Ohne Sprachkenntnisse ist es für Zugewanderte schwer, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten. Viele Sprachschulen haben sich deshalb darauf spezialisiert, Einbürgerungswilligen die nötigen Kenntnisse für das sogenannte B1-Zertifikat beizubringen, das ihnen "kommunikative Fähigkeiten in Alltagssituationen" bescheinigt.

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Diesen wachsenden Markt nutzte eine sechsköpfige Bande aus Bornheim und Hennef aus, um mindestens 500 solcher Zeugnisse zu imitieren und die Fälschungen zum Stückpreis von 1200 bis 2200 Euro zu verkaufen. Seit Mittwoch müssen sich drei der mutmaßlichen Betrüger, 29, 30 und 32 Jahre alt, vor der 3. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts wegen bandenmäßiger Urkundenfälschung verantworten.

Prozess gegen Brüder aus Hennef: Ermittlungen gegen Komplizen

Gegen die drei übrigen Verdächtigen, zwei Frauen, ein Mann, wird gesondert ermittelt; die Frauen, Anfang 20, sollen als Zwischenhändlerinnen gearbeitet haben, der 40-Jährige ist auf der Flucht. Die Ermittlungsgruppe "Lani" des auf organisierte Kriminalität spezialisierten Kriminalkommissariats 21 der Bonner Polizei fahndet auf richterlichen Beschluss mit einem Foto öffentlich nach Visar Berisha aus Bornheim, der als Logistiker der Bande tätig gewesen sein soll. Möglicherweise hat er sich in seine Heimat Kosovo abgesetzt, wo auch die übrigen Beschuldigten geboren wurden. Sie haben inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit.

Im Jahr 2022 sollen sich die sechs Leute laut Anklage zu der kriminellen Gruppe zusammengeschlossen haben; Anführer waren zwei Brüder aus Hennef. Beide sind in Untersuchungshaft, der mitangeklagte 29-Jährige aus Bonn wurde unter Auflagen von der Haft verschont. Die für die Bekämpfung von Cyberkriminalität eingerichtete Abteilung der Staatsanwaltschaft Köln wirft ihnen mehr als 500 Betrugsfälle vor.

Auf Tiktok für Sprachzertifikate geworben

Danach sollen die Brüder aus einem Büro in Hennef Internetauftritte von nichtexistierenden Sprachschulen mit Scheinadressen unter anderem in Nürnberg, München, Koblenz oder an der noblen Königsallee in Düsseldorf gebaut und im Netzwerk Tiktok für deren Sprachzertifikate geworben haben. Wer sich daraufhin meldete, musste eine Anzahlung von 400 Euro zahlen und erhielt danach – ohne jemals die Schule aufgesucht zu haben oder geprüft worden zu sein - eine gefälschte Urkunde über den Nachweis der erworbenen Deutschkenntnisse. Das Papier wurde mit einem Rundstempel versehen, damit alles echt aussah. Ein QR-Code führte auf eine - ebenfalls gefälschte - Internetseite eines real existierenden großen Zertifizierungsunternehmens mit bundesweiter Reputation.

Die Preisverhandlungen mit den mehr als 500 Kunden führte laut Anklage der 29 Jahre alte Bonner, der auch das Geld entgegennahm. Gezahlt wurden die im Schnitt 1200 Euro für die Betrügerware vorzugsweise in Kryptowährung.

Einige Zertifikate flogen auf

Nicht immer kamen die Käufer bei den Ausländerämtern, bei denen sie Einbürgerungen, Niederlassungsbescheinigungen oder Verlängerungen von Aufenthaltserlaubnissen beantragt hatten, mit ihren vorgelegten B1-Zertifikaten durch. Zahlreiche Fälschungen wurden erkannt, etwa von der Universität Bayreuth, bei der sich jemand mit einer Fälschung um eine Stelle beworben hatte, oder vom deutschen Konsulat im Kosovo, wo sich jemand einbürgern lassen wollte.

Dem Brüderpaar wird darüber hinaus vorgeworfen, seit August 2019 Dokumente gefälscht zu haben, mit denen sich bei Straßenverkehrsämtern Fahrerlaubnisse ergaunern ließen. Schließlich soll sich der 30-Jährige mit drei unbekannten Mittätern die Online-Daten eines Bankkunden verschafft und im Juli 2023 von dessen Konto 52 000 Euro abgehoben haben.

Die "EG Lani" kam der Bande bei Ermittlungen in anderer Sache auf die Spur und durchsuchte im Dezember vergangenen Jahres Wohnungen unter anderem in Hennef und Bornheim. Dabei wurde im Auto des 29-Jährigen ein Fake-Zertifikat entdeckt, das er gerade ausliefern wollte.

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Die drei Angeklagten wollen nach Angaben von Rechtsanwalt Yannick Börter, der einen der Beschuldigten vertritt, die Tat einräumen. Für den Prozess sind bisher sechs weitere Verhandlungstage terminiert.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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