"Wahnsinn, ich bin nur eine Woche nicht hier gewesen", sagt Sonja Boddenberg, als sie nach ihrem Weihnachtsurlaub den Baufortschritt neben der Anno-Kirche besichtigt – so viel sei in nur wenigen Tagen passiert, freut sich die Geschäftsführerin des Kinderheims Pauline von Mallinckrodt.
Auf einem Teil des Grundstücks an der Ecke Kempstraße/Bambergstraße zeigt sich bereits der Neubau eines Erdgeschosses, daneben eine sauber geschotterte Fläche, auf der Baumaterial gelagert wird. Zwei Wohnhäuser entstehen hier, die die Möglichkeiten des Wolsdorfer Kinderheims Pauline von Mallinckrodt entscheidend erweitern. Pauline wird inklusiv.
Für das Siegburger Kinderheim geht es um Zukunftsausrichtung
"Es geht um Zukunftsausrichtung" Boddenberg. "Der Gedanke Kind ist Kind steht im Vordergrund, wir unterscheiden nicht zwischen behindert und nicht behindert." Die Neubauten werden auf Bewohner mit Sinnes- und körperlichen Beeinträchtigungen zugeschnitten, unterkommen sollen aber auch Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen.
"Wir werden uns noch multiprofessioneller aufstellen müssen", so Boddenberg weiter. So sei derzeit noch schwer vorherzusagen, was das einzelne Kind jeweils brauchen werde. Heilerziehungspflegekräfte könnten gebraucht werden, aber auch Krankenpflegekräfte. "Wir brauchen Flexibilität in der Teamzusammensetzung." Boddenberg und Thomas Arentz, der als weiterer Geschäftsführer für das Finanzielle zuständig ist, rechnen mit 20 Beschäftigen. Für die richtige Besetzung laufe derzeit ein Coachingprogramm.
Arentz kalkuliert mit Investitionskosten von rund vier Millionen Euro, wobei allerdings Fördermittel fließen sollen. Zusagen gebe es bereits. "Ziel ist, möglichst wenig Eigenkapital einzusetzen."
Die Höhe der Gebäude orientiert sich an den Franzosenbauten
Das Gebäude an der Kempstraße orientiert sich mit drei Etagen plus Dachgeschoss an der Höhe der sogenannten Franzosenbauten aus den 1920er Jahren nebenan. Das sei eine Auflage der Stadt gewesen. Das Haus an der Bambergstraße bekommt eine Etage weniger. Eine Tagesgruppe für Kinder im Grundschulalter zieht ins Erdgeschoss, Jugendliche und junge Erwachsene in die beiden oberen Geschosse.
Kinder mit Rollstühlen sollen alle in Zimmer fahren und die Küchen mitbenutzen können. Völlig barrierefrei, also mit entsprechenden großen Flächen, werden indes nicht alle Zimmer ausfallen. Auch seh- und hörbeeinträchtigte Kinder sollen sich gut zurechtfinden, beim Innenausbau kann bei Bedarf nachgerüstet werden.
Im Gebäude an der Bambergstraße sollen Kinder ab vier Jahren bis ins junge Erwachsenenalter unterkommen. 32 Bewohner wird es insgesamt maximal geben, 22 davon werden vor Ort leben. Bei der Planung habe man sich mit Architektinnen vom Landschaftsverband beraten, um die entsprechenden Normen einzuhalten, so Arentz.
Eine böse Überraschung gab es, als der Keller ausgeschachtet wurde: Das Grundwasser stand zu hoch für ein Untergeschoss, sodass die Planung noch einmal verändert werden musste. "Dass das so extrem war, konnte niemand ahnen", so Arentz. Er betont, dass auch die vorgeschriebenen Parkplätze für die Beschäftigten im Schichtdienst geschaffen werden.
Projektname ist Bake 68
Projektname ist Boddenberg zufolge "Bake 68", nach den Hausnummern 6 und 8 und den Anfangsbuchstaben der beiden Straßen. Eine Bake sei passenderweise zudem ein Seezeichen für Schiffe.
"Wir müssen uns verstärkt dem Thema Inklusion zuwenden", betont Boddenberg, die davon ausgeht, dass die Jugendhilfe gesetzlich ab 2028 für alle Kinder zuständig sein wird. "Inklusion entspricht aber auch unserer Haltung", betont sie. Die Ordensgründerin Pauline von Mallinckrodt (1817 bis 1881) habe ihre Arbeit auch mit einem blinden und geistig beeinträchtigten Mädchen begonnen.
"Im Moment können wir bestimmte Kinder nicht betreuen", bedauert Boddenberg. Ein gehörgeschädigtes Kind etwa habe man vor einiger Zeit in eine Spezialeinrichtung geben müssen, auch ein Kind mit Rollstuhl, das man nicht habe duschen und baden können. Dabei hätte es ganz normal eine Gruppe gepasst. Ziel sei es allerdings nicht, Kinder mit Schwerstbehinderungen aufzunehmen. In der Hinsicht sei Siegburg allerdings mit dem Kinderheim Dr. Ehmann besonders gut aufgestellt.
Erste Erfahrungen zur Inklusion in Siegburg-Kaldauen gesammelt
In der Kindergruppe Jimballa in Kaldauen mit ihrem inklusiven Ansatz habe das Kinderheim bereits erste Erfahrungen sammeln könne. "In unserem Altbau von 1903 geht das einfach nicht", bedauert Boddenberg. Langfristig werde man aber auch dort neue Konzepte brauchen, für das Haus, wie auch für den Spielplatz. Immerhin gehe es in der Pauline um das Individuum.
"Wir versuchen so zu erziehen, dass wir uns alle miteinander akzeptieren, respektieren und gegenseitig verstehen, dann geht es jedem Kind ein Stück besser." Einweihung soll im Herbst 2026 gefeiert werden. "Ich freue mich unendlich, wenn das fertig ist und wir einziehen können." © Kölner Stadt-Anzeiger
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.