Eiszeit vor dem sogenannten Gift-Gipfel: Selten war die Stimmung zwischen den Bossen des FC Bayern München und von Borussia Dortmund schlechter als momentan. Inzwischen trauert Dortmunds Hans-Joachim Watzke sogar Ex-FCB-Präsident Uli Hoeneß nach. Karl-Heinz Rummenigges öffentliches Buhlen um BVB-Star Marco Reus geht den Dortmunder gehörig gegen den Strich, das gemeinsame Essen vor dem Duell am Samstagabend findet einmal mehr nicht statt. Doch auch sportlich birgt das Aufeinandertreffen der beiden Vereine Brisanz - der BVB droht auf einen Abstiegsrang abzurutschen.

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Sie sind die Aushängeschilder des deutschen Klubfußballs - und dennoch trennen sie sportlich momentan Welten. Am Samstag empfängt der FC Bayern München im heimischen Stadion Borussia Dortmund (18:30 Uhr, live auf "Sky" und bei uns im Ticker). Satte 14 Punkte hat der FC Bayern München aktuell auf den Dauerrivalen der vergangenen Jahre Vorsprung. Verliert der BVB das fünfte Ligaspiel in Folge, droht er nach Abschluss des 10. Spieltags gar auf einem Abstiegsrang zu stehen. Dann wäre der schlechteste Bundesliga-Start der Klub-Historie perfekt. Selbst in der Abstiegssaison 1971/72 war die Ausbeute nach zehn Spieltagen besser.

Doch trotz der Bundesliga-Krise des Gegners sind die Bayern gewarnt, schließlich gewann die Borussia drei der vergangenen vier Bundesliga-Duelle beim FCB. "In München haben wir zuletzt häufig ganz gut ausgesehen. Wenn wir kompakt auftreten, haben wir eine Chance", glaubt Mittelfeldspieler Sebastian Kehl in den "Ruhr-Nachrichten" an die Möglichkeit eines Erfolgs beim Tabellenführer. Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge sieht in Dortmund ohnehin immer noch "eine der besten Mannschaften Europas", wie er im "Bayern-Magazin" sagte.

Dass der BVB zu mehr im Stande ist als er in der Liga zeigt, bewies er bislang in den Pokalwettbewerben. In der Champions League wurden alle drei Partien gewonnen. Auch der FC St. Pauli stellte beim 3:0-Pokalerfolg keine Hürde dar. Mit dem Sieg am Hamburger Millerntor ist in Dortmund das Selbstvertrauen zumindest teilweise zurückgekehrt. "Wir werden es allen noch zeigen und damit am Samstag anfangen. Wir wollen die Bayern ärgern", tönt beispielsweise Mittelfeldspieler Kevin Großkreutz. Klopp stellt klar, dass jede Mannschaft, also auch der FC Bayern, schlagbar sei. Die Münchner können ihrerseits wohl wieder auf Arjen Robben bauen. Der Niederländer kehrt nach Oberschenkelproblemen voraussichtlich zurück in den Kader.

Eiszeit wegen Debatte um Marco Reus

Doch nicht nicht nur aus der sportlichen Situation zieht die Partie ihren Reiz. Seit Monaten herrscht zwischen beiden Klubs Eiszeit. Das traditionelle gemeinsame Essen der Klub-Bosse findet wie bereits vor dem nationalen Supercup-Finale im August dieses Jahres nicht statt. "Ich habe derzeit auch keinen Kontakt mit der Führungsebene", sagte Rummenigge. "Aber es war ja zu lesen, dass der BVB das nicht mehr wünscht - und das akzeptieren wir dann auch."

Daran, dass Bayerns Führungsriege nun alleine speisen muss, trägt sie selbst eine Mitschuld. Seit Monaten machen Rummenigge und Co. ihr Interesse an BVB-Mittelfeldspieler Marco Reus öffentlich. Bereits vor gut vier Monaten forderte BVB-Manager Michael Zorc Rummenigge dazu auf, "einfach mal den Mund zu halten". Auslöser war, dass Rummenigge Details zu Reus' Vertrag samt dessen Ausstiegsklausel in der Öffentlichkeit nannte. Es dauerte nicht lang, bis Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer zurückkeilte und klarstellte, dass sich der FCB "von niemandem den Mund verbieten" lasse.

Danach herrschte lange Zeit Ruhe. Doch jetzt, da das Spiel näher rückt, werden beide Seiten wieder angriffslustiger. Im "Bayern-Magazin" äußerte sich Rummenigge jetzt erneut zum Thema Reus. Der Vorstandschef erinnerte daran, dass der Nationalspieler seinerzeit durch eine Klausel von Mönchengladbach nach Dortmund gewechselt war und erklärte grundsätzlich: "Wir müssen niemanden schwächen. Jeder Transfer hat exklusiv nur ein Ziel: Die Qualität unserer Mannschaft zu stärken."

Dass öffentlich gemachte Abwerbeversuche wie im Fall Reus in Dortmund - insbesondere nach den schmerzenden Transfers von Mario Götze und Robert Lewandowski - nicht besonders gut ankommen, wundert kaum. Hans-Joachim Watzke ist jedenfalls vom Verhalten Rummenigges in dieser Causa genervt: "Er hätte ja einfach nichts sagen können, aber das ist eben sein persönlicher Stil und das kann er auch so weitermachen", sagte der Dortmunder Geschäftsführer bei "Sky". Watzke trauert sogar dem wegen Steuerhinterziehung verurteilten Uli Hoeneß nach. "Ich hatte immer ein sehr spannendes Verhältnis mit Uli Hoeneß, den ich auch echt vermisse", sagte der 58-Jährige. Schließlich habe man beim ehemaligen Bayern-Präsidenten - anders als bei Rummenigge - stets gewusst, woran man war.

Auch Jürgen Klopp prangerte bei einer Pressekonferenz am Donnerstag das Verhalten der Bayern an: "Ich glaube, dass das Leben gerecht ist. Wer sich im Erfolg schlecht verhält, der kriegt das irgendwann im Leben zurück."

Dortmund wird alles daran setzen, damit "irgendwann" bereits am Samstagabend ist.

Die voraussichtlichen Aufstellungen

FC Bayern München: Neuer - Benatia, Boateng, Alaba - Rafinha, Lahm, Xabi Alonso, Bernat - Müller, Götze - Lewandowski.
Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Sokratis - Mchitarjan, Kehl, Großkreutz - Aubameyang, Reus - Ramos.

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