Die erste Krise seiner noch jungen Karriere hat Nico Schlotterbeck offenbar bravourös gemeistert. Beim BVB hat er sich zumindest vorerst schon wieder durchgesetzt. Ein anderes großes Ziel aber ist noch offen.

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Mats Hummels steht mal wieder im Mittelpunkt. Die deutsche Nationalmannschaft residiert aktuell im fernen Foxborough, der Heimstätte des NFL-Teams New England Patriots, und bereitet sich da auf das erste von zwei Testspielen auf amerikanischem Boden vor.

Eine der obligatorischen Pressekonferenzen durfte nun am Donnerstag Dortmunds Innenverteidiger abhalten, es gab ja schließlich auch einiges zu besprechen: Hummels‘ Rückkehr in die Nationalelf, das Verhältnis zum neuen Bundestrainer, Sinn und Unsinn der USA-Reise - und wie Hummels die ersten Wochen der neuen Saison als BVB-Spieler eigentlich so erlebt hat.

Zur Sprache kam dann auch die von der Borussia geplante Rückholaktion der Dortmunder Spieler in einem Privat-Jet. Nach Deutschlands Spiel am kommenden Mittwoch gegen Mexiko bleibt den vier Dortmunder Spielern Hummels, Niclas Füllkrug, Julian Brandt und Niklas Süle nur wenig Zeit für die Regenration und die Vorbereitung auf das bereits für Freitagabend angesetzte Bundesligaspiel gegen Werder Bremen. Also lässt der BVB das Quartett nun deutlich früher wieder einfliegen.

Quartett kommt etwas früher zurück

Der BVB will in diesem Fall Schadenbegrenzung betreiben, kann sich im Gegenzug aber fast schon freuen, dass nur vier Profis die beschwerliche Reise in die USA antreten durften oder mussten. Emre Can hat Bundestrainer Julian Nagelsmann ebenso zu Hause gelassen wie Nico Schlotterbeck.

Und hinter vorgehaltener Hand heißt es, dass darin auch etwas Kalkül liegen könnte, um den BVB nicht noch schlimmer in die Bredouille zu bringen. Denn wenn sich - neben Hummels - ein Dortmunder Spieler nach den letzten Wochen eine Einladung verdient hätte, dann ja wohl Nico Schlotterbeck.

Erste heftige Delle gemeistert

Der 23-Jährige hat die erste heftigere Delle seiner noch jungen Karriere offenbar ganz vorzüglich gemeistert. In den letzten zwei Jahren ging es für Schlotterbeck nur bergauf, vom SC Freiburg zur Borussia, aus der U 21 in die A-Nationalmannschaft. Dann kam der April dieses Jahres und das Spiel beim FC Bayern. Schlotterbeck hatte zuvor nach einem Länderspiel Ende März schon über muskuläre Probleme geklagt, spielte in München trotzdem und musste verletzt ausgewechselt werden.

Trotz Muskelfaserriss startete er nur drei Wochen später einen Comeback-Versuch, der ihm praktisch den Rest der Saison kostete. Von der erneut aufgebrochenen Verletzung sollte sich Schlotterbeck nicht mehr erholen, die verpasste Meisterschaft am letzten Spieltag war dann der zusätzliche, mentale Tiefschlag.

Das Länderspiel gegen die Ukraine im Juni verpatzte Schlotterbeck nur darauf komplett, unter dem damaligen Bundestrainer Hansi Flick spielte er in den beiden Partien danach dann keine Sekunde mehr. Und als die DFB-Auswahl Anfang September gegen Japan 1:4 unterging, stand auch Schlotterbeck heftig in der Kritik: Als linker Außenverteidiger legte er das wohl schlechteste seiner elf Länderspiele hin.

Starkes Comeback von Schlotterbeck

Die ungewöhnliche Vorbereitung mit der Borussia geriet ruckelig, zum Liga-Auftakt gegen Köln fand sich Schlotterbeck erneut 90 Minuten auf der Bank wieder, der Ausflug zur Nationalmannschaft wurde zum sportlichen Desaster: Das war Schlotterbecks Start in die neue Saison.

Das Japan-Spiel war aber offenbar so etwas wie der Wendepunkt: Seitdem spielt Schlotterbeck bei der Borussia jedes Spiel über die volle Spielzeit, hat seinen Kontrahenten Süle auf die Bank verdrängt und zuletzt die Siege in Hoffenheim und gegen Union mit spielentscheidenden Aktionen in die richtige Richtung für den BVB gelenkt.

Nach dieser schwierigen Phase mit rund fünf Monaten ohne echte Wettkampfpraxis - Schlotterbeck sammelte von Anfang April bis Ende August lediglich 131 Minuten Spielzeit - so stark wieder zurückzukommen, ist zumindest bemerkenswert. Der eine oder andere Beobachter hätte Schlotterbeck auch angesichts der großen Konkurrenz auf seiner Position im Klub so ein fulminantes Comeback wohl gar nicht zugetraut.

Der heimliche Gewinner

Nun aber ist er bei Edin Terzic an der Seite von Hummels vorerst gesetzt, gibt der Mannschaft mit seiner Aggressivität, seiner Leidenschaft und Einsatzbereitschaft Halt auch in schwierigeren Phasen und wird nun auch wie in seinen frühen Tagen bei der Borussia wieder ein Faktor in der Offensive: Mit gescheiten Pässen im Spielaufbau, mit seiner Torgefahr bei Standards oder eben dem einen oder anderen Abschluss aus der zweiten Reihe wie beim Treffer gegen Union.

Nico Schlotterbeck hat sich wieder zurückgekämpft, er ist Dortmunds heimlicher Gewinner der frühen Saisonphase - mit der Perspektive auf noch viel mehr. Im Klub und in der Nationalmannschaft.

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