Hohe Wellen schlug die Konto-Affäre an der Gesamtschule vor rund einem Jahr. Kosten unter anderem für Klassenfahrten waren nicht korrekt abgerechnet worden, von Eltern gezahlte Gelder häuften sich zu einer Summe von fast 150.000 Euro.
Dazu gab es zweckfremde Ausgaben, zum Beispiel für Lehrer-Präsente, Blumen und ein Sektfrühstück. Die Schulleiterin und ihr Stellvertreter wurden suspendiert. Seitdem ruht der See.
Die Redaktion kontaktierte die Bezirksregierung, die übergeordnete Behörde, die zunächst die beiden Verantwortlichen an der Gesamtschule beurlaubt und später dann - im Zuge der Berichterstattung - Strafanzeige gegen sie erstattet hatte. "Durch den Umgang der Schulleitung mit dem Schul-Konto bei einzelnen Buchungs-/Verrechnungsvorgängen" seien "möglicherweise Straftaten verwirklicht" worden, hieß es damals. Heute wurde nur eine unserer Fragen beantwortet: Nach wie vor sei lediglich eine kommissarische Schulleitung eingesetzt.
Beamte bei vollen Bezügen seit mehr als einem Jahr beurlaubt
Zu den möglichen Folgen für die beiden Beamten, die bei vollen Bezügen seit mehr als einem Jahr von der Arbeit freigestellt sind, äußerte sich die Bezirksregierung mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht. Können sie eventuell wieder als Lehrer arbeiten, verlieren sie im Fall eines Schuldspruchs ihre Pensionsansprüche? Das bleibt abzuwarten.
Noch steht nicht fest, ob überhaupt Anklage erhoben wird. In einem möglichen Gerichtsverfahren könnte auch die Rolle der Bezirksregierung als Kontrollbehörde zur Sprache kommen. Diese war vor Bekanntwerden der Affäre intern bereits zweieinhalb Jahre mit dem Schulkonto befasst. Ob es in der Kölner Landesbehörde Konsequenzen gab, ob beispielsweise andere Abläufe eingeführt wurden, ist unklar.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind noch nicht abgeschlossen
Die Sache ist bei der Staatsanwaltschaft Bonn anhängig. Presse-Staatsanwalt Dr. Sebastian Buß teilte mit: "Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen." Ein Ende ist aber eventuell absehbar: "Melden Sie sich gerne in regelmäßigen Abständen bei uns", heißt es weiter, "ich darf vorschlagen: in etwa drei Monaten."
Auch das Job-Center Rhein-Sieg war mit dem Schulkonto befasst, aus dem Programm "Bildung und Teilhabe" (BuT) des Bundes war offenbar Geld auf das Schulkonto geflossen, beispielsweise für Klassenfahrten. BuT ist Sache des Jobcenters. Der Rhein-Sieg-Kreis prüfe, ob nicht verbrauchte BuT-Mittel pflichtgemäß zurückgezahlt wurden oder nicht, hieß es im Sommer 2023.
Auch im Düsseldorfer Landtag war die Windecker Affäre Thema
Ein Jahr später gibt es kein Ergebnis zu vermelden: Man befinde sich "in enger Abstimmung mit der Bezirksregierung Köln", heißt es in dem Schreiben des Kreises. "Die dort vorgelagerte Prüfung läuft noch." Auch im NRW-Landtag war die Affäre Thema.
Wie geht es der früheren Schulleiterin Melanie Grabowy heute? Die Vorwürfe hatten nicht nur berufliche Konsequenzen, die Grüne war von ihrem Amt als stellvertretende Bürgermeisterin in Bonn zurückgetreten. Eine Anfrage der Redaktion blieb unbeantwortet.
Die Windecker Schulleitung hatte vor der Freistellung erste Änderungen eingeleitet
Auch ihr ehemaliger Stellvertreter Frank Sauerzweig war nicht zum Gespräch bereit. Für den einstigen Kommunalpolitiker, SPD-Fraktionsvorsitzender im Siegburger Stadtrat hatte die Konto-Affäre ebenfalls politische Konsequenzen. Er legte alle Ehrenämter nieder und zog aus Siegburg weg.
Kurz vor ihrer Suspendierung hatten Grabowy und Sauerzweig an der Gesamtschule erste Änderungen eingeleitet. Das wurde auf einer Elternversammlung bekannt gegeben. So führe jede Klasse seitdem ihre eigene Kasse mit Kassiererin oder Kassierer und zwei Kassenprüfern, vergleichbar einer Vereinskasse. Darüber würden dann Klassenfahrten und womöglich auch das Büchergeld abgerechnet, erklärte damals der Elternpflegschaftsvorsitzende: "Ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind, wenn jemand Externes das jetzt begutachtet."
Etliche Eltern, die sich wohl mehr Aufklärung erhofft hatten, verließen aber damals verärgert die Versammlung. Laut einer Erklärung hatte die Kölner Bezirksregierung der Schulleitung verboten, sich zu äußern.
Die Windecker Bürgermeisterin Alexandra Gauß wollte die Vorgänge vor einem Jahr nicht kommentieren. Wie berichtet, war durch eine Anfrage der Kreissparkasse bei der Gemeinde Windeck bereits im Frühjahr 2021 aufgefallen, dass die Gesamtschule fast 150.000 Euro auf ihrem Schulkonto angesammelt hatte. Das Konto lief auf die Schulleitung.
Laut einem Prüfbericht der Gemeindeprüfungsanstalt des Landes in Herne stammte das Geld unter anderem aus nicht zurückgezahlten Elternbeiträgen zu Klassenfahrten, die am Ende preiswerter waren als vorher kalkuliert. Auch Büchergeld, das entgegen einer zuletzt auf 34 Euro lautenden Vorgabe des Landes bei der Gesamtschule 60 Euro betrug, führte zu dem hohen Kontostand. Angefragt zur Situation heute in der städtischen Schule kam von der Bürgermeisterin keine Reaktion. © Kölner Stadt-Anzeiger
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