Das Urteil ist im Leverkusener Amtsgericht bereits verkündet, da hat der Vorsitzende Richter Dietmar Adam doch noch eine Frage: "Was genau war jetzt da draußen los?" Angesprochen ist der Kölner Strafverteidiger Thomas Gros, der mit seinem Mandanten während der Beratung vor dem Gerichtssaal gewartet hatte und dort, laut eigener Aussage, auf dessen Peiniger traf: "Ich bringe dich um und deinen Anwalt", habe er ihnen zugerufen, so Gros.

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Ohne die Wachleute würden sie ungern zu ihren Autos laufen. Adam verlässt den Saal, um sich ein Bild von der Lage zu machen: Der Herr sei erst kürzlich aus dem Gefängnis entlassen worden und habe angeblich die Nachricht nicht erhalten, doch nicht als Zeuge aussagen zu müssen, so der Richter.

Während sich die unverhofft vom öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung veranlasste Staatsanwältin Notizen für die Anzeige wegen Bedrohung macht, wird der eigentlich verurteilte Adrijan Z. (alle Namen geändert) ganz bleich und fasst sich an die Brust. Spätestens jetzt ist allen Verfahrensbeteiligten klar, dass er zuvor mit seinen Aussagen nicht übertrieben hat: Sein gezielt verursachter Unfall auf dem Willy-Brandt-Ring nahe der Wiesdorfer Aral-Tankstelle hat eine Vorgeschichte, die seine Tat erklärt.

Psychoterror führte zu Unfall auf Leverkusener Willy-Brandt-Ring

Über die strafbare Handlung wird in dem Verfahren eigentlich gar nicht gesprochen. Dass der angeklagte 42-Jährige am Sonntag, 26. März 2023, mit seinem Smart den VW Passat von Sedat S. rammte, leugnet Verteidiger Gros in keinem Satz, als er die Einlassung seines Klienten vorträgt. Dagegen beschreibt er das Verhältnis von Adrijan Z. und Sedat S. sehr detailliert: Während der Angeklagte bisher "null Vorstrafen" habe, sei dessen Familienmitglied S. schon des Öfteren mit dem Betäubungsmittelgesetz in Konflikt geraten.

Dies habe zu Streit geführt und im weiteren Verlauf dazu, dass Sedat S. dem Angeklagten und seinen Kindern regelmäßig aufgelauert habe. "Mehrere Monate Psychoterror" seien das gewesen, so der Strafverteidiger. Als sein Mandant dann den Schikanierer zufällig im Auto erblickt habe, habe er "die Nerven verloren" und mit seinem Smart den Kombi angefahren. Mit "die Nerven verlieren" ist das, was folgte, allerdings kaum noch zu erklären: Der Angeklagte sei von Sedat S. "übelst und brutal zusammengeschlagen worden".

"Kurzschlussreaktion" des Leverkuseners

Über die Einzelheiten gibt der angeklagte gebürtige Nordmazedonier selbst Auskunft: Er sei ohnmächtig geworden und habe eine Gehirnerschütterung sowie einen zweifachen Bruch der Augenhöhle erlitten. Letztere Verletzung habe dazu führte, dass das Sehvermögen und die Lichtempfindlichkeit seiner Augen "massiv" beeinträchtigt seien. Sein Hausarzt habe ihm eine posttraumatische Belastungsstörung wegen der zurückliegenden Zeit diagnostiziert, außerdem könne er seinem Beruf als Pharmazeut bei Bayer nicht mehr richtig nachgehen, weil er schnell müde werde.

"Unfassbar tragisch" sei dieser Fall, bewertet die Staatsanwältin die Beweisaufnahme. Zwar habe sich der Tatvorwurf bestätigt, aber der Hintergrund, der vieles einordne, stehe so nicht in der Anklageschrift. Die Verzweiflung drücke sich besonders in dem Umstand aus, dass der gelernte Chemikant mit seinem Smart versucht habe, den deutlich größeren Passat zu rammen: "Ein völlig aussichtsloses Unterfangen" sei das gewesen, so die Staatsanwältin: "Ich nenne das Kurzschlussreaktion!"

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Da der nunmehr Verurteilte bisher unbescholten, zudem sozial integriert und glaubhaft reuevoll sei, habe sie keine strafschärfenden Gründe vorzubringen. Letzteres macht Adrijan Z. am Schluss der Verhandlung noch einmal deutlich: "Sie werden mich nicht mehr in einem Gerichtssaal sehen!" Möglicherweise wird er als Zeuge demnächst aber doch noch einmal vor Gericht erscheinen müssen, um wegen des angedrohten Mordes aussagen zu müssen. Wie sehr ihn die Konfrontation mit seinem Widersacher mitnehmen kann, war bereits bei dem Prozess zu erleben, der sich dem gewalttätigen Übergriff gewidmet hatte: Damals erbrach sich der Smart-Fahrer während seiner Aussage in einen Papierkorb © Kölner Stadt-Anzeiger

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