Einen randalierenden Rentner aus Bergisch Gladbach hat das Bensberger Amtsgericht zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss der 65-jährige Mann 500 Euro an das Sozialwerk der Kölner Polizei bezahlen.

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Richterin Simona Sünnemann befand den Angeklagten nach umfangreicher Beweisaufnahme für schuldig, in einem Linienbus der Wupsi abends auf der Fahrt von Kürten nach Bergisch Gladbach den Busfahrer als "Scheiß-Ausländer" beleidigt zu haben, der nach Ansicht des Grundsicherungs-Beziehers froh sein solle, dass er "hier arbeiten dürfe". Als der Fahrer genug von dem Gezeter seines alkoholisierten Fahrgastes hatte und ihn aufforderte auszusteigen, weigerte der sich mit Hinweis auf den von ihm gelösten Fahrschein.

Der Angeklagte: unzufrieden, besserwisserisch, belehrend, rassistisch

An der Haltestelle Odenthaler Straße schritt eine hinzugezogene Streifenwagenbesatzung ein. Das Ende vom Lied: Auch die 24 und 30 Jahre alten uniformierten Beamten beleidigte der Rentner (als "Gaffer") und ohrfeigte einen der beiden sogar. Er zog dann aber schnell und schmerzhaft den Kürzeren — was ihn im Prozess dazu brachte, sich über die schlechte Behandlung durch die Polizei zu beklagen. Mit ihrem Urteil wegen Beleidigung, tätlichen Angriffs und Widerstands und beim Strafmaß folgte die Richterin dem Antrag der Staatsanwältin.

In seiner Gerichtsverhandlung präsentierte sich der deutsche Staatsbürger Hermann G. (Name geändert) ein wenig wie die Karikatur eines rechtsextremen Wutbürgers: unzufrieden mit sich selbst und seinem Leben, besserwisserisch, belehrend, rassistisch – einer, der meint, sich über andere erheben zu müssen, um die eigene Unzulänglichkeit nicht so sehr zu spüren.

Sind Sie der Aufseher im Bus?

Staatsanwältin zum Angeklagten

Am Abend des 9. August 2023 stieg Hermann G. gegen 22.30 Uhr in Kürten in den Bus der Linie 427, um, nach eigenen Angaben mit drei halben Litern Bier intus, zurück nach Bergisch Gladbach zu fahren. Zwischendurch gefiel ihm nicht die Stelle, an der Busfahrer Mehmet C. baustellenbedingt eine Pause einlegte, um den Fahrplan einzuhalten, und forderte ihn auf weiterzufahren. Und dass nach seiner Darstellung sich eine Frau auch noch neben den Fahrer gestellt und mit ihm geredet habe, fand er auch nicht in Ordnung – was die Staatsanwältin zu der Frage veranlasste: "Sind Sie der Aufseher im Bus?"

Bemerkenswerter als die Ansichten des Hermann G. über Ordnung und Regeln war in dem Prozess allerdings die Zeugenaussage von Wupsi-Fahrer Mehmet C. (46). Der erklärte erst einmal ruhig, dass er dem Fahrgast den Grund für die Pause erklärt habe. Irgendwann allerdings habe es ihm gereicht.

Wir Busfahrer wollen auch nur vernünftig unsere Arbeit machen und danach den Kopf frei haben und Feierabend machen

Busfahrer als Zeuge vor Gericht

Er sei es leid, sich immer wieder beschimpfen und anpöbeln zu lassen, und vielen Kollegen gehe es genauso. "Für die Busunternehmen in Deutschland wird es immer schwieriger, noch Fahrer zu finden" – denn die Busfahrer seien auch nur Menschen, die vernünftig ihre Arbeit machen und dann einmal Feierabend und den Kopf frei haben wollten.

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Seinen ehemaligen Fahrgast konnte Mehmet C. mit dieser direkten Ansprache von Mensch zu Mensch nicht erreichen – das gelang auch den anschließend als Zeugen aussagenden Polizisten nicht. Nach insgesamt acht Zeugenaussagen fällte die Richterin ihr Urteil. Rechtskräftig ist es noch nicht.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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