"Der Märchenwald Altenberg verdankt seine Existenz eigentlich einer Pleite", sagt Norbert Knappe. Die Akten im Gemeindearchiv Odenthal, die Knappe gesichtet hat, um die Geschichte des Märchenwaldes zu recherchieren und die er jetzt als Publikation vorgelegt hat, sprechen da eine deutliche Sprache.
Weil die dortige "Waldschenke" als schlichtes Ausflugslokal ganz offensichtlich noch nicht über einen Goldesel verfügte und daher – kaum gegründet – 1931 unter den Hammer kam, bot sich dem Kölner Wilhelm Schneider die Chance, hier in Altenberg seinen Traum von einer eigenen Gastronomie zu verwirklichen.
Wilhelm Schneider begründete Anfang der 1930er Jahre den Märchenwald
Schneider war eigentlich von Beruf Steinmetz, betätigte sich mit seiner Frau aber schon seit Jahren als Kantinenwirt, suchte aber schon länger ein Lokal, um sich selbstständig zu machen und das "Tischlein deck' Dich" endlich in Eigenregie zu betreiben.
Beherzt griff er daher bei der Zwangsversteigerung der Waldschenke zu und setzte sich anschließend nach dem Vorbild des tapferen Schneiderleins der Brüder Grimm gegen alle Widerstände der etablierten Konkurrenz am Ort durch. Er machte sein Lokal kurz darauf durch die ersten sechs Märchenhütten auf dem Gelände zu einer ganz besonderen Attraktion.
Der Märchenwald startete mit sechs bekannten Märchen der Brüder Grimm
Den Anfang machten in den 1930er Jahren die sechs bekanntesten Grimm'schen Märchen: "Der Froschkönig", "Schneewittchen und die sieben Zwerge", "Dornröschen", "Hänsel und Gretel", "Rotkäppchen" und "Der Wolf und die sieben Geißlein" zogen nach Altenberg – eine offensichtlich trotz aller Gegensätze konfliktfreie Wohngemeinschaft.
Denn Dornröschen und Co. erhielten schon bald Zuwachs: Heute sind auf dem malerischen Anwesen an der Dhünn 18 Märchen zu entdecken, die inzwischen durch Ton und Animation zum Leben erwacht sind. Doch auch wenn das Familienunternehmen mit Marcel Kreber, der den Märchenwald in vierter Generation führt, im digitalen Zeitalter angekommen ist, der Touristen mit neuen Angeboten wir Gruselnächten und Wintermärchen nach Altenberg lockt, darf Frau Holle weiter in gewohnter Weise die Betten ausschütteln.
Altenberg ist für Norbert Knappe ein "Kraftort"
"Hier bin auch ich als kleiner Junge zum ersten Mal in die faszinierende Welt der Fabelwesen und ihrer Geschichten eingetaucht", erinnert sich Norbert Knappe, der die 18 Märchen seinen jeweiligen Kapiteln voranstellt. Altenberg bezeichnet Knappe bis heute seinen "Kraftort".
Märchenhaft kommt dem Autor bis heute auch die persönliche Begegnung mit einem ganz besonderen Menschen vor, den viele Kindheitserinnerungen mit Altenberg verbinden.
Der investigative Journalist und Schriftsteller Günter Wallraff verbrachte viel Zeit an der Dhünn, weil seine Großmutter damals hier ein Andenkenbüdchen betrieb. Bei seinem ganz persönlichen Blick zurück nimmt Wallraff die Leser mit.
Norbert Knappe: "Der Märchenwald in Odenthal-Altenberg. Entstehungsgeschichte einer Zauberwelt für Jung und Alt – und Günter Wallraff über seine persönlichen Erinnerungen", 150 Seiten, zahlreiche Abb., 16 Euro. Erhältlich im Altenberger-Dom-Laden, Eugen-Heinen-Platz 2 in Altenberg. Hier findet am Samstag, 30. November 2024, 13 bis 15 Uhr, eine Signierstunde mit dem Norbert Knappe und Günter Wallraff statt. © Kölner Stadt-Anzeiger
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