeitung stehen will, hat diverse Vorstöße unternommen, um die Spielregeln für das Urbacher Müll-Roulette zu verändern. Er hat Kontakt zu den Abfallwirtschaftsbetrieben und zur Stadtverwaltung gesucht. Er hat das Ordnungsamt angerufen, um geparkte Fahrzeuge rechtzeitig vor 7 Uhr zu entfernen, er hat die Polizei um Hilfe gebeten. Alles ohne durchschlagenden Erfolg, dabei fühlt er sich langsam "wie ein Dorfsheriff wider Willen", sagt der Familienvater.
"Wenn ich mich bei der AWB beschwert habe, hieß es stets, dass die Straße zugeparkt sei. Mal sagte man mir, dass die AWB das Ordnungsamt anruft, um eine Beseitigung des Hindernisses zu erreichen. Ein andermal wurde mir mitgeteilt, dass die AWB grundsätzlich nicht das Ordnungsamt anrufe", berichtet Niehaus.
Auf mehrere per Webformular eingereichte Beschwerden bei der Stadt habe er zur Antwort bekommen, dass die Autos dort prinzipiell parken dürften und er bei einem konkreten Verstoß das Ordnungsamt rufen solle.
Parkverstöße hat Folgen für Müllabfuhr
Dies habe dazu geführt, dass er regelmäßig frühmorgens mit einem Zollstock bewaffnet kontrolliere, ob das Mindestmaß der Fahrbahnbreite eingeschränkt sei. Dann rufe er das Ordnungsamt an – das allerdings erst ab 7 Uhr erreichbar sei, wenn "der Müll oft schon abgeholt wird – oder eben nicht", sagt Niehaus frustriert. Dass er in seiner eigenen Nachbarschaft Parkverstöße denunzieren müsse, empfinde er vor dem Hintergrund eines guten nachbarlichen Miteinanders als unerträglich.
Felix Niehaus hat schließlich vorgeschlagen, dass ein Halteverbot – möglicherweise werktags von 7 bis 14 Uhr – eingerichtet und die Einhaltung regelmäßig kontrolliert werde. Doch seitens der Stadt bekam er darauf keine zufriedenstellende Antwort.
Auf Anfrage dieser Zeitung bestätigen die Abfallwirtschaftsbetriebe nach Auskunft des Presseamtes, dass "etwa zweimal im Monat" das AWB-Fahrzeug die Straße nicht befahren könne und die Leerungen entsprechend ausblieben.
Müllproblem in Urbach: Abstimmung und Überwachung gefordert
Die Stadt ergeht sich dann in theoretischen Überlegungen dazu, wohin Anwohner ihre Müllbehälter bringen müssten, wenn eine Straße für das Sammelfahrzeug nicht befahrbar sei. Das gelte hier aber nicht, "weil die Problematik nicht darin besteht, dass die Straße generell nicht befahrbar ist, sondern aus unzulässig abgestellten Fahrzeugen resultiert." Eben wie Niehaus es beschrieben hat.
Der Vorschlag kleinere Müllsammelfahrzeuge einzusetzen, wurde aus Kostengründen abgelehnt. Eine Überprüfung der Verkehrssituation in der Tilsiter Straße 2022 durch die Stadt bestätigte ein gesetzliches Haltverbot im oberen Kurvenbereich und auf dem geraden Mittelabschnitt. Die Fahrgassenbreite reiche nicht für Feuerwehr und Großfahrzeuge.
Es werde angeregt, "die Verkehrssituation an den Abfuhrtagen noch einmal bilateral zwischen AWB und städtischem Verkehrsdienst abzustimmen. Gegebenenfalls könnten eine Information an die Anliegenden oder eine vorübergehend verstärkte Überwachung zu einer Verbesserung führen".
Das Ordnungsamt sei mehrmals vor Ort gewesen und "konnte keine negative Feststellung treffen. Jedes Mal war eine Restbreite von mehr als drei Metern gegeben", heißt es abschließend in der Presseauskunft.
Ein ausführliches Antwortschreiben auf seine Hilfeersuchen hat inzwischen auch Felix Niehaus bekommen, mit demselben Hinweis auf mögliche Abhilfe, wenn "in konkreten Beschwerdelagen an Tagen der Müllabfuhr" das Ordnungsamt einschreiten solle. Sprich: Niehaus oder seine Nachbarn müssen weiterhin selbst um freie Fahrt für Müllwagen kämpfen. Das Beschwerdemanagement der Bürgerdienste bittet den Anwohner um Verständnis dafür, dass "aus Sicht der Verwaltung leider keine andere Möglichkeit besteht". Dieses Verständnis bringt Niehaus beim besten Willen nicht auf. Das Müll-Roulette an der Tilsiter Straße geht weiter. © Kölner Stadt-Anzeiger
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