Seit Wochen steht Bayern-Torwart Yann Sommer in der Kritik. Medien bringen jetzt sogar seine Ablösung als Nummer eins ins Spiel. Ersatztorwart Sven Ulreich werde für seine Leader-Qualitäten geschätzt. Mittlerweile haben sich Weggefährten und auch Sommer selbst zu der Kritik geäußert.

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In der mittlerweile schweren Krise des FC Bayern wird auch immer wieder Torwart Yann Sommer kritisch beäugt. Der Schweizer, der im Winter von Borussia Mönchengladbach geholt wurde, um den verletzten Stammkeeper Manuel Neuer zu ersetzen, ließ in einigen Situationen die gewünschte Sicherheit vermissen.

Verschiedene Medien spekulieren nun sogar über einen Wechsel im Bayern-Tor. Laut dem "Kicker" etwa wäre es "keine Riesenüberraschung", wenn Sven Ulreich Sommer für den Rest der Saison ablöse.

Laut der "Bild" werde Ulreich, der beim FC Bayern normalerweise immer die klare Nummer zwei hinter Neuer war, in der Bayern-Kabine sehr geschätzt. Mit einer Unterbrechung von einem Jahr (beim Hamburger SV) spielt Ulreich seit acht Jahren für die Bayern. Auch die Leader-Qualitäten, die der 34-Jährige bei seinen Einsätzen, aber auch in den Trainingseinheiten als Ersatz-Keeper beweisen soll, kommen demnach im Team gut an.

Am Montag gab es nun auch noch Berichte, wonach der FC Bayern als Ersatz für Neuer eigentlich nicht Sommer, sondern einen anderen Torhüter verpflichten wollte. Laut einem Bericht des "Kicker" wollte der Klub ursprünglich den Dänen Kaspar Schmeichel aus Nizza holen. Der Wechsel kam jedoch nicht zustande. Der damalige Trainer Julian Nagelsmann wollte demnach einen deutschsprachigen Torhüter und wie Sportvorstand Hasan Salihamidzic einen Keeper, der für länger als sechs Monate unterschreibt.

Sommer wehrt sich gegen Kritik: "Es ist sehr unsachlich"

Bei der jüngsten Niederlage in Mainz am Samstag (1:3) nun ließ Sommer einen Schuss nach vorne abprallen und ermöglichte damit den zwischenzeitlichen Ausgleich durch Ludovic Ajorque. Der Schuss von Aaron Martin zum 3:1 war zwar durchaus gut platziert, dennoch passte er zu einem Kritikpunkt, den Sommer sich immer wieder anhören muss.

Die aktuelle Kritik an Sommer bezieht sich oft auch auf seine mit 1,83 Metern verhältnismäßig geringe Körpergröße, die sich gerade bei Fernschüssen negativ bemerkbar mache. So konnte er im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals gegen Manchester City das - zugegebenermaßen traumhafte - Tor von Rodri nicht verhindern. Ex-BVB-Torwart Roman Weidenfeller sagte in seiner Rolle als TV-Experte anschließend: "Das sind die Zentimeter, die ihm fehlen. Neuer hätte den Schuss gehalten."

Ähnliches war beim 1:1 gegen Hoffenheim am 28. Spieltag zu hören, als Sommer den Freistoß von Andrej Kramaric zwar noch mit den Fingerspitzen berührte, aber letztlich nicht parieren konnte.

Sommer selbst wehrt sich gegen diese Kritik. "Was soll ich dazu sagen? Es ist sehr unsachlich, meiner Meinung nach", stellte der 34-Jährige gegenüber "20min.ch" klar. Er konzentriere sich auf die Dinge, "die ich beeinflussen kann und wichtig sind für mich".

Kritik an Sommer gibt es aber nicht nur wegen Toren aus der Distanz, sondern auch wegen seines teils sehr riskanten Aufbauspiels. Im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Paris Saint-Germain unterlief ihm im eigenen Sechzehner ein eklatanter Fehler mit dem Ball am Fuß. Abwehrspieler Matthijs de Ligt verhinderte damals ein Gegentor und kratzte den Ball gerade noch von der Linie.

Hamanns vernichtende Sommer-Kritik: "Er hat es nicht geschafft"

Deutliche Kritik musste sich Sommer vor allem von Sky-Experte Dietmar Hamann anhören. "Für mich war der Torwart heute heillos überfordert. Der Torwart hat heute maßgeblich - und nicht nur heute, auch in den letzten Wochen - die Mannschaft verunsichert", bemängelte der frühere Nationalspieler nach dem Spiel in Manchester.

"Ich hätte gedacht, als er kam, er packt das. Ich muss mich heute revidieren. Er hat es nicht geschafft", so Hamanns vernichtendes Urteil damals. Er glaube nicht, dass Sommer in der kommenden Saison als Nummer eins im Bayern-Tor stehen wird.

Ehemalige oder aktuelle Weggefährten wiederum verteidigen Sommer. Er könne die Kritik "nicht nachvollziehen", sagte etwa der City-Abwehrspieler Manuel Akanji der Schweizer Zeitung "Blick": "Aber es muss immer irgendwo einen Sündenbock geben. Es tut mir leid für Yann, dass er in der Situation ist. Aber hat die Kraft, er hat das Selbstvertrauen, um da wieder rauszukommen." Die beiden kennen sich aus der Schweizer Nationalmannschaft.

Gladbach-Sportdirektor springt Sommer zur Seite: "Einer der besten Torhüter Europas"

Auch Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Roland Virkus, der Sommer in der Winterpause schweren Herzens hatte ziehen lassen müssen, nahm Sommer in Schutz und attackierte dessen Kritiker: "Es ist respektlos. Yann hat über Jahre hinweg eine hervorragende Leistung in Mönchengladbach gebracht. Er ist für mich einer der besten Torhüter Europas. Ich muss ganz ehrlich sagen: Wie man mit ihm umgeht, ist respektlos", sagte Virkus am 28. Spieltag. Dass man alles auf Sommer ablade, findet Virkus nicht in Ordnung: "Das ist immer ein Problem der Gesamtheit und nie eines Einzelnen."

Sommer selbst zeigte sich im Interview mit "20min.ch" aber auch einsichtig: "Ich bin selber sehr selbstkritisch und schaue mir meine Spiele sehr genau an. Es gibt bei jedem Torhüter immer Dinge, die man verbessern kann und die vielleicht nicht perfekt waren".

In der kommenden Saison wird die Lage für Sommer wohl nicht einfacher. Dann wird Manuel Neuer zurückerwartet, der eigenen Aussagen zufolge noch nicht an ein Karriereende denkt. Es ist schwer vorstellbar, dass der Kapitän auf der Bank Platz nimmt. Hinzu kommt die Rückkehr vom eigentlich einst als Neuer-Nachfolger verpflichteten Alexander Nübel, der derzeit an die AS Monaco ausgeliehen ist.

Verwendete Quellen:

  • 20min.ch: "Bin sehr selbstkritisch" - jetzt spricht Yann Sommer über die heftige Kritik
  • bild.de: "Muss Ulreich jetzt ins Bayern-Tor?"
  • kicker.de: "Die Probleme für und mit Sommer - und was das mit Schmeichel zu tun hat"
  • Mit Material der dpa
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