"Wir kommen daher aus dem Morgenland", singen Avesta und Atosa, Mandana und Jasmina, Amir, Milena und Aljoscha.

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Und tatsächlich kommen fast alle aus dem fernen Osten, aus Afghanistan, und aus Osteuropa, aus der Ukraine. Sie ziehen in Lohmar-Birk als Sternsinger von Tür zu Tür, sind Teil der größten katholischen Hilfsaktion.

"Wenn wir etwas für andere Kinder, denen es schlechtgeht, tun können, sind wir dabei", sagt Avesta in fließendem Deutsch. Vor zehn Jahren flüchtete ihre Familie aus Afghanistan. Sie sind Muslime. Die 14-Jährige und ihre elf und zehn Jahre alten Schwestern haben keine Berührungsängste, sie treten auch in christlichen Kirchen auf, als Teil der Band Churchers.

Zur neunköpfigen Sternsingergruppe in Lohmar-Birk gehört kein einziges deutsches Kind

Religion und Nationalität seien doch nicht so wichtig, wenn man helfen könne, meinen die munteren drei. "Alle sind mit Feuereifer dabei", erzählt Betreuerin Silke Klug, die die Fäden zusammenhält, zwei Kinder hat sie am frühen Nachmittag aus der Unterkunft für Geflüchtete abgeholt, die Schwestern zu Hause.

Einst baute sie mit ihrem Mann Elmar und ihren mittlerweile erwachsenen Kindern die Churchers auf - und leitete viele Jahre die Sternsinger aus dem ganzen Ort. Dazu gehörten immer schon selbstverständlich evangelische Kinder und auch ungetaufte.

In diesem Jahr betreut sie eine neunköpfige Gruppe, sieben machen heute mit. "Kein einziges deutsches Kind gehört dazu", bemerkt sie. Flugs setzen sie Kronen und Turbane auf, schlüpfen in lange Gewänder und Umhänge, greifen nach Holzsternen und Infozetteln, auch einen QR-Code haben sie dabei, falls jemand kein Bargeld zur Hand hat.

Meist teilen sie sich auf, um die Straßenzüge abzuklappern. "Die Kleineren bekommen viel mehr von den Leuten", bemerkt Avesta, sowohl Geld, von dem jeder Euro in der Sammeldose landet, wie auch Süßigkeiten, die am Ende allerdings gerecht verteilt werden.

Silke Klug hatte sie darauf vorbereitet, dass ihr Besuch vielleicht nicht überall willkommen ist, so die Erfahrung der letzten Jahre, wo Kindern auch schon mal die Tür vor der Nase zugeschlagen wurde. Doch alle Menschen seien bislang sehr freundlich und höflich gewesen. "Eine Oma hat uns sogar selbstgebackene Kekse geschenkt", schwärmt Jasmina (11).

An der Abschlussmesse in der katholischen Kirche Birk nehmen alle teil

In der überwiegend russisch-orthodoxen Ukraine gebe es ebenfalls den Brauch, als Heilige Drei Könige verkleidet an den Türen zu singen, erzählt Aljoscha (11), und Amir (14), der eine ukrainische Mutter und einen pakistanischen Vater hat, nickt. Dort aber werde kein Geld gesammelt, hat Silke Klug erfahren: "Es ist eher wie hier zu Sankt Martin."

Sie verteilt die Textzettel mit dem Lied der drei Weisen und den Segensworten, einige können schon alles auswendig. Die erste Tür, Mandana klingelt, Annemie Felder öffnet. Sie hört gerührt zu, hat die Geldscheine schnell zur Hand, "die habe ich gestern schon parat gelegt". Obendrauf gibt's reichlich Süßkram. Dass muslimische und orthodoxe Kinder ganz selbstverständlich in die biblischen Rollen von Caspar, Melchior und Balthasar schlüpfen, "das beeindruckt mich zutiefst", sagt Felder.

Sie möchte keinen Aufkleber, Mandana greift zur Kreide, schreibt C+M+B und die Jahreszahl auf die Haustür, das seien nicht die Namenskürzel der Weisen aus dem Morgenland, weiß die Elfjährige: "Das heißt Christus mansionem benedicat, Christus segne dieses Haus."

Vier Tage ist die Sternsinger-Truppe in Birk unterwegs, zum guten Ende am Samstag gibt es ein gemeinsames Essen im Hause Klug, mit Filmvorführung und Kassensturz. Das Geld, schätzungsweise mehrere hundert Euro, übergibt die Betreuerin an die Pfarrgemeinde.

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Der krönende Abschluss sei die Dankesmesse am Sonntag, 12. Januar, in Sankt Mariä Geburt. Werden alle dabeisein? Klar, Ehrensache. Sieben der neun sorgen mit den Churchers für die musikalische Gestaltung. Und die beiden anderen, hoffen sie, gehören vielleicht bald auch zur Band.   © Kölner Stadt-Anzeiger

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