Für die hiesigen Klassik-Liebhaber konnte der Jahresauftakt kaum schöner sein. Die Neue Philharmonie Westfalen gab am Donnerstagabend in der Stadthalle ihren mittlerweile obligatorischen Startschuss in das neue Troisdorfer Kulturjahr.
Mit der Losung "Molto virtuoso" hatte das Orchester, das 1996 der Fusion des Westfälischen Sinfonieorchesters Recklinghausen und des Philharmonischen Orchesters der Stadt Gelsenkirchen entsprang, die Erwartungen hochgeschraubt. Sie wurden erfüllt, was nicht nur an hervorragend abgelieferten Werken lag, wie Chatchaturjans rasantem "Säbeltanz" oder dem nicht minder feurigen "Hummelflug" von Rimsky-Korsakow lag.
Begeisterung beim Publikum in der Troisdorfer Stadthalle
Vor allem der 22-jährige Solo-Geiger Tassilo Probst spielte sich in die Herzen der Gäste. Gerne wird von der Violinisten-Gilde zu Hochgewächsen wie Sarasates "Zigeunerweisen", Montis "Csárdás" oder Paganinis "Caprice Nr. 24" gegriffen. Gemeinsam haben die Stücke die Fülle an technischen Höchstschwierigkeiten und deren irrwitzigen Tempi.
Damit lässt sich glänzen und reicher Jubel ist einem in der Regel sicher – wenn diese Perlen so gelingen wie dem jungen Münchener. Der spielte sich mit bewundernswertem Selbstverständnis durch Arpeggios, rasende Saitenübergänge und Intervallwechsel, gewürzt mit vielerlei Doppelgriffen. Mit dem letzten Bogenstrich seines sensationellen Csárdás brandete Jubel auf in der gut gefüllten Halle. Der galt auch dem langsamen Mittelstück mit Prosts zart singendem Spiel auf der E-Saite, quasi als Ruhe vor dem Sturm eines furiosen Finales.
Die Neue Philharmonie stand dem in nichts nach. Zeigte sich dem Tempo in Bernsteins Ouvertüre zu "Candide" ebenso gewachsen wie der strahlenden Hymnik in Bizets Farandole aus dessen "L'Arlésienne-Suite Nr. 2". Wobei Dirigent Olivier Tardy die Stärken der zum Teil jungen Musiker und Musikerinnen gut zu bündeln wusste und mit ihnen stets dynamische, orchestral mächtige und wohl differenzierte Klanglandschaften schuf.
Wiener Flair in der Troisdorfer Stadthalle
Viel Wiener-Neujahrskonzert-Flair durfte man beim Block der, so Moderator Markus Wallrafen, "Walzer-Firma Strauß" schnuppern, wo Dreivierteltakt und Polka-Klänge Bewegung ins Auditorium brachten. Gleich drei Schnellpokas ("Auf der Jagd" – Johann Strauß Sohn; "Mit Dampf", "Ohne Bremse" – Eduard Strauß) zeigten, wie gut sich doch Westfalen, auf lässig-flotte Klänge verstehen.
Freilich durfte der farbenglühende "Wiener Blut"-Walzer nicht fehlen, den Tardy breit und dennoch beschwingt ausführen ließ. Und wie jüngst wieder im Großen Saal des Wiener Musikvereins gab es den Radetzkymarsch auch in Troisdorf, und wie in Wien vom Publikum klatschend begleitet.
i-Tüpfelchen waren die Ansagen von Wallrafen, der mit Charme und Grandezza Humorvolles mit Hintergründen zur Musik verknüpfte. Rundum begeistert zeigte sich Holger Hürten, Vorstand der VR-Bank Bonn-Rhein-Sieg, die das Neujahrskonzert von Beginn an unterstützt. Seine Frage ans Publikum, ob denn die Westfalen auch im nächsten Jahr antreten dürfen, mündete in langen Applaus. © Kölner Stadt-Anzeiger
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