• Die Formkurve bei Mercedes zeigt nach oben, zuletzt gab es zwei Podiumsplätze in Folge.
  • Nun warten Mercedes-Strecken, wie zum Beispiel beim Heimspiel von Lewis Hamilton in Silverstone.
  • Können die Silberpfeile doch noch ein Wörtchen mitreden im Titelkampf?

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Der Titelkampf in der Formel 1 wird immer auch verbal geführt. Gerne über Seitenhiebe, Sticheleien oder Vorwürfe. Dann geht es schon mal unter die Gürtellinie, um den Gegner aus dem Konzept zu bringen, und es kann ordentlich knallen. Red Bull Racing und Mercedes haben diese psychologisch wichtigen Elemente eines WM-Kampfes 2021 am Ende nahezu perfektioniert und sorgten auch abseits der Strecke für beste Unterhaltung. Zur Taktik gehört aber auch das Tiefstapeln. Mercedes-Teamchef Toto Wolff beherrscht beide Strategien aus dem Effeff.

Die Frage, die sich nach den letzten beiden Rennen mit zwei Podiumsplätzen stellt: Kann Mercedes 2022 vielleicht doch noch ein Wörtchen mitreden im Titelkampf? Noch einmal angreifen, sich positionieren? "Der Zug ist schon lange abgefahren", stellte Wolff zuletzt in Kanada klar, außerdem mache "eine Schwalbe noch keinen Sommer".

Kollektiver Geist des Mercedes-Teams

Aber: "Die letzten beiden Wochenenden in Baku und Montreal haben den kollektiven Geist des Teams gezeigt, um eine solide Punkteausbeute zu erzielen, auch wenn uns der Speed fehlt, um die Jungs an der Spitze zu fordern." Die Jungs an der Spitze sind in dieser Saison Red Bull Racing und Ferrari.

Tatsächlich war der Rückstand auf die Konkurrenten lange beachtlich, doch zuletzt schien es, als habe Mercedes aufgeholt, in Kanada agierte man im Rennen mehr oder weniger auf Augenhöhe. Als "irrsinnig stark" bezeichnete Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko die Silberpfeile: "Das Ganze kann sehr schnell gehen und man muss weiter arbeiten. Mercedes hat massiv aufgeholt. Also das Feld vorne schiebt sich auf diese drei Marken zusammen."

Bei Mercedes selbst spricht man von einem Rückstand auf die Spitze von zwei oder drei Zehntel, "was uns alle anspornen wird, weiter daran zu arbeiten, diese Lücke zu schließen", sagte der leitende Renningenieur Andrew Shovlin.

Tatsächlich lag der Rückstand anfangs bei rund einer Sekunde, im Mai noch bei einer halben. Gut möglich, dass die Augenhöhe bald erreicht ist. Denn für das zehnte Saisonrennen am 3. Juli in Silverstone kündigte Technikchef Mike Elliott neue Teile für die beiden Autos an. "Da geht es uns darum, das Auto schneller zu machen und noch mehr aus dem Auto herauszuholen", sagte er: "Was auch immer passiert: Wir werden möglichst viel Druck machen, denn wir wollen wieder auf die Siegerstraße einbiegen. Wir wollen unbedingt wieder gewinnen."

Hat Mercedes das Hüpfen im Griff?

Das Ende der längsten sieglosen Phase seit 2014 (zehn Rennen ohne Sieg in Serie) rückt immer näher, was auch daran liegt, dass das Auto nicht mehr so schlimm hüpft wie noch in den vergangenen Wochen. "Ich denke, wir haben das, was wir als 'Porpoising' oder 'Bouncing' definieren, in gewisser Weise seziert. Und ich denke, dass wir das 'Porpoising' - also die aerodynamische Bewegung des Autos - gelöst haben", sagte Wolff. Die Hoffnung: Dass die Stärken des Autos nun noch stärker in den Vordergrund treten können.

Denn nun kommen Mercedes-Strecken, wie in Silverstone, wo Lewis Hamilton seit 2014 sieben Mal gewinnen konnte und ein Mal Zweiter wurde. Der siebenmalige Weltmeister hat durch seinen dritten Platz zuletzt in Montreal sowieso jede Menge Auftrieb erhalten. "Silverstone ist ein sehr bedeutsames Rennen für mich persönlich", sagte der 37-Jährige: "Ich will dort mit Red Bull und Ferrari einfach auf Augenhöhe sein." Die ebene Oberfläche der Traditionsrennstrecke dürfte Mercedes ebenfalls entgegenkommen.

Silberpfeile sind extrem zuverlässig

Ein wichtiges Pfund ist zudem die Zuverlässigkeit der beiden Mercedes, denn Ausfälle hatten Hamilton und sein Teamkollege George Russell noch nicht zu verzeichnen, ganz im Gegensatz zu Red Bull und Ferrari. Außerdem ist Russell Meister der Konstanz: Er fuhr bislang in jedem Rennen in die Top fünf, was ihm 111 Punkte eingebracht hat – angesichts der Mercedes-Probleme sind die 64 Punkte Rückstand auf Titelverteidiger Max Verstappen (175) eine bislang optimale Schadensbegrenzung mit dem Potenzial für mehr.

Trotzdem sind die Ziele für 2022 offiziell vergleichsweise bescheiden geworden. "Wir wollen Rennen gewinnen, aus eigener Kraft. Und ich glaube, das können wir 2022 schaffen", erklärte Wolff. Je früher, desto besser. Denn dann könnte Mercedes vielleicht doch noch ein Wörtchen mitreden. Tiefstapelei hin oder her.

Verwendete Quellen:

  • Pressekonferenzen, TV-Übertragung Sky
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